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2.5.4 Zeile 33 Abschreibungsgrundlagen

Anlage V

Zusammenfassung / Begriff

Grundlage für die Abschreibung sind die Herstellungs- oder Anschaffungskosten oder die an deren Stelle tretenden Werte (§ 9 Abs. 5 EStG). Der Grund und Boden unterliegt keiner Abnutzung. Deshalb bleiben die Anschaffungskosten für den Grund und Boden außer Betracht.

Gebäude sind bei der Berechnung der Abschreibung grundsätzlich als Einheit zu behandeln. Stehen unselbständige Gebäudeteile in einem Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude,  sind diese deshalb zusammen mit dem Gebäude abzuschreiben. Zu den unselbstständigen Gebäudeteilen gehören z. B. Heizungs- und Warmwasseraufbereitungsanlagen, ferner Be- und Entlüftungsanlagen, eingebaute Klimaanlagen, Beleuchtungsanlagen, Personenaufzüge. Diese können auch dann nicht losgelöst vom Gebäude abgeschrieben werden, wenn sie eine tatsächlich kürzere technische Nutzungsdauer als das Gebäude haben.

  • Nachträgliche Herstellungskosten

Nachträgliche Herstellungskosten werden der bisherigen Bemessungsgrundlage der AfA (den Herstellungs- oder Anschaffungskosten) hinzugerechnet und mit den bisherigen AfA-Sätzen abgeschrieben.

Beispiel: Die Herstellungskosten für ein Gebäude haben im Kalenderjahr 01 800.000 € betragen. Nach zehnjähriger Nutzung des Gebäudes beträgt das restliche Abschreibungsvolumen (800.000 € - Abschreibung (800.000 € x 2 % x 10 Jahre = 160.000 €) = 640.000 €. Im Januar 11 wurde  für 70.000 € das Dachgeschoss zu Wohnzwecken ausgebaut. 

Die Abschreibung für das Kalenderjahr 11 wird wie folgt berechnet:

Herstellungskosten 01                                         800.000 €

+ nachträgliche Herstellungskosten                      70.000 €

Neue Abschreibungsgrundlage                           870.000 €

Davon 2 % jährliche Abschreibung                       17.400 € 

Restliches Abschreibungsvolumen                     708.600 €                                                       

  • Solaranlage 

Zu den unselbständigen Gebäudeteilen gehört auch eine Solaranlage zur Erwärmung von Brauchwasser in eine bereits vorhandene Zentralwärmeversorgung. Die Aufwendungen können sofort als Werbungskosten abgezogen werden, weil eine solche Anlage eine bereits vorhandene Anlage erweitert.

Ein in ein Gebäude eingebautes Blockheizkraftwerk ist ebenfalls wesentlicher Bestandteil des Gebäudes. Die Aufwendungen für das Blockheizkraftwerk sind bei erstmaliger Anschaffung oder Herstellung nur zusammen mit dem Gebäude nach § 7 Abs. 4 EStG abzuschreiben. Aufwendungen für ein Blockheizkraftwerk, das eine, in einem vermieteten Gebäude vorhandene Heizungsanlage, ersetzt, sind als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus V+V zu berücksichtigen (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 23.9.2014, 3 K 2163/12, EFG 2015 S. 19).

  • Anschaffung / § 9a EStDV

Jahr der Anschaffung ist das Jahr der Lieferung.

  • Herstellung / § 9a EStDV

Jahr der Herstellung ist das Jahr der Fertigstellung.

♦    Die drei wichtigsten Erwerbsvorgänge in Beispielen:

  • Abschreibung bei Herstellung eines Gebäudes

Abschreibungsgrundlage sind die Herstellungskosten des Gebäudes.

Beispiel:

Herstellungskosten für das Gebäude z. B.                 700.000 €

Lineare Abschreibung 3 % (zeitanteilig 10/12) =          17.500 €

Fertigstellung im März 2023

Anlage V

Im Jahr der Fertigstellung ist die Abschreibung zeitanteilig zu berechnen.

  • Abschreibung bei Anschaffung eines Gebäudes

Abschreibungsgrundlage sind die Anschaffungskosten, soweit sie auf das Gebäude entfallen.

Beispiel:

Die gesamten Anschaffungskosten betragen z. B.    500.000,- €

Abzüglich Anteil Grund und Boden 20 %                  100.000,- €

Abschreibungsgrundlage für das Gebäude                400.000,- €

Lineare Abschreibung 2 % =                                          8.000,- €

Sie tragen in die Anlage V ein:

Anlage V

Bei Anschaffung im Laufe des Jahres ist die Abschreibung zeitanteilig zu berechnen.

Bestimmung des Bodenwertanteils

Ist für die Anschaffung einer Immobilie ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Abschreibung des Gebäudes aufzuteilen. Zunächst sind Boden- und Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund und Boden sowie für den Gebäudeanteil aufzuteilen. Die vom BFH in den Urteilen vom 29.10.2019, IX R 38/17 und vom 21.7.2020, IX R 26/19 dazu entwickelten Grundsätze hat die Steuerverwaltung übernommen. 

Für die Schätzung des Grund und Bodens sowie für den Gebäudeanteil kann im Streitfall die ImmoWertV vom 19.5.2010 herangezogen werden, denn sie enthält anerkannte Grundsätze für die Schätzung von Verkehrswerten von Grundstücken. Nach deren Bestimmungen ist der Verkehrswert im Vergleichswertverfahren, im Ertragswertverfahren, im Sachwertverfahren oder mehrerer dieser Verfahren zu ermitteln. Welches Verfahren in Betracht kommt, ist je nach Art der Immobilie unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der Umstände im Einzelfall zu entscheiden. Die Entscheidung ist zu begründen (§ 8 Abs. 1 ImmoWertV).

Bodenwert 20 %

In der Praxis wird regelmäßig ein Anteil der Anschaffungskosten für den Grund und Boden in Höhe von 20 % des Gesamtkaufpreises zugrunde gelegt.

  • Abschreibung bei unentgeltlichem Erwerb eines Gebäudes

Wer ein Haus oder eine Eigentumswohnung unentgeltlich erworben / geerbt hat, tritt steuerlich betrachtet in die Rechtsstellung des Vorbesitzers ein (§ 11d EStDV). Der Erbe orientiert sich also an den Werten des Vorbesitzers. Dies bedeutet: Abzuschreiben ist die geerbte Immobilie so, wie es der Vorbesitzer hätte tun müssen. 

Abschreibungsgrundlage sind somit die Herstellungs- oder Anschaffungskosten des Vorbesitzers.

Dies bedeutet für die Abschreibung: Soweit ein Gebäude oder eine Eigentumswohnung unentgeltlich erworben wurde, ist die AfA nach dem Prozentsatz und der Abschreibungsgrundlage vorzunehmen, die für den Rechtsvorgänger maßgebend sein würden, wenn er noch Eigentümer wäre.

Zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Vorbesitzers kommen hinzu die bei dem unentgeltlichen Erwerb angefallenen Anschaffungsnebenkosten des Erben, soweit sie auf das Gebäude entfallen (BFH vom 9.7.2013 - IX R 44 / 12), wie z. B. die Kosten für die Erbauseinandersetzung und für die Grundbucheintragung.

Beispiel:

Herstellungs- oder Anschaffungskosten des Vorbesitzers im Jahre 1996 = 400.000 DM, Umrechnung in € (Kurs 1,95583 = 204.516 €) zuzüglich Nebenkosten des Erben 5.000 € = insgesamt 209.516,- €

Lineare Abschreibung 2 % von 209.516 € =  4.191,- €

Sie tragen ein:

Anlage V

♦   Abschreibungsgrundlage unbekannt

Vielfach sind bei unentgeltlichem Erwerb einer vermieteten Immobilie die ursprünglichen Herstellungskosten und damit auch die Buchwerte nicht bekannt, weil  dazu die Unterlagen fehlen. In diesen Fällen müssen die Herstellungskosten geschätzt und die Buchwerte neue berechnet werden. Als Schätzungsgrundlage können die Regelungen der Sachwertrichtlinie dienen. Diese Richtlinie gibt Hinweise für die Ermittlung des Sachwerts nach den §§ 21 bis 23 der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 19. Mai 2010 (BGBl. I S. 639).

Im Sachwertverfahren ist der Sachwert der baulichen Anlagen (ohne Außenanlagen) ausgehend von den Herstellungskosten unter Berücksichtigung der Alterswertminderung zu ermitteln (§ 21 Absatz 2 ImmoWertV). Im Einzelfall ist zu entscheiden, ob ein Bausachverständiger für die Ermittlung des Sachwerts eingeschaltet werden muss.

⇒   Außergewöhnliche Absetzung für Abnutzung

Neben den laufenden Abschreibungen sind auch Absetzungen wegen außergewöhnlicher technischer oder wirtschaftlicher Abnutzung (§ 7 Abs. 1 Satz 6 EStG) zulässig.

Beispiel 1: Abschreibung wegen technischer Abnutzung

Im Falle eines Gebäudeabbruchs ist das restliche Abschreibungsvolumen (Restbuchwert) des Gebäudes voll abzugsfähig.

Herstellungskosten des Gebäudes in 1986 = 1.000.000 DM, Abbruch in 2020

Deutsche Mark umgerechnet in Euro (Kurs 1.95583) 511.292 €
- Abschreibung 1986 bis 2019 linear (2 % x 34 J.=) 68 % 347.679 €
Restbuchwert 31.12.2019 163.613 €
Abschreibung auf 0 € wegen Abbruch in 2020 163.613 €
Restbuchwert 0 €

Auch die Abbruchkosten von z. B. 10.000 € sind als Werbungskosten sofort abziehbar.

Beispiel 2: Abschreibung wegen wirtschaftlicher Abnutzung

Der Stpfl. ist Eigentümer eines Gebäudes, das seit 15 Jahren an einen Lebensmittelkonzern vermietet war. Vor 10 Jahren wurde das Gebäude nach detaillierten Angaben des Vermieters umgebaut. Nunmehr hat der Mieter den Mietvertrag gekündigt. Nach längerer Suche konnte das Gebäude zur Hälfte der bisherigen Jahresmiete an einen Getränkemarkt vermietet werden. Dadurch ist die Rendite um 50 % eingebrochen.

Unter diesen Umständen ist es gerechtfertigt, das verbleibende Abschreibungsvolumen um 50 % wegen außergewöhnlicher wirtschaftlicher Abnutzung abzuschreiben (BFH 17.9.2008 - IX R 64/07).

⇒   Abschreibung des Zubehörs

Gehören zum vermieten Haus bzw. zu einer vermieteten Wohnung noch andere Wirtschaftsgüter (z. B. Zubehör in Form von Möbel, Rasenmäher, Mülltonnen oder Gartengeräte), können Sie auch die Anschaffungskosten dieser Wirtschaftsgüter als Werbungskosten abziehen.

♦   Geringwertige Wirtschaftsgüter

Betragen die Anschaffungskosten einschließlich Umsatzsteuer nicht mehr als 952 € (800 € netto + Umsatzsteuer) je Wirtschaftsgut, können Sie die Kosten im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abziehen (§ 9 Abs. 1 Nr. 7 i. V. mit 6 Abs. 2 EStG) . Andernfalls ist nur ein Abzug über die Abschreibung möglich. 

  • Einbauküche

Eine Einbauküche kann wesentlicher Bestandteil des Gebäudes sein, ist aber als selbständiges Wirtschaftsgut mit 10 % jährlich abzuschreiben (BFH Urteil vom 03.08.2016 - IX R 14/15).