Aktuelle Seite: Startseite > Inhalt > 11 Allgemeines zur Anlage > 1.0.3 Das Lohnsteuerabzugsverfahren
Steuern? Mach ich selbst.
Anlage N
Das Lohnsteuerabzugsverfahren wird eher verständlich, wenn man die Lohnsteuer als eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer betrachtet. Letztlich ist sie nur eine Erhebungsform der Einkommensteuer, weil sie im Falle der Veranlagung auf die zu zahlende Einkommensteuer angerechnet wird (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG).
Die Lohnsteuer wird entweder nach den persönlichen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM-Daten / § 39 EStG) oder pauschal erhoben (Minijob / §§ 40-40a EStG).
Arbeitnehmer gelten als die gläsernen Steuerzahler schlechthin, denn sie zahlen ihre Steuern durch Steuerabzug "an der Quelle". Die Quelle ist das Arbeitsverhältnis, das sie an den Arbeitgeber bindet und der für sie die Steuer vom Arbeitslohn einbehält und an den Fiskus abführt. Deshalb spricht man bei der Lohnsteuer auch von einer Quellensteuer.
Gut zu wissen: Einerseits erklärt der Gesetzgeber in einem Rundumschlag nahezu alles für steuerpflichtig, was Arbeitnehmern im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zufließt: Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst (§ 19 EStG).
Andererseits enthält das Lohnsteuerrecht zahlreiche Steuervergünstigungen in den §§ 3 und 3b EStG in Form von steuerfreien Einnahmen. Auch Sachbezüge werden bei weitem nicht mit ihrem tatsächlichen Wert besteuert (§ 8 Abs. 2 und 3 EStG), von den zahlreichen Steuervergünstigungen im Bereich der Werbungskosten (§ 9 EStG) ganz abgesehen: Entfernungspauschale, Arbeitsmittel, Dienstreisen, doppelte Haushaltsführung.
Es lässt sich bei der Lohnsteuer also so einiges deichseln.
♦ Lohnsteuer nach ELStAM-Daten
Die Erhebung der Lohnsteuer erfolgt weitgehend elektronisch. Was vormals auf der papiernen Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers verzeichnet war, ist jetzt für ihn in einer Datenbank des Bundeszentralamts für Steuern gespeichert.
Der Arbeitgeber benötigt für den Steuerabzug vom Arbeitslohn bestimmte Informationen. Bereits aus arbeitsrechtlichen Gründen verfügt der Arbeitgeber über Daten seiner Arbeitnehmer. Weitere Daten stehen ihm als Elektronische Steuerabzugsmerkmale (ELStAM-Daten) zur Verfügung, die beim Bundeszentralamt für Steuern hinterlegt sind. ELStAM vereinfacht das Lohnsteuerabzugsverfahren für alle Beteiligten erheblich.
Möchten Sie von diesen Daten abweichen oder hat Ihr Arbeitgeber die Daten nicht elektronisch übermittelt und Ihnen stattdessen eine „Besondere Lohnsteuerbescheinigung“ für das Kalenderjahr ausgehändigt, sind die Eintragungen vorzunehmen.
Wird ein Arbeitnehmer eingestellt, wird für ihn ein Lohnkonto eröffnet. Dazu benötigt der Arbeitgeber zunächst die Identifikationsnummer des Arbeitnehmers und sein Geburtsdatum. Außerdem muss der Arbeitnehmer ihn informieren, ob er Ihr Hauptarbeitgeber ist oder ob Sie zu ihm in einem zweiten oder weiteren Arbeitsverhältnis stehen. Daraus leitet er die Steuerklasse für Sie ab.
Der Arbeitgeber meldet den Arbeitnehmer unter diesen Angaben beim Bundeszentralamt für Steuern an. Dort werden sodann sog. Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale / ELStAM-Daten gebildet (§ 39 Abs. 1 EStG), zunächst automatisiert die Steuerklasse und bei den Steuerklassen II bis IV die Zahl der Kinderfreibeträge (§ 39e Abs. 1 EStG). Hinzu kommen vom Finanzamt weitere Daten, z. B. Identifikationsnummer des Ehepartners und der Kinder, vom Finanzamt gewährte Freibeträge für höhere Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen (§ 39a EStG).
Spätere Änderungen des Familienstandes wie Eheschließung, Geburt eines Kindes, Tod oder Ehescheidung übermittelt die Gemeindebehörde automatisch aus dem Melderegister dem Bundeszentralamt für Steuern ohne besonderen Antrag des Arbeitnehmers (§ 39e Abs. 2 Nr. 2 EStG). Die ELStAM-Daten übernimmt der Arbeitgeber in das Lohnkonto für den Lohnsteuerabzug.
Zu den ELStAM-Daten gehören:
- Die Steuerklasse,
- die Konfessionszugehörigkeit,
- die Freibeträge, die das Finanzamt auf Antrag gewährt hat: Diese Freibeträge sorgen bereits während des Jahres für eine gewisse Steuerentlastung (§ 39a EStG).
Sobald ein Arbeitgeber das elektronische Verfahren nutzt, werden steuerlich bedeutsame Änderungen nach ihrer Eintragung im Melderegister (z.B. Eheschließung, Geburt eines Kindes, Kirchenaustritt) automatisch für den Lohnsteuerabzug berücksichtigt. Für Arbeitnehmer steht im ElsterOnline-Portal eine elektronische Auskunft über die eigenen ELStAM zur Verfügung.
Details zu ELStAM-Daten
Die Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELSTAM) werden von der Finanzverwaltung auf Grundlage der bei den Meldebehörden gespeicherten Daten gebildet. Sollen abweichende oder weitere Lohnsteuerabzugsmerkmale beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden, z.B. als Werbungskosten zu berücksichtigender Freibetrag, ist beim Finanzamt ein entsprechender Antrag zu stellen (Antrag auf Freibetrag nach § 39a EStG). Ein Antrag beim Finanzamt ist auch dann fällig, wenn im Laufe des Jahres die Steuerklasse gewechselt werden soll (§ 39 Abs. 6 EStG).
Der Arbeitgeber darf die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale nur dann bei der Finanzverwaltung abrufen, wenn ihn der Arbeitnehmer die Berechtigung dazu erteilt (§ 39 Abs. 8 EStG). Dazu muss er bei seinem Arbeitgeber zu Beginn einer neuen Beschäftigung einmalig sein Geburtsdatum und seine steuerliche Identifikationsnummer angeben und ihm mitteilen, ob es sich um das erste oder um ein weiteres Arbeitsverhältnis handelt. Mit Hilfe dieser Informationen kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei der Finanzverwaltung anmelden und die für den Lohnsteuerabzug benötigten Lohnsteuerabzugsmerkmale elektronisch abrufen.
Ändert sich etwas an den ELStAM-Daten, teilt die Finanzverwaltung dies dem Arbeitgeber mit. Endet ein Dienstverhältnis, muss Ihr Arbeitgeber dies der Finanzverwaltung mitteilen.
♦ Erstattung von Lohnsteuer
Für den Lohnsteuerabzug aus laufenden Bezügen sieht das Gesetz vor, den wöchentlichen oder monatlichen Bruttolohn auf einen Jahresbruttolohn hochzurechnen (§ 38a Abs. 3 EStG). Das heißt, es wird praktisch unterstellt, als sei z. B. der gezahlte Monatslohn 1/12 des endgültigen Jahreslohns. Diese Regelung führt dazu, dass bei schwankendem oder unregelmäßigem Arbeitslohn zu viel die Lohnsteuer erhoben wird.
Die Erstattung zu viel erhobener Lohnsteuer ist grundsätzlich nur im Wege der Veranlagung möglich. Allerdings kann der Arbeitgeber in bestimmten Fällen eine Erstattung im Lohnsteuer-Abzugsverfahren durch einen internen Lohnsteuer-Jahresausgleich vornehmen (§ 42b EStG).
In der Lohnabrechnung für Dezember kann der Arbeitgeber einen "internen Lohnsteuerjahresausgleich" vornehmen, indem er die Lohnsteuer insoweit erstattet, als sie infolge der Hochrechnung des Monatslohns auf einen Jahresbetrag unzutreffend war. Er ist dazu verpflichtet, wenn er am 31. Dezember des Ausgleichsjahres mindestens zehn Arbeitnehmer beschäftigt (§ 42b Abs. 1 Satz 1 EStG).
Ausgleichsverbote
Der Arbeitgeber darf den internen Lohnsteuerjahresausgleich nicht durchführen, wenn
1. der Arbeitnehmer im Ausgleichsjahr nicht ständig bei ihm beschäftigt war oder
2. der Arbeitnehmer für das Ausgleichsjahr oder für einen Teil des Ausgleichsjahres nach den Steuerklassen V oder VI zu besteuern war oder
3. der Arbeitnehmer für einen Teil des Ausgleichsjahres nach den Steuerklassen 2, 3 oder 4 zu besteuern war.
Beispiel:
Ein Auszubildender (Lehrling) erhält in den Monaten Januar bis August eine Ausbildungsvergütung von mtl. 800 €. Nach Abschluss seiner Berufsausbildung wechselt er zu einem anderen Arbeitgeber und bezieht in den Monaten September bis Dezember - als ausgebildeter Facharbeiter - einen Monatslohn von 2.500 €.
Daraus ergibt sich folgendes Bild
Zeiträume | Bruttolohn | Lohnsteuer nach der |
01.01. bis 31.08. | 6.400 € | Monatstabelle 0.00 € |
01.09 bis 31.12. | 10.000 € | Monatstabelle 1.160.32 € |
01.01. bis 31.12 | 16.400 € | Jahrestabelle 475.00 € |
Zu viel einbehalten | 685.32 € |
Die zu viel einbehaltenen Lohnsteuer kann nur im Wege der Veranlagung erstattet werden, weil der Arbeitnehmer nicht ganzjährig bei ein und demselben Arbeitgeber beschäftigt war (§ 46 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Ein interner Lohnsteuerjahresausgleich ist nicht möglich.
02.22