Helfer in Steuersachen

Steuern? Mach ich selbst.

1.0.2 Steuer auf Renten, ein Skandal

Müßiger Leser!, so beginnt Miguel de Servantes die Vorrede in seinem Roman "Don 
Quijote". Will besagen: Wenn Sie Rentenbezüge zu versteuern haben, erscheint es müßig, sich mit der komplexen Rechtslage der Rentenbesteuerung näher zu befassen.

Alle notwendigen Angaben zur Besteuerung der Rente liegen dem Finanzamt durch Mitteilungen der Rentenkassen / Leistungsträger bereits vor. Es genügt vollauf, wenn Sie den Hauptvordruck und die Anlage Vorsorgeaufwand ausfüllen. Daten in der Anlage R erübrigen sich.

Es kann indessen  nicht schaden, sich zu vergegenwärtigen, wie skandalös die Regierenden die Rentner steuerlich behandeln. 

Der steuerliche Rentenskandal besteht darin, dass in 2005 mit dem sog. Alterseinkünftegesetz der steuerpflichtige Anteil der Basis-Altersrenten von rd. 27 % auf 50 % erhöht wurde, sich außerdem der steuerpflichtige Anteil der Rente für jeden neuen Rentnerjahrgang nach 2005 um 2 %, ab 2021 um 1 % erhöht. Ab dem Jahr 2040 sind die Renten in voller Höhe steuerpflichtig.

Rentenfreibetrag

Skandalös erscheint auch, dass alle Rentenerhöhungen in voller Höhe steuerpflichtig sind. Letzteres hat der Fiskus dadurch erreicht, dass er den steuerfreien Teil der Rente als festen Rentenfreibetrag ausgestaltet hat, der zu Beginn der Rente festgelegt wird und lebenslang gilt.er Renten von unten nach oben statt, eine grundlegende Schwäche der gesetzlichen Rentenversicherung.

Der Skandal: Eine Lösung im Interesse der Rentner wäre gewesen, die  Pensionsbezüge niedriger zu besteuern und so an an die Besteuerung der Renten anzupassen. Doch der Gesetzgeber hat sich für das Gegenteil entschieden: Die Renten - wie die Pensionen der Beamten - in voller Höhe zu besteuern.

  • Tabelle für Basis-Leibrenten - auszugsweise - (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG)
       Rentenbeginn Besteuerungsanteil in % Rentenfreibetrag in %
vor 2005 50 % 50 %
….. ….. .....
2015 70 %  30 % 
2016 72 %  28 % 
2017 74 %  26 % 
2018 76 %  24 % 
2019 78 % 22 %
2020 80 % 20 %
2021 81 % 19 %
2022 82 % 18 %
2023 83 %  17 % 
2024 84 % 16 %
….. ….. …..
2040 100 % 0 %

Die Tabelle zeigt: Je später der Rentenbeginn, desto höher ist der steuerpflichtige Anteil der Rente

♦    Die Wirkung des Rentenfreibetrags

Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem Besteuerungsanteil soll zwar steuerfrei sein (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG). An dieser Stelle hat der Fiskus indessen eine für die Rentner sehr nachteilige Regelung getroffen. Anstatt nun, wie die untenstehende Tabelle zeigt, jedes Jahr lediglich den ausgewiesenen Besteuerungsanteil zu versteuern wird der steuerfreie Teil der ersten vollen Jahresrente nach Rentenbeginn als "Rentenfreibetrag" festgestellt.

Der "Rentenfreibetrag" wird in Euro dauerhaft festgeschrieben und in dieser Höhe in den folgenden Jahren bis 2040 vom Jahresbetrag der Rente abgezogen. Die Festschreibung erfolgt im ersten Jahr nach Rentenbeginn, da es sich hierbei um das erste Jahr handelt, in dem eine „volle“ Jahresrente ausgezahlt wird.

Die Folge: Weil der Rentenfreibetrag nicht mit steigt, sind alle folgenden Rentenerhöhungen in voller Höhe steuerpflichtig, ein Skandal.

Wie sich das steuerlich auswirkt, zeigen die folgenden zwei Beispiele: Altrentner und Neurentner haben in 2021 gleich hohe Jahresrenten. Für den Rentenfreibetrag in Prozent ist das Jahr des Rentenbeginns maßgebend. 

Beispiel 1 Altrentner, Rentenbeginn 2015

Brutto-Rentenbetrag im Jahre 2021 21.000 €
- Rentenfreibetrag 30 % von 19.000 € (Rentenbetrag von 2016)   5.700 €
Besteuerungsanteil der Rente von 2021 15.300 €

Beispiel 2 Neurentner, Rentenbeginn 2020

Brutto-Rentenbetrag im Jahre 2021 21.000 €
- Rentenfreibetrag 19 % von 21.000 € (Rentenbetrag 2021)   3.990 €
Besteuerungsanteil der Rente von 2021 17.010 €

Dies bedeutet: Je später in Rente desto höher die Steuer. Bei gleich hohem Brutto-Rentenbetrag von 21.000 muss der Neurentner gegenüber dem Altrentner einen um ( 17.010 € - 15.300 € =) 1.710 € höheren Betrag versteuern.