Aktuelle Seite: Startseite > Inhalt > 13 Anlage V / Vermietung > 1.3.8 TIPP Vorab / nachträglich entstandene Werbungskosten
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Vermietung und Verpachtung
Zusammenfassung / Begriff
♦ Vorab entstandene Werbungskosten
Fallen Aufwendungen eines noch zu renovierenden Wohngebäudes vor dessen Vermietung an, können sie als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung besteht (BFH Urteil vom 9.5.2017, IX R 24/16).
Begriff Wirtschaftlicher Zusammenhang
Ein wirtschaftlicher Zusammenhang von Werbungskosten mit Einkünften des Steuerpflichtigen setzt voraus, dass die Entstehung der Werbungskosten ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die die Einkünfte betreffen und die Einkünfte wirtschaftlich belasten.
Beispiel für Begriff wirtschaftlicher Zusammenhang : Der Steuerpflichtige hat bei einer Bank ein Darlehen aufgenommen, das als Grundschuld auf seinem Mietwohngrundstück abgesichert ist. a) Er verwendet das Darlehen zur Finanzierung von Erhaltungsaufwendungen / Einbau einer Wärmepumpe für sein Mietwohngrundstück. Die Schuldzinsen für das Darlehen stehen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, weil er sein Mietwohngrundstück mit einer modernen Heizungsanlage besser vermarkten kann. b) Er verwendet das Darlehen zur Finanzierung eines privaten Wohnmobils. Die Schuldzinsen für das Darlehen stehen nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, obwohl das Darlehen auf dem Mietwohngrundstück abgesichert. Sie stehen mit seinem privaten Wohnmobil im Zusammenhang. Die Absicherung des Darlehns auf dem Mietwohngrundstück kann den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Darlehen und Mietwohngrundstück nicht begründen. |
Im Streitfall (siehe oben) ging es um Vorauszahlungen für ein Bauvorhaben, das wegen des Konkurses des Bauunternehmers zunächst nicht realisiert werden konnte. Die Aufwendungen können vom Bauherrn bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abgezogen werden.
Dieser erforderliche Zusammenhang ist z.B. gegeben, wenn sich anhand objektiver Umstände der endgültige Entschluss des Steuerpflichtigen belegen lässt, durch die Errichtung oder den Erwerb eines Gebäudes und dessen anschließende Vermietung und Verpachtung auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Gebäudes einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen und dieser Entschluss nicht wieder aufgegeben worden ist (BFH, 11.01.2005, IX R 15/03).
Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige Aufwendungen in Form von Gerichts- und Beratungskosten im Zusammenhang mit einem Anspruch auf Übertragung eines Mietwohngrundstücks.
Vorab entstandene Aufwendungen als Anschaffungskosten
Derartige vorab entstandene Werbungskosten sind indessen dann nicht als Werbungskosten abzugsfähig, wenn es sich um Anschaffungskosten handelt. In einem solchen Fall sind sie nur im Rahmen der Abschreibung des Gebäudes abzugsfähig (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i. V. mit § 7 EStG). Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs. 1 HGB diejenigen Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen.
Zahlungen vorab für den Verzicht auf ein Wohnrecht sind Werbungskosten
Aufwendungen des Grundstückseigentümers zur Ablösung eines dinglich gesicherten oder schuldrechtlichen Wohnrechts Dritter sind keine Anschaffungskosten, sondern sofort abzugsfähige Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn die Aufwendungen einem Mietvertrag bzw. den künftigen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung dienen (BFH Urteil vom 20.9.2022, IX R 9/21).
So sind Zahlungen des Grundstückseigentümers für den Verzicht eines Angehörigen auf die Ausübung eines (unentgeltlichen) Wohnrechts in voller Höhe sofort als vorab entstandene Werbungskosten abzugsfähig, da der Grundstückseigentümer die aufgrund des Verzichts freigewordene Wohnung nunmehr vermieten kann und damit die bisher gewährte unentgeltliche Nutzungsüberlassung durch eine entgeltliche ersetzt.
♦ Nachträglich entstandene Werbungskosten
Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, die zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgenommen wurden, können auch nach Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können (BFH Urteil vom 8.4.2014, IX R 45/13).
♦ Vergebliche Werbungskosten
Aufwendungen können auch dann abzugsfähig, wenn es entgegen den Planungen des Steuerpflichtigen nicht zu Einnahmen kommt, sofern nur eine erkennbare Beziehung zu den angestrebten Einkünften besteht (BFH Urteil vom 28.09.2010 - IX R 37/09). Dies gilt z. B. für die Hingabe verlorener Aufwendungen (BFH, Urteil v. 9.5.2017, IX R 24/16). Im Streitfall hat der Steuerpflichtige Geldbeträge einem betrügerischen Makler in der Erwartung überlassen hat, dieser werde sie für ihn zum Erwerb eines Vermietungsobjekts aufwenden, was aber nicht geschehen ist.
Vergebliche Aufwendungen für die Anschaffung von unbebautem Grund und Boden sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig (BFH Urteil vom 28.09.2010 - IX R 37/09).