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Nachdem Sie eine Unterkunft am auswärtigen Beschäftigungsort bezogen haben, muss die Hauptwohnung Ihr Lebensmittelpunkt bleiben. Das ist dort, wo Sie beheimatet sind, wo Ihre Freunde und Bekannten leben, wo Sie Ihre persönlichen, sportlichen oder kulturellen Bindungen haben (R 9.11 Abs. 3 LStR).
Anlage N Papierformular
♦ Lebensmittelpunkt eines Alleinstehenden
Nicht nur Ehepartner können einen doppelten Haushalt absetzen, auch Alleinstehende (BFH v. 5.10.1994 – VI R 62/90). Als Alleinstehender können Sie indessen keine doppelte Haushaltsführung geltend machen, wenn Sie z. B. als Auszubildender, als Zeitsoldat oder als junger Arbeitnehmer noch bei ihren Eltern wohnen. Deren Haushalt ist nicht Ihr Haushalt (BFH Beschluss vom 06.11.2007 - VI B 70 / 07). Es sei denn, Sie beteiligen sich zu mindestens 10 % an den Kosten der Unterbringung.
Wer indessen z B. als lediger Arbeitnehmer im Dachgeschoss eines Gebäudes, das den Eltern gehört, einen Schlafraum und einen Wohnraum mit einer Fläche von insgesamt 45 qm für sich allein zur Verfügung hat und Küche, Bad und WC gemeinsam mit seinen Eltern nutzt, für den kann diese Wohnung Lebensmittelpunkt sein. Das gilt auch, wenn keine Miete gezahlt wird. Lässt sich nämlich keine finanzielle Beteiligung feststellen, ist damit eine eigene Haushaltsführung des auswärts Beschäftigten nicht zwingend ausgeschlossen, wie auch umgekehrt aus einem finanziellen Beitrag allein nicht zwingend auf das Unterhalten eines eigenen Haushalts zu schließen ist (BFH Urteil vom 21.04.2010 - VI R 26 / 09).
Sie müssen also als Lediger Ihre Freizeit an Wochenenden wesentlich in Ihrer Hauptwohnung verbringen, dort weiterhin Ihre sozialen Kontakte unterhalten. Gelegentliche Fahrten zur Hauptwohnung reichen dafür nicht aus. 20 Heimfahrten im Jahr als Indiz genügen nicht, so FG München vom 20.9.2007 – 9 V 1692/07, auch nicht 11 Heimfahrten in einem Zeitraum von 9 Monaten, so FG Hamburg vom 6.11.2007 – 8 K 44 / 07.
♦ Lebensmittelpunkt im Ausland
Bei größerer Entfernung zwischen der Hauptwohnung und der Zweitwohnung, insbesondere bei einer Wohnung im Ausland, reicht bereits eine Heimfahrt im Kalenderjahr aus, um diese als Lebensmittelpunkt anzuerkennen, wenn in der Wohnung auch bei Abwesenheit des Arbeitnehmers hauswirtschaftliches Leben herrscht, an dem sich der Arbeitnehmer sowohl durch persönliche Mitwirkung als auch finanziell maßgeblich beteiligt. Bei Arbeitnehmern mit einer Wohnung in weit entfernt liegenden Ländern, z. B. Australien, Indien, Japan, Korea, Philippinen, reicht es aus, wenn innerhalb von zwei Jahren mindestens eine Heimfahrt unternommen wird (R 9.11 Abs. 3 LStR).
Der BFH hat einem in Deutschland beschäftigten türkischen Staatsangehöriger am Heimatort einen eigenen Hausstand zuerkannt, wenn seine Frau und seine Kinder dort zusammen mit den Eltern innerhalb einer Großfamilie leben (BFH v. 27.07.1990 - VI R 5 / 88).
♦ Wegverlegung der Hauptwohnung
Eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung liegt auch dann vor, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und er darauf in einer Wohnung am Beschäftigungsort einen Zweithaushalt begründet, um von dort seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgehen zu können (BMF, 10.12.2009, IV C 5 - S 2352/0).
Beispiel:
Ein Steuerzahler wohnt in A, wo er auch arbeitet. Nachdem er geheiratet hat, zieht er nach B in die Wohnung seines Ehepartners / Lebensgefährten, behält aber seine alte Wohnung in A bei. Diese wird nun seine Zweitwohnung am Arbeitsplatz. Seine Hauptwohnung (Familienwohnung) befindet sich von nun an in B.
Das Kritische an dieser Konstellation ist für den Fiskus, dass der Steuerzahler nicht aus beruflichen Gründen, sondern aus privaten Gründen seine Hauptwohnung von A nach B verlegt hat.
Der BFH sagt dazu: Das Finanzamt muss nicht nur die Miete der Wohnung in A als Werbungskosten anerkennen, sondern auch die Verpflegungspauschale für die ersten drei Monate gewähren. Denn der Steuerzahler hat aus beruflichen Gründen seine Wohnung in A beibehalten (BFH 08.10.2014 - VI R 7/13).
♦ Lebensmittelpunkt im Hause der Eltern
Der eigene Hausstand kann auch in der Wohnung der Eltern unterhalten werden. Hier wird allerdings zwischen jüngeren und älteren Arbeitnehmer unterschieden, die weiterhin im Haushalt der Eltern leben und am Arbeitsort eine Unterkunft haben.
Bei älteren, wirtschaftlich selbständigen, berufstätigen Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt leben, ist davon auszugehen, dass sie die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmen, so dass ihnen dieser Hausstand als "eigener" zugerechnet werden kann. Diese Regelvermutung gilt insbesondere, wenn die Wohnung am Beschäftigungsort dem Arbeitnehmer im Wesentlichen nur als Schlafstätte dient, weil dann dort regelmäßig weder der Haupthausstand noch der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen zu verorten ist.
Bei jungen Arbeitnehmern wird ein eigener Hausstand im Haushalt der Eltern nicht unterhalten, wenn sie nach Beendigung der Ausbildung weiterhin -- wenn auch gegen Kostenbeteiligung-- im elterlichen Haushalt ihr Zimmer bewohnen. Die elterliche Wohnung kann in diesen häufigen Fällen zwar, auch wenn das Kind am Beschäftigungsort eine Unterkunft bezogen hat, wie bisher der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sein, es mangelt indessen am eigenen Hausstand, so dass eine doppelte Haushaltsführung nicht angenommen werden kann.
Quelle: § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG