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Anlage N

Zusammenfassung / Begriff

Gemischte Aufwendungen liegen vor, wenn den einzelnen Aufwendungen sowohl ein beruflicher als auch ein privater Anlass zugrunde liegt und beide Anlässe nicht unerheblich sind / jeweils nicht unter 10 %. 

In diesem Fall können die Aufwendungen in Werbungskosten und Aufwendungen für die private Lebensführung aufgeteilt werden (BFH Beschluss vom 21. September 2009 – GrS 1/06). Soweit es sich bei den Aufwendungen um Werbungskosten handelt, sind die Aufwendungen abzugsfähig. 

  • 10 %-Grenze 

Eine Aufteilung ist indessen ausgeschlossen, wenn die berufliche Mitveranlassung unerheblich ist. Hier gilt eine Grenze von 10 %.

Beispiel: Bei einer 14-tägigen Urlaubsreise mit eintägigem Fachseminar sind die Aufwendungen für die Urlaubsreise (z.B. Fahrtkosten) nicht abzugsfähig, weil der Anteil der Fahrtkosten, soweit sie auf das Fachseminar entfallen, nur (100 % : 14 Tage =) 7.14 % betragen, also nicht mindestens 10 %. 

In voller Höhe abzugsfähig sind nur die Seminargebühren, die Fahrtkosten vom Urlaubsort zum Tagungsort und der Verpflegungspauschbetrag für diesen Tag.

♦   Grundsätze für die Aufteilung

Eine Aufteilung der Aufwendungen kommt nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige die berufliche Veranlassung im Einzelnen dargelegt hat.  Die Aufteilung hat nach objektiven Kriterien zu erfolgen.

Ist eine verlässliche Aufteilung nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, erfolgt die Aufteilung im Wege der Schätzung. Fehlt es an einer geeigneten Schätzungsgrundlage oder sind die Veranlassungsbeiträge nicht trennbar, gelten die Aufwendungen als insgesamt privat veranlasst (BMF, 6.7.2010, IV C 3 - S 2227/07/10003).

  • Nicht aufteilbare Aufwendungen

Nicht aufteilbar sind zunächst Kosten der Lebensführung: Aufwendungen für Wohnung, Ernährung, Kleidung, allgemeine Schulausbildung, Kindererziehung, Gesundheit, Pflege, Hygieneartikel, Zeitung, Rundfunk oder Besuch kultureller und sportlicher Veranstaltungen (§ 12 Nr. 1 Satz 1 EStG). 

Dies gilt für Kosten für bürgerliche Kleidung ebenso wie für Aufwendungen zur  Körperpflege, Führerschein, Brille und Hörgerät. Die Aufwendungen stehen zwar vielfach auch mit dem Beruf im Zusammenhang, sind aber nicht aufteilbar und deshalb vollumfänglich dem privaten Bereich zuzuordnen.

Dasselbe gilt für Kosten der Repräsentation (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG). Das sind Aufwendungen für die Lebensführung, die zwar der Förderung des Berufs oder der Tätigkeit dienen können, die aber grundsätzlich die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringen.

Bei Veranstaltungen, die vom Steuerpflichtigen ausgerichtet werden, stellt ein persönlicher Anlass (z.B. Geburtstag, Trauerfeier) oder z. B. Ausrichtung eines Golfturniers, Unterhalt von luxuriösen Fahrzeugen regelmäßig ein bedeutendes Indiz für die Annahme nicht abzugsfähiger Repräsentationsaufwendungen dar (BMF, 6.7.2010, IV C 3 - S 2227/07/10003).

♦   Aufteilungsregeln

Der betrieblich/beruflich und privat veranlasste Teil der Aufwendungen kann beispielsweise nach folgenden Kriterien ermittelt werden: Zeit-, Mengen- oder Flächenanteile sowie Aufteilung nach Köpfen.

 

Beispiel 1: Abschiedsfeier, Bewirtungskosten

An der Abschiedsfeier eines verdienstvollen Angestellten nehmen 100 Personen teil (80 leitende Mitarbeiter des Unternehmens und 20 private Gäste des Arbeitnehmers). Die Gesamtkosten der Feier betragen 5.500 €, auf Speisen und Getränke entfallen 4.000 €.

Wegen der Teilnahme privater Gäste handelt es sich um gemischte Aufwendungen.

 

Die Teilnahme privater Gäste ist nicht beruflich veranlasst. Somit sind (5.500 € x 20 % =) 1.100 € nicht abzugsfähig. 

Der Rest der Aufwendungen / 4.400 € ist beruflich veranlasst. Dabei ist § 4 Abs. 5 EStG zu beachten. Danach sind Aufwendungen für die Bewirtung von Personen nur zu 70 % abzugsfähig.

Als Werbungskosten sind abzugsfähig

Allgemeine Kosten (1.500 € - privat 300 € =) 1.200 € mit 100 % =                      1.200 € 

Speisen und Getränke (4.000 - privat 800 € =)  3.200 € mit 70 % =                     2.240 €  

Insgesamt abzugsfähig                                                                                          3.440 €.

Beispiel 2: Reisekosten

Ein angestellter IT-Fachmann besucht eine Computer-Messe in Las Vegas, USA. Von den sieben Tagen Aufenthalt in Las Vegas besuchte er an vier Tagen Fachveranstaltungen. Drei Tage dienten Erholungszwecken.

Weil die Reise beruflich veranlasst war, erkannte der BFH die Flugkosten in voller Höhe und die Kosten des Aufenthalts (Hotelkosten und Mehraufwendungen für Verpflegung) nur zu 4/7 an (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 – GrS 1/06).

Beispiel 3: Überregionale Zeitungen

Ein angestellter Steuerberater begehrt die hälftige Anerkennung der Kosten eines Abonnements einer überregionalen Zeitung, die er neben der regionalen Tageszeitung bezieht, als Werbungskosten, weil die überregionale Zeitung umfassend auch über die steuerrechtliche Entwicklung informiere.

Die Kosten sind insgesamt nicht als Werbungskosten abziehbar, weil die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge so ineinander greifen, dass eine Trennung nicht möglich ist (BMF, 6.7.2010, IV C 3 - S 2227/07/10003).

Beispiel 4: Kleidung und Körperpflege

Eine Arbeitnehmerin arbeitet in der Parfümerieabteilung eines Kaufhauses. Das Personalbüro erwartet von ihr, dass sie entsprechend gekleidet und geschminkt ist. Ihre Kosten für Körperpflege, Kleidung und Führerschein sind nicht absetzbar (BFH, Beschluss v. 13.11.2013, VI B 40/13).

Beispiel 5: Brille und Hörgerät

Ein Lehrer benötigt für den Unterricht eine Brille und ein Hörgerät. Die Kosten für diese medizinischen Hilfsmittel gehören trotz beruflicher Nutzung zu den außergewöhnlichen Belastungen und sind deshalb nicht als Werbungskosten abzugsfähig.

Beispiel 6: Telefonkosten

Ein Arbeitnehmer führt von seinem privaten Handy berufliche Gespräche. Er zahlt für seinen Anschluss eine monatliche Flatrate von 50 € = 600 € im Jahr mit Internetanschluss. Es handelt sich um gemischte Aufwendungen, die in beruflich und privat aufgeteilt werden können. Aus Vereinfachungsgründen erkennt der Fiskus 20 % als beruflich veranlasst an (R 3.50 Abs. 2 LStR).  

Beispiel 7: Studienreise

Die Steuerpflichtige ist Lehrerin für die Fächer Religion, Geschichte und Erdkunde an einem katholischen Privatgymnasium in Trägerschaft des Bistums). Die Steuerpflichtige nahm vom 18. 10. bis zum 26.10.20.. an einer vom Schulträger organisierten Studienfahrt nach Israel teil. Die ausschließlich für Religionslehrer/innen veranstaltete Reise umfasste ein umfangreiches Programm, z. B.

Gottesdienst Betlehem, Fahrt auf den Ölberg, Gottesdienst bei den Benediktinerinnen; Via Dolorosa hin zur Grabeskirche, Tempelberg, Klagemauer, Massada, Qumran, Totes Meer.

Die Steuerpflichtige machte die Aufwendungen für die Reise in Höhe von 1.741 € (1.285 € Reisekosten und 456 € Mehraufwendungen für Verpflegung) in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 20.. neben weiteren unstreitigen Aufwendungen als Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt und das FG Münster lehnten den Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten ab (FG Münster Urteil vom 27.01.2022 - 1 K 224/21 E).

Die Richter führten aus: Abzugsfähige Aufwendungen müssen durch die Einkünfteerzielung veranlasst sein. Eine solche Veranlassung ist dann gegeben, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h. wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer der Einkunftsarten des EStG stehen.

Im vorliegenden Fall sei ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und den Einkünften nicht zu erkennen.