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2.6.1 Zeile 33 Anschaffungsnahe Aufwendungen / 15 %-Grenze

Anlage V

Zusammenfassung / Begriff

Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten / 15 %-Grenze / § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). 

Die Anschaffung einer sanierungsbedürftigen Immobilie ist ein beliebtes Steuersparmodell. Sofern die anschaffungsnahen Aufwendungen die 15 %-Grenze nicht übersteigen, sind die Aufwendungen im Jahr der Zahlung in voller Höhe abzugsfähig. Dies gilt für sämtliche Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die "im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes" vorgenommen werden und nicht ausdrücklich ausgenommen sind, wie Erweiterungen und übliche Erhaltungsaufwendungen.

♦   Tipp Dreijahresfrist und 15 %-Regel beachten

In den ersten drei Jahren nach Erwerb eines Gebäudes sollten die Renovierungskosten nicht mehr als 15 % der Nettoanschaffungskosten für das Gebäude betragen (§ 9 Abs. 5 i. V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Wird die Grenze von 15 % eingehalten, können die Renovierungskosten sofort oder über zwei bis fünf Jahre verteilt abgezogen werden (größerer Erhaltungsaufwand / Zeile 41 bis 45 / § 82b EStDV). Andernfalls sind sie als anschaffungsnahe Herstellungskosten mit 2 % oder 2.5 % abzuschreiben (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG / BMF-Schreiben vom 20.10.2017 - IV C1 - S 2171).

Zur Berechnung der 15 %-Grenze siehe folgenden Beitrag 6.37.

♦  Wo liegt das Problem?

Die Renovierung einer Schrottimmobilie ist für Steuerzahler mit hohen Einkünften ein lukratives Steuersparmodel, weil sich die Kosten bei einem Steuersatz von 45 % + Nebensteuern praktisch halbieren. Damit sich Steuerpflichtige mit hohen Einkünften nicht auf Kosten der Allgemeinheit bereichern, hat der Gesetzgeber an dieser Stelle eine Abzugsbeschränkung vorgesehen:

Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen in den ersten drei Jahren nach der Anschaffung sind nur sofort absetzbar, wenn sie - ohne Umsatzsteuer - 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes nicht übersteigen (anschaffungsnahe Aufwendungen / § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG). Andernfalls werden die Aufwendungen nur über die magere Gebäudeabschreibung von 2 % berücksichtigt (§ 7 Abs. 4 EStG).

Was tun? Achten Sie darauf, dass Sie bei den Sanierungskosten unterhalb der 15%-Grenze bleiben oder Sie warten drei Jahre und sanieren erst dann.

♦   Auch unbekannte Mängel einzubeziehen

In die 15 %-Grenze  sind auch Aufwendungen zur Beseitigung unbekannter / verdeckter Mängel einzubeziehen.  Hierbei handelt es sich um Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen im Zuge der Anschaffung verborgen geblieben sind, jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits vorhanden waren (BFH, 13.3.2018, IX R 41/17).

Im Streitfall erwarb der Steuerpflichtige eine vermietete Eigentumswohnung. Nach dem Tod der langjährigen Mieterin stellte sich heraus, dass die Wohnung ohne umfassende Sanierungsmaßnahmen nicht vermietbar war. Es fielen Kosten für die Erneuerung des Badezimmers, der Elektroinstallation und der Fenster an, die der Steuerpflichtige als sofort absetzbare Werbungskosten geltend machte. 

Der BFH teilte die Auffassung des Steuerpflichtigen nicht. Diese Kosten seien in die 15 %-Grenze einzubeziehen (BFH, 9.5.2017, IX R 6/16).

♦   Nicht einzubeziehen

1. Kosten für Erweiterungen i.S. des § 255 Abs. 2 HGB, z. B. Aus- und Anbauten. Sie sind stets als Herstellungskosten des Gebäudes zu behandeln und mit diesem abzuschreiben.

2. Aufwendungen, die üblicherweise jährlich anfallen (Wartungsarbeiten, Beseitigung von Rohrverstopfungen, Ablesekosten). Die Aufwendungen sind sofort in voller als Werbungskosten absetzbar (BFH, 14.06.2016, IX R 22/15).

3. Schönheitsreparaturen (Tapezieren, Anstreichen der Wände / Decken / Fußboden / Heizkörper / Türen und Fenster. Auch diese Aufwendungen sind sofort in voller Höhe absetzbar (BFH, 14.06.2016, IX R 25/14).

4. Aufwendungen zur Beseitigung von mutwillig herbeigeführten Substanzschäden, die nach Anschaffung durch das schuldhafte Verhalten eines Mieters entstanden sind (BFH, 9.5.2017, IX R 6/16). Im Streitfall stellte der Vermieter nach Auszug des Mieters umfassende Schäden fest: Eingeschlagene Scheiben an Türen, zerstörte Bodenfliesen, Rohrbruch im Badezimmer (nicht gemeldet) mit Folgeschäden. Die Aufwendungen sind sofort in voller Höhe absetzbar.

5.  Aufwendungen vor Anschaffung des Gebäudes gehören ebenfalls nicht dazu (BFH Beschluss vom 28. April 2020, IX B 121/19).

♦   15 %-Grenze / Zuordnungsregeln

Fraglich ist, ob bei der Prüfung des anschaffungsnahen Aufwands die 15 %-Grenze (Referenzwert) auf das Gesamtgebäude zu beziehen ist oder in den Fällen einer unterschiedlichen Nutzung auf die jeweilige Nutzungseinheit.

Besteht das Gebäude aus mehreren Wohneinheiten, sind bei der Prüfung der 15 %-Grenze die gesamten Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zusammenzufassen, sofern das Gebäude nicht in unterschiedlicher Weise genutzt wird.

Beispiel 1: 

In einem Dreifamilienhaus wird eine vermietete Wohnung anschaffungsnah renoviert. Die beiden anderen Wohnungen werden nicht renoviert und vom Eigentümer und dessen Angehörigen zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Bei der Prüfung der 15 %-Grenze kommt es in diesem Fall auf die Anschaffungskosten des gesamten Gebäudes an. Die Eigengenutzten Wohnungen sind somit einzubeziehen.

Dies ist die günstigste Variante, weil in diesem Fall die Aufwendungen ins Verhältnis zu den gesamten Anschaffungskosten des Gebäudes zu setzen sind.

Beispiel 2:

Wie 1, aber das Gesamtgebäude besteht aus drei Eigentumswohnungen, die jeweils mit einem Einzelvertrag erworben wurden.  

Werden die Wohnungen durch Einzelvertrag erworben (Sondereigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz) ist die 15 % - Grenze auf jede einzelne Wohnung anzuwenden. Bei der Prüfung der 15 %-Grenze ist somit nur die vermietete Wohnung zu berücksichtigen.  

Unterschiedliche Funktionen eines Gebäudes

Hat ein Gebäude unterschiedliche Funktionen (Nutzung teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu eigenen oder teils zu fremden Wohnzwecken), ist jeder der unterschiedlich genutzten Gebäudeteile ein besonderes Wirtschaftsgut (R 4.2 Abs. 4 EStR).

Bei Prüfung, ob die Aufwendungen die Grenze von 15 % übersteigen, ist bei einem aus mehreren Einheiten bestehendem Gebäude nur dann auf das Gebäude insgesamt abzustellen, wenn das Gesamtgebäude nicht unterschiedlich genutzt wird und somit nicht in mehrere Wirtschaftsgüter aufgeteilt werden muss. Andernfalls ist das Gebäude in unterschiedliche Wirtschaftsgüter entsprechend der Nutzungs- und Funktionszusammenhänge aufzuteilen.

Beispiel 3:

Wie 1, aber die Räume im Erdgeschoss sind fremdgewerblich vermietet und eine der anderen Wohnungen (Wohnung 1) ist zu fremden Wohnzwecken. Nur für diese Wohnung hat der Steuerpflichtige anschaffungsnahe Aufwendungen getätigt.

In diesem Fall ist die Beurteilung auf den jeweiligen selbständigen Gebäudeteil abzustellen, weil die einzelnen Gebäudeteile in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen. Dies führt dazu, dass die anschaffungsnahen Aufwendungen nur ins Verhältnis zu setzen sind mit den anteiligen Anschaffungskosten für die Wohnung 1.