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Anlage N
Zusammenfassung / Begriff
Gemischte Aufwendungen liegen vor, wenn den einzelnen Aufwendungen sowohl ein beruflicher als auch ein privater Anlass zugrunde liegt und beide Anlässe nicht unerheblich sind.
In diesem Fall können die Aufwendungen in Werbungskosten und Aufwendungen für die private Lebensführung aufgeteilt werden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 – GrS 1/06). Soweit es sich bei den Aufwendungen um Werbungskosten handelt, sind die Aufwendungen abzugsfähig.
Im Streitfall hat ein IT-Fachmann eine Computer-Messe in Las Vegas, USA, besucht. Von den sieben Tagen Aufenthalt in Las Vegas besuchte er an vier Tagen Fachveranstaltungen. Drei Tage dienten Erholungszwecken. Weil die Reise beruflich veranlasst war, erkannte der BFH die Flugkosten in voller Höhe und die Kosten des Aufenthalts (Hotelkosten und Mehraufwendungen für Verpflegung) nur zu 4/7 an.
Eine Aufteilung ist indessen ausgeschlossen, wenn die berufliche Mitveranlassung untergeordnet ist. Hier gilt eine Grenze von 10 %.
Beispiel: Bei einer 14-tägigen Urlaubsreise mit eintägigem Fachseminar sind die Aufwendungen für die Urlaubsreise (z.B. Fahrtkosten) nicht abzugsfähig, weil der Anteil der Fahrtkosten, soweit sie auf das Fachseminar entfallen, nur (100 % : 14 Tage =) 7.14 % betragen, also nicht mindestens 10 %. In voller Höhe abzugsfähig sind nur die Seminargebühren, die Fahrtkosten vom Urlaubs- zum Tagungsort und der Verpflegungspauschbetrag für diesen Tag.
Ein Arbeitnehmer führt von seinem privaten Handy berufliche Gespräche. Er zahlt für seinen Anschluss eine monatliche Flatrate von 50 € = 600 € im Jahr mit Internetanschluss. Es handelt sich um gemischte Aufwendungen, die in beruflich und privat aufgeteilt werden können. Aus Vereinfachungsgründen erkennt der Fiskus 20 % als beruflich veranlasst an.
Eine Aufteilung der Aufwendungen kommt indessen nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige die berufliche Veranlassung im Einzelnen umfassend dargelegt und nachgewiesen hat. Bestehen gewichtige Zweifel, so kommt ein Abzug insgesamt nicht in Betracht.
Die Aufteilung gemischt veranlasster Aufwendungen hat nach einem an objektiven Kriterien orientierten Maßstab der Veranlassungsbeiträge zu erfolgen. Ist eine verlässliche Aufteilung nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, erfolgt die Aufteilung im Wege der Schätzung. Fehlt es an einer geeigneten Schätzungsgrundlage oder sind die Veranlassungsbeiträge nicht trennbar, gelten die Aufwendungen als insgesamt privat veranlasst (BMF, 6.7.2010, IV C 3 - S 2227/07/10003).
♦ Nicht aufteilbare Aufwendungen
Nicht aufteilbar sind zunächst Kosten der Lebensführung: Aufwendungen für Wohnung, Ernährung, Kleidung, allgemeine Schulausbildung, Kindererziehung, Gesundheit, Pflege, Hygieneartikel, Zeitung, Rundfunk oder Besuch kultureller und sportlicher Veranstaltungen (§ 12 Nr. 1 Satz 1 EStG).
Dasselbe gilt für Kosten der Repräsentation (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG). Das sind Aufwendungen für die Lebensführung, die zwar der Förderung des Berufs oder der Tätigkeit dienen können, die aber grundsätzlich die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringen.
Bei Veranstaltungen, die vom Steuerpflichtigen ausgerichtet werden, stellt ein persönlicher Anlass (z.B. Geburtstag, Trauerfeier) oder z. B. Ausrichtung eines Golfturniers, Unterhalt von luxuriösen Fahrzeugen regelmäßig ein bedeutendes Indiz für die Annahme nicht abziehbarer Repräsentationsaufwendungen dar (BMF, 6.7.2010, IV C 3 - S 2227/07/10003).
♦ Grundsätze der Aufteilung
Aufwendungen, die eindeutig und klar abgrenzbar ausschließlich beruflich oder privat veranlasst sind, sind unmittelbar dem beruflichen oder privaten Teil der Aufwendungen zuzuordnen.
Der betrieblich/beruflich und privat veranlasste Teil der Aufwendungen kann beispielsweise nach folgenden Kriterien ermittelt werden: Zeit-, Mengen- oder Flächenanteile sowie Aufteilung nach Köpfen.
Beispiel
An einer Abschiedsfeier eines leitenden Angestellten nehmen 100 Personen teil (80 leitende Mitarbeiter des gesamten Unternehmens und 20 private Gäste des Arbeitnehmers). Die Gesamtkosten der Feier betragen 5.000 €, auf Essen und Getränke entfallen 4.000 €.
Aufgrund der Teilnahme privater Gäste handelt es sich um eine gemischt beruflich und privat veranlasste Veranstaltung. Die Einladung der privaten Gäste erfolgte ausschließlich aus privaten Gründen, so dass die Kosten der Verköstigung und Unterhaltung der privaten Gäste als privat veranlasst zu behandeln sind.
Sachgerechtes objektivierbares Kriterium für eine Aufteilung ist eine Aufteilung nach Köpfen. 80 Personen nehmen aus beruflichen Gründen teil, 20 aus privaten Gründen. Damit sind 1.000 € (20 % der Gesamtkosten), die anteilig auf die privaten Gäste entfallen, nicht als Werbungskosten abziehbar. Von den verbleibenden Kosten in Höhe von 4.000 EUR sind unter Berücksichtigung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG 3.040 € (80 % von 1.000 € + 70 % von 80 % von 4.000 €) als Werbungskosten abziehbar (BMF, 6.7.2010, IV C 3 - S 2227/07/10003)
Ein Abzug der Aufwendungen kommt insgesamt nicht in Betracht, wenn die – für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden – beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge so ineinander greifen, dass eine Trennung nicht möglich und eine Grundlage für die Schätzung nicht erkennbar ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn es an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung fehlt.
Dies gilt für Kosten für bürgerliche Kleidung ebenso wie für Aufwendungen zur Körperpflege, Führerschein, Brille und Hörgerät. Die Aufwendungen stehen zwar vielfach auch mit dem Beruf im Zusammenhang, sind aber nicht aufteilbar und deshalb vollumfänglich dem privaten Bereich zuzuordnen.
Beispiel 1
Ein angestellter Steuerberater begehrt die hälftige Anerkennung der Kosten eines Abonnements einer überregionalen Zeitung, die er neben der regionalen Tageszeitung bezieht, als Werbungskosten, weil die überregionale Zeitung umfassend auch über die steuerrechtliche Entwicklung informiere.
Die Kosten sind insgesamt nicht als Werbungskosten abziehbar, weil die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge so ineinander greifen, dass eine Trennung nicht möglich ist (BMF, 6.7.2010, IV C 3 - S 2227/07/10003).
Beispiel 2
Eine Arbeitnehmerin arbeitet in der Parfümerieabteilung eines Kaufhauses. Das Personalbüro erwartet von ihr, dass sie entsprechend gekleidet und geschminkt ist. Ihre Kosten für Körperpflege, Kleidung und Führerschein sind nicht absetzbar (BFH, Beschluss v. 13.11.2013, VI B 40/13).
Beispiel 3
Ein Lehrer benötigt für den Unterricht eine Brille und ein Hörgerät. Die Kosten für diese medizinischen Hilfsmittel gehören trotz beruflicher Nutzung zu den außergewöhnlichen Belastungen und sind deshalb nicht als Werbungskosten abzugsfähig.
Beispiel 4
Die Steuerpflichtige ist als Lehrerin für die Fächer Religion, Geschichte und Erdkunde am B-Gymnasium (katholisches Privatgymnasium in Trägerschaft des Bistums N). Die Steuerpflichtige nahm vom 18. 10. bis zum 26.10.20.. an einer vom Schulträger organisierten Studienfahrt nach Israel teil. Die ausschließlich für Religionslehrer/innen veranstaltete Reise umfasste ein umfangreiches Programm, z. B.
Gottesdienst Betlehem, Fahrt auf den Ölberg, Gottesdienst bei den Benediktinerinnen; Via Dolorosa hin zur Grabeskirche, Tempelberg, Klagemauer, Massada, Qumran, Totes Meer.
Die Steuerpflichtige machte die Aufwendungen für die Reise in Höhe von 1.741 € (1.285 € Reisekosten und 456 € Mehraufwendungen für Verpflegung) in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 20.. neben weiteren unstreitigen Aufwendungen als Werbungskosten geltend.
Das Finanzamt und das FG Münster lehnten den Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten ab (FG Münster Urteil vom 27.01.2022 - 1 K 224/21 E).
Die Richter führten aus: Abzugsfähige Aufwendungen müssen durch die Einkünfteerzielung veranlasst sein. Eine solche Veranlassung ist dann gegeben, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h. wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer der Einkunftsarten des EStG stehen.
Enthält eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind (z.B. einer beruflich veranlassten Reise wird ein Urlaub hinzugefügt), so ist der beruflich veranlasste Teil der Reisekosten zum Abzug zuzulassen, wobei dieser Anteil ggf. unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen ist. Greifen dagegen die – für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden – beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge (z.B. bei einer beruflich/privaten Doppelmotivation für eine Reise) so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich ist, fehlt es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, so kommt ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht (BFH-Beschluss vom 21.9.2009 GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672).
♦ Umfang des beruflichen Anteils im Schätzungsfalle
Lässt sich der konkrete Umfang der beruflichen Nutzung nicht näher bestimmen, muss dieser im Schätzungswege ermittelt werden. Sofern eine nicht unerhebliche berufliche Nutzung glaubhaft erscheint, ist es regelmäßig vertretbar, typisierend und pauschalierend von einer jeweils hälftigen privaten bzw. beruflichen Nutzung auszugehen (BFH Urteil vom 19.02.2004 - VI R 135/01). Will der Arbeitnehmer von diesem Aufteilungsmaßstab abweichen, muss er die hierfür sprechenden Gründe näher darlegen oder zumindest glaubhaft machen.
Zu den Gesamtkosten gehören auch Aufwendungen für Hilfsmaterial, z. B. DVD-Rohlinge, Batterien für Funktastatur, Druckerpapier, Druckerpatronen, Reparaturen sowie Computermöbel; bei Anschaffungskosten über 800 € (ohne Umsatzsteuer) sind die Möbel über 13 Jahre, Computer über 3 Jahre abzuschreiben.
Arbeitsmittel mit Anschaffungskosten bis 800 € (ohne Umsatzsteuer) sind im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abzugsfähig (Geringwertige Wirtschaftsgüter / § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG i. V. § 6 Abs. 2 S. 1-3 EStG).
Berufsbezogene Software ist zu 100 % als Werbungskosten abzugsfähig (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 15.3.2000, 1 K 1484/98).
Beispiel
Lehrer nutzen vielfach ihren Computer sowohl beruflich als auch privat. Ohne weitere Nachweise sind die Kosten zu 50 % als Werbungskosten abziehbar. Kann der Lehrer nachweisen, dass ein zweiter gleichwertiger Computer für private Zwecke vorhanden ist, sind höhere Kostenanteile bzw. sogar der volle Kostenabzug möglich.
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