Aktuelle Seite: Startseite > Inhalt > 14 Anlage KAP / Kapitalerträge > 1.0.7 Was weiß der Fiskus über meine finanziellen Verhältnisse?
Steuern? Mach ich selbst.
Anlage KAP
Mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung gewinnen die Finanzämter immer größere Kontrolle über die finanziellen Verhältnisse der Steuerpflichtigen (Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 12.5.2016).
Was die Finanzämter besonders interessiert, ist Schwarzgeld, denn dieses könnte aus unversteuerten Einkünften stammen.
♦ Schwarzgeld aufdecken
Anlass für Ermittlungen ist vielfach ein ungeklärter Vermögenszuwachs, ausgelöst durch Hinweise aus dem sog. Risikofilter.
Der in den Finanzämter verwendete Risikofilter, den alle Steuererklärungen durchlaufen, ermöglicht es, Schwarzgeld aufzudecken. Die meisten Steuererklärungen werden zwar vom Risikofilter zur automatischen Bearbeitung weitergeleitet und ungeprüft erledigt. Erklärungen mit bestimmten steuerrelevanten Sachverhalten werden indessen angehalten und erst nach genauer Prüfung veranlagt. Zu diesen Sachverhalten gehören insbesondere Vermögenszuwächse. Wenn ein solcher nicht mit entsprechend hohen Einkünften einhergeht, wird geklärt, woher der Vermögenszuwachs stammt.
Ein ungeklärter Vermögenszuwachs kann aus eigenem Schwarzgeld, dem Schwarzgeld der Eltern, Schenkungen oder Erbschaften stammen, deren Ursprung wiederum Schwarzgeld sein kann.
Gelangt die Steuererklärung zur näheren Überprüfung eines Vermögenszuwachses auf den Tisch / den Bildschirm des Bearbeiters, macht dieser dazu einen Vermerk mit der Überschrift: "Die Finanzierung ist wie folgt belegt ... / nicht belegt." Ist die Finanzierung nicht belegt, muss der Bearbeiter den näheren Sachverhalt ermitteln bzw. gibt den Vorgang an einen Sachverhaltsermittler im Finanzamt weiter.
Haben Sie eine Investition mit einem Bankkredit finanziert und von einem Jahr aufs andere keine Schuldzinsen geltend gemacht? Der Bearbeiter fragt dann zuerst sich und dann vielleicht Sie: Woher kommt das Geld zur Tilgung des Bankkredits?
♦ Kontrollmitteilungen
Unter Kontrollmitteilungen versteht man Mitteilungen einer Finanzbehörde an eine andere Finanzbehörde zur Überprüfung von steuerlichen Verhältnissen eines Steuerpflichtigen. Sie werden insbesondere anlässlich einer Außenprüfung angefertigt (§ 194 Abs. 3 AO).
Ein effektives Kontrollinstrument für die Finanzämter sind Kontrollmitteilungen über steuerpflichtige Einnahmen und abzugsfähig Ausgaben. Die Ordnungsmäßig dieser Vorgänge lässt sich stichprobenweise durch Kontrollmitteilungen überprüfen. Hierbei geht es um Feststellungen, die für "andere Steuerpflichtige" ausgewertet werden.
Die Erstellung von Kontrollmitteilungen bietet sich besonders bei Außenprüfungen an. Außenprüfer sollen Kontrollmitteilungen schreiben (§ 194 Abs. 3 AO), möglichst je Prüfungsfall 10 bis 20 an der Zahl, hört man hinter vorgehaltener Hand.
Das zuständige Finanzamt, das die Kontrollmitteilung erhalten hat, nimmt diese zunächst zu den Steuerakten und prüft erst bei der Veranlagung, ob der Steuerpflichtige die Ausgabe als Einnahme angegeben hat, ggfs. später im Rahmen einer Außenprüfung. Dies gilt auch, wenn die Steuer bereits festgesetzt ist. Ggfs. wird der betreffende Steuerbescheid wegen neuer Tatsachen geändert (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Beispiel 1: Ein Versicherungsmakler hat einem Dritten eine Provision für die Vermittlung eines Kunden gezahlt. Während der Außenprüfung des Versicherungsmaklers fertigt der Prüfer darüber eine Kontrollmitteilung. Diese Provision ist als sonstige Einkünfte steuerpflichtig (Anlage SO).
Beispiel 2: Ein Steuerpflichtiger macht in seiner Steuererklärung Handwerkerleistungen als haushaltsnahe Aufwendungen geltend. Der Bearbeiter fordert darüber Belege an und fertigt bei dieser Gelegenheit eine Kontrollmitteilung. Anlässlich einer Außenprüfung des Handwerkers wird geprüft, ob dieser die Einnahme in seiner Buchführung erfasst hat. Oder ein Sachverhaltsermittler macht einen Spontanbesuch, wenn der Handwerker bereits steuerlich aufgefallen ist und prüft vor Ort, ob die Einnahme erfasst ist. Wenn nicht, kann seine Buchführung verworfen und Umsatz und Gewinn geschätzt werden.
♦ Selbstaufgriffe / Anzeigen Dritter
Neben der Auswertung von Kontrollmitteilungen werden auch Informationen aus sog. Selbstaufgriffen der Steuerfahndung generiert, d. h. aus Zeitungsartikeln, Annoncen, Internet usw. Zuständig ist der Flankenschutzfahnder im Finanzamt. Der weitaus größte Anteil stammt indessen aus Anzeigen der Staatsanwaltschaften, der Gerichte und Notare, Handelskammern, Arbeitsagenturen und den Sozialbehörden.
? Flankenschutzfahnder: Begriff eingeben + Suchen antippen
Rechtsgrundlage für die - verpflichtenden - Meldungen der Gerichte und anderer Behörden ist die Vorschrift des § 116 AO / Anzeige von Straftaten:
Gerichte und die Behörden von Bund, Ländern und kommunalen Trägern der öffentlichen Verwaltung, die nicht Finanzbehörden sind, haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die auf eine Steuerstraftat schließen lassen, dem Bundeszentralamt für Steuern oder, soweit bekannt, den für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden mitzuteilen.
♦ Kontenabruf
Jährlich mehr als 100.000 mal fragen die Finanzämter Konto- und Depotdaten von Privatpersonen für steuerliche Zwecke ab.
Mit dem Kontenabruf können Finanzämter und auf Daten von inländischen Kreditinstituten zugreifen. Die Finanzämter sind verpflichtet, ein Kontenabrufersuchen sowie das Ergebnis des Kontenabrufs zu dokumentieren und den Betroffenen von der Durchführung zu benachrichtigen (§ 93 AO).
Dies bedeutet: Die Finanzämter können unter den Voraussetzungen des § 93 Abs. 7 AO bei den Kreditinstituten über das Bundeszentralamt für Steuern folgende Bestandsdaten zu Konten- und Depotverbindungen abrufen:
Kontenbewegungen und Kontenstände können auf diesem Weg indessen nicht ermittelt werden.
Die Verpflichtung der Kreditinstitute, Daten für einen Kontenabruf durch das Bundeszentralamt für Steuern bereitzuhalten, ergibt sich unmittelbar aus § 93b AO i. V. m. § 24c KWG und bedarf daher keines Verwaltungsaktes.
Ein Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 AO ist nicht nur im Zusammenhang mit Steuerfestsetzungen, sondern auch im Haftungsverfahren, Erhebungsverfahren, Rechtsbehelfsverfahren oder Vollstreckungsverfahren möglich.
Ein Kontenabruf zur Einkommensteuer ist indessen nur zulässig, wenn der Steuerpflichtige eine Steuerfestsetzung nach § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes beantragt (Günstigerprüfung wegen Abgeltungsteuer) oder die Abfrage zur Festsetzung der Einkommensteuer erforderlich ist und ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.
Aber schon ein Verdacht, dass nicht alle Bankverbindungen angegeben worden sind, kann einen Kontenabruf auslösen. Denn auch im Finanzamt gilt die Devise: Ein Verdacht ist interpretierbar.
Vor einem Abrufersuchen nach § 93 Abs. 7 oder Abs. 8 AO wird der Betroffene auf die Möglichkeit eines Kontenabrufs hingewiesen. Auch nach der Durchführung eines Kontenabrufs wird er benachrichtigt.
Nicht nur der Fiskus, auch andere Ämter haben das Recht, Kontodaten abzufragen. Die Anfragen können auch die für Hartz-IV-Empfänger verantwortlichen Jobcenter stellen oder Ämter, die für die Genehmigung von Bafög, Sozialhilfe und Wohngeld zuständig sind. Besonders häufig lassen Gerichtsvollzieher prüfen, ob der Schuldner über ein Konto oder ein Wertpapierdepots verfügt.
Ist das Finanzamt fündig geworden in dem Sinne, dass es ein bisher nicht gemeldetes Konto gefunden hat, muss es zunächst den Steuerzahler darüber in Kenntnis setzen und auffordern, alle Unterlagen über das Konto zur Verfügung zu stellen. Andernfalls kann das Finanzamt bei der Bank Kontoauszüge anfordern.
Schon beim ersten Anzeichen z. B. in Form einer Nachfrage, sollten Sie aktiv werden. Denn der Bearbeiter im Finanzamt darf einen Kontenabruf nur starten, wenn ein Auskunftsersuchen nach §§ 92 Satz 2 Nr. 1 und 93 AO nicht zum Erfolg geführt hat. Sie müssen also bereits mit einem Kontenabruf rechnen, wenn der Bearbeiter um weitere Unterlagen nachfragt. Auch wenn Sie sich kooperativ zeigen, ist es seine Entscheidung, Ihre Auskunft als nicht ausreichend einzustufen. Nun kann er den Kontenabruf in die Wege leiten.
Ist er fündig geworden, muss die Bank auf Anfrage auch mitteilen, ob Sie ein Schließfach gemietet haben. Gottlob kennt die Bank den Inhalt des Schließfaches nicht.
Also heißt es je nach den Umständen Vorsorge treffen, denn bei >>Gefahr im Verzuge<< kommt Ihnen ganz schnell die Steuerfahndung ins Haus und beschlagnahmt auch den Inhalt des Schließfaches. Also ist es höchste Zeit, das Schließfach zu räumen und auch zu überlegen, zur Vermeidung eines Strafverfahrens eine Selbstanzeige nach § 371 AO zu erstatten.
Aber abgesehen von solch einem unbestimmten Verdacht kann sich der Bearbeiter öfter als man denkt auf Informationen Dritter stützen:
♦ Informationspflichtige Dritte
Umfangreiche Informationspflichten sind im Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) verankert.
Die Gerichte, Behörden, Beamten und Notare haben dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt schriftlich Anzeige zu erstatten über diejenigen Beurkundungen, Zeugnisse und Anordnungen, die für die Festsetzung einer Erbschaftsteuer von Bedeutung sein können. Von dort gehen die Informationen weiter an die für die Veranlagung zur Einkommensteuer zuständigen Stellen.
Insbesondere haben anzuzeigen:
♦ Details zu Informanten
Zusätzlich zu diesen gesetzlich verankerten Informationspflichtigen gibt es noch so einige delikate Informationsquellen, wenn z. B. ein Steuerzahler Selbstanzeige erstattet und dabei Sachverhalte offenbart, die auch Dritte belasten. Oder es gehen beim Finanzamt anonyme Anzeigen seitens gekränkter Ehegatten oder Geliebter / Liebhaber ein oder seitens gekündigter Arbeitnehmer oder Enterbter, die Steuerdelikte zum Gegenstand haben.
Dies alles will bedacht sein, wenn Sie auf den Gedanken kommen sollten, es Rumpelstilzchen gleichzumachen, der fröhlich singt: Keiner weiß, keiner weiß... .