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Anlage Außergew. Belastungen

Zusammenfassung / Begriff

Pflegekosten, die dem Steuerpflichtigen infolge eigener Pflegebedürftigkeit entstehen, sind regelmäßig als außergewöhnliche Belastungen - als Krankheitskosten - abzugsfähig (§ 33 EStG).

Dasselbe gilt für Aufwendungen wegen Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen, wenn eine Notwendigkeit / Zwangsläufigkeit dazu besteht. Eine Steuerermäßigung kommt nur in  Betracht, wenn der Angehörige die Pflegekosten selbst nicht tragen kann. 

Pflege- und Betreuungsleistungen sind außerdem - bei fehlender Pflegebedürftigkeit - im Rahmen der haushaltsnahen Aufwendungen begünstigt (§ 35a EStG).

♦   Aufwendungen im Pflegeheim bei eigener Pflegebedürftigkeit

Die Aufwendungen für eine Unterbringung im Pflegeheim wegen eigener Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad 1-5) sind wie Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abzugsfähig. Zu den abzugsfähigen Aufwendungen gehören sowohl die Kosten für medizinische Leistungen und Pflege als auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn die Einrichtung ein Heim i. S. des Heimgesetzes ist.

Das Finanzamt kürzt die Pflegekosten um eine Haushaltsersparnis (BFH Urteil vom 4.10.2017 – VI R 22/16) und um die sog. zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG).

  • Die leidige Haushaltsersparnis

Das Finanzamt kürzt bei Unterbringung in einem Pflegeheim die abzugsfähigen Pflegekosten um eine sog. Haushaltsersparnis. Die Haushaltsersparnis entspricht dem Grundfreibetrag gem. § 32a EStG von 10.908 € (Wert für 2023). Die Kürzung wird aber nur vorgenommen, wenn im Zusammenhang mit der Heimunterbringung der eigene Haushalt aufgelöst wird. 

Sind beide Ehepartner - pflegebedingt - in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht, ist für jeden der Ehepartner eine Haushaltsersparnis anzusetzen.

Dies bedeutet im Umkehrschluss: Die abzugsfähigen Heimkosten dürfen nicht um eine Haushaltsersparnis gekürzt werden, solange der Pflegebedürftige seinen Haushalt beibehält. Denn in diesem Fall hat er weiterhin Fixkosten des Haushalts, wie Miete, Grundgebühr für Strom, Wasser usw.. Eine allgemeingültige zeitliche Begrenzung gibt es hierfür nicht (BFH Urteil vom 10.08.1990 - III R 2/86).

Übrigens: Die Wohnung wird auch dann beibehalten, wenn sie vom Ehepartner, der nicht im Heim lebt, weiter bewohnt wird.

  • Zumutbare Belastung

Bis zu einer bestimmten Höhe sind die Aufwendungen zumutbar, also nicht außergewöhnlich und deshalb nicht abzugsfähig (§ 33 Abs. 3 EStG). Die Höhe der zumutbaren Belastung wird vom Finanzamt im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer festgesetzt. 

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  • Pflegebedürftigkeit / Pflegegrade

Pflegekosten werden vom Finanzamt nur anerkannt, wenn der Steuerpflichtige pflegebedürftig ist. Pflegebedürftigkeit liegt vor bei Pflegegrad von 1 bis 5 oder einer Behinderung mit Merkzeichen "H" (hilflos) oder "BL" (Blind) im Behindertenausweis (BFH Urteil v. 9.12.2010 - VI R 14/09, BFH/NV 2011 S. 892). Pflegebedürftigkeit kann auch durch ein fachärztliches Gutachten erbracht werden (BFH Urteil vom 13.10.2010-VI R 38/09).

Unabhängig davon gibt es Pflegegeld von der Pflegeversicherung ab Pflegegrad 1. 

Kriterien für Pflegegrade

Ein Pflegegrad wird durch ein Gutachten bzw. eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung festgestellt.

Für die Einstufung in den Pflegegrad 1 ist Voraussetzung, dass für mindestens 6 Monate die Selbständigkeit des Versicherten und seine Fähigkeiten - zumindest gering - beeinträchtigt sind. Eine geringe Beeinträchtigung liegt z. B. vor, wenn der Versicherte fremde Hilfe benötigt 

  • bei der Körperpflege (Baden oder Duschen),
  • beim An- und Auskleiden und 
  • bei der Einnahme von Tabletten. 

Dabei werden u. A. motorische Fähigkeiten geprüft: Nackengriff, Schürzengriff, grobe Kraft, Feinmotorik, Faustschluss, Pinzettengriff, Besteck greifen, halten und betätigen, Glas oder Tasse zum Mund führen. Ferner Stehen und Gehen, Aufstehen aus sitzender Position, Hinlegen ins Bett, Aufstehen aus dem Bett, Überwinden einzelner Stufen, Treppensteigen.

Der - niedrigste - Pflegegrad (1) wird z. B. nur attestiert, wenn der Bedürftige seine Körperpflege (Duschen, Wannenbad) und das tägliche An- und Auskleiden nur mit fremder Hilfe bewerkstelligen kann. Auch muss die Einnahme von Medikamenten nicht ausreichend gewährleistet sein, so dass auch dazu fremde Hilfe benötigt wird. Eine Chance auf Pflegegrad 1 und damit auf Pflegegeld  hat nur, wer diesbezüglich Einschränkungen hat.  

Für die Einstufung in einen der Pflegegrade 2-5 müssen weitere Einschränkungen hinzukommen. 

  • Beispiel Pflegekosten:

Der Gesamtbetrag der Einkünfte des Steuerpflichtigen (Pflegeperson) beträgt 30.000 €, entscheidend für die Höhe der zumutbaren Belastung.

Gesamtkosten für die Unterbringung im Pflegeheim 38.000 €  
- Erstattung durch die Pflegeversicherung 17.000 €  
Verbleibende Pflegekosten 21.000 €  >  21.000 €
- Haushaltsersparnis (Grundfreibetrag für 2023)     - 10.908 €
Verbleiben   10.092 €
- Zumutbare Belastung: 5 % von 15.340 € =    767 €

                                       6 % von 14.660 € =    879 €

  Summe                                       30.000  €   1.646 €

   - 1.646 €
Außergewöhnliche Belastungen wegen Kosten im Pflegeheim   8.446 €

 

Anlage Außergew. Belastungen

♦    Häusliche Pflege

Die häusliche Behandlungspflege (§ 37 Abs. 2 SGB V) ist Teil der Krankenpflege und mit dem Pauschbetrag für Körbehinderung abgegolten. Anders sieht es jedoch bei der häuslichen Intensiv-Pflege aus. Diese sind zusätzlich zum Pauschbetrag abzugsfähig. 

Beauftragt der Steuerpflichtige einen privaten Pflegedienst mit der Pflege in seinem eigenen Haushalt, sind die Pflegeaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) abzugsfähig.

Die Aufwendungen sind auch dann abzugsfähig, wenn es sich bei den eingesetzten Betreuungskräften nicht um besonders ausgebildetes Pflegefachpersonal handelt. Eine solche Voraussetzung ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 33 EStG noch aus § 64 EStDV.

Der Höhe nach sind Aufwendungen für die Grundpflege i. S. d. § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 SGB XI (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) in vollem Umfang als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Dagegen ist bei Erwachsenen mit Pflegestufe II der Unterstützungsbedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung grundsätzlich auf das zeitliche Höchstmaß von maximal 60 Minuten pro Tag begrenzt, so dass für die hauswirtschaftliche Versorgung nur die Aufwendungen für eine Stunde pro Tag als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. Das gilt jedenfalls dann, wenn zudem auch ein Gutachten des medizinischen Dienstes einen Hilfebedarf der Steuerpflichtigen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens für Leistungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung in Höhe von 60 Minuten kalendertäglich bescheinigt hat.

Zu den dem Grunde nach abziehbaren Pflegeaufwendungen zählen neben Zahlungen an den Pflegedienst auch die vom Steuerpflichtigen zu stellende kostenlose Unterkunft an das jeweilige Betreuungspersonal sowie die für das Betreuungspersonal geleistete Unfallversicherung, abzüglich des erhaltenen Pflegegeldes (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.06.2016, 5 K 2714/15)

  • Pflege eines Elternteils als außergewöhnliche Belastungen

Mit dieser Frage hat sich die Oberfinanzdirektion Frankfurt beschäftigt.

Erwachsen einem Stpfl. Aufwendungen wegen der Pflegebedürftigkeit einer Person, der gegenüber er zum Unterhalt verpflichtet ist (z.B. Eltern oder Kinder) und nimmt er nicht den Pflegepauschbetrag nach § 33 b Abs. 6 EStG in Anspruch, so können diese Aufwendungen grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG berücksichtigt werden. Abziehbar sind in diesem Zusammenhang auch die von einem Stpfl. getragenen Kosten für die Beschäftigung einer ambulanten Pflegekraft.

Bei der Höhe der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen ist jedoch zu beachten, dass eine Steuerermäßigung nur insoweit in Betracht kommt, als der Unterhaltsempfänger die Pflegekosten selbst nicht tragen kann. Für diese Prüfung findet der Anrechnungsbetrag des § 33 a Abs. 1 Satz 4 EStG keine Anwendung (OFD Frankfurt, 20.09.2000, S 2284 A - 23 - St II 25)

♦    Leben im Pflegeheim

Nur wenn die Pflegeeinrichtung ein Heim i. S. des Heimgesetzes ist, werden neben den Pflegekosten auch die Mehrkosten für die Unterbringung und Verpflegung als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Erfüllt das Heim die Anforderungen i. S. des Heimgesetzes nicht, gelten die Regelungen für häusliche Pflege, d. h. es werden keine Kosten für Unterbringung und Verpflegung berücksichtigt.

Die Aufwendungen für eine Unterbringung im Pflegeheim wegen Pflegebedürftigkeit sind wie Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abzugsfähig. Zu den abzugsfähigen Aufwendungen gehören sowohl die Kosten für medizinische Leistungen und Pflege als auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn die Einrichtung ein Heim i. S. des Heimgesetzes ist.

Das Finanzamt kürzt die Pflegekosten indessen um die Haushaltsersparnis (BFH Urteil vom 4.10.2017 – VI R 22/16) und um die zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG).

  • Zusätzlich haushaltsnahe Aufwendungen  

Pflegekosten sind im Zusammenhang mit den >>Haushaltsnahen Aufwendungen<< in Zeile 36-37 der Anlage Außergewöhnliche Belastungen zu sehen. Die Besonderheit ist hier, dass der Teil der Pflegekosten, der sich infolge des Abzugs der zumutbaren Belastung nicht als außergewöhnliche Belastung auswirkt, als >>Haushaltsnahe Aufwendungen<< abgezogen werden kann. Dazu unten ein Beispiel.

Bei Auflösung des Haushalts ist von den Pflegekosten eine Haushaltsersparnis von 28 € täglich (832 € monatlich, 9.984 € jährlich / Werte / Grundhöchstbetrag für 2022) abzuziehen. Sind beide Ehepartner krankheitsbedingt in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht, ist für jeden der Ehepartner eine Haushaltsersparnis anzusetzen.

Werden tatsächliche Pflegekosten geltend gemacht, so kann daneben der Behinderten-Pauschbetrag nicht in Anspruch genommen werden.

Hier ein Eintragungsbeispiel, welches das Prinzip der Antragstellung zeigen soll.

Anlage Außergew. Belastungen Formular 2022

Die haushaltsnahen Aufwendungen lt. Zeile 36 und 37 sind in der Kosten-Bescheinigung der Heimleitung besonders aufzuführen. Auf Pflegekosten wird an anderer Stelle noch näher eingegangen.