Aktuelle Seite: Startseite > Inhalt > 10 Anlage Kind > 2.1.4 Zeile 11-15 Stiefkind / Patchwork-Familie
Steuern? Mach ich selbst.
Anlage Kind
Wenn ein Elternteil eine Beziehung mit einem neuen Partner eingeht, nannte man den neuen Partner früher Stiefmutter oder Stiefvater, bzw. Stiefeltern. Heute nennt man eine neu zusammengewürfelte Lebensgemeinschaft Patchworkfamilie. Die "normale" Kleinfamilie, bestehend aus Mama, Papa und Kind ist heute nicht mehr die absolute Norm.
Einer Patchwork-Familie stellen sich für Kinderfreiträge besonders kniffelige Fragen:
♦ Keine Doppelvergünstigung
Die Freibeträge für Kinder werden für jedes Kind nur einem Berechtigten gewährt. Es gibt diese Vorteile also zeitgleich nur für einen Berechtigten, nicht doppelt.
Anlage K
Anlage Kind
♦ Jeder Elternteil nur die Hälfte
Im Gegensatz zum Kindergeld, das immer nur einer Person in voller Höhe gezahlt wird (§ 64 Abs. 1 EStG), stehen die Kinderfreibeträge grundsätzlich jedem Elternteil nur zur Hälfte zu (§ 32 Abs. 6 EStG). Dies kommt z. B. zum Tragen, wenn die Eltern einzeln veranlagt werden, weil sie getrennt leben oder nicht miteinander verheiratet sind. Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppeln sich die – halben - Beträge, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.
Beispiel:
A und B sind geschieden und haben ein gemeinsames - leibliches - minderjähriges Kind, das bei der Mutter lebt. Die Mutter erhält das Kindergeld in voller Höhe. Bei den Einzelveranlagungen von A und B erhalten beide Elternteile die halben Kinderfreibeträge, sofern günstiger als das halbe Kindergeld.
Das Kindergeld wird in diesem Fall jeweils zur Hälfte der Einkommensteuer hinzugerechnet. Beim Vater handelt es sich um eine fiktive Hinzurechnung, da er kein Kindergeld erhält. Er darf dafür seine Unterhaltsverpflichtung entsprechend kürzen. Der Vater erhält also über die Kürzung der Unterhaltsverpflichtung das ihm zustehende Kindergeld. Dazu mehr unter Zeile 6.
Abweichend davon erhält ein Steuerzahler nach § 32 Abs. 6 Satz 3 EStG die vollen Freibeträge für Kinder, wenn
Unter bestimmten Umständen können die halben Kinderfreibeträge von einem auf den anderen Elternteil übertragen werden
Damit es gerecht zugeht, stehen auch hier beiden Elternteilen - unterm Strich - für jedes Kind halbe Kinderfreibeträge zu.
♦ Fiktives Kindergeld beim Zahlvater
Beim Kindergeld besteht die Besonderheit, dass es nur ungeteilt ausgezahlt werden kann.
In der Praxis wird aber auch - in Unterhaltsfällen - das Kindergeld geteilt. Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes hat zunächst derjenige, in dessen Haushalt das Kind lebt (§ 64 Abs. 2 EStG). Das ist meistens die Mutter. Das Finanzamt prüft dann bei der Veranlagung beider Elternteile automatisch, was günstiger ist, die halben Freibeträge für Kinder oder das halbe Kindergeld. Es werden also zum Vergleich immer die halben Beträge (halbes Kindergeld und halbe Kinderfreibeträge) gegenüber gestellt.
Wenn günstiger, werden bei dem, der kein Kindergeld bezogen hat – das ist meistens der Vater - die halben Freibeträge für Kinder gewährt und fiktiv das halbe Kindergeld dagegen aufgerechnet. Dazu sind in den Zeilen 11–12 (Kindschaftsverhältnis zu weiteren Personen) zusätzliche Angaben zu machen.
Das Kindergeld wird also, wie bereits gesagt, nicht geteilt ausgezahlt, unterm Strich aber doch. Denn der Elternteil, der kein Kindergeld erhält (meistens der sog. Zahlvater), kann seine Unterhaltsleistungen für das Kind in Höhe des halben Kindergeldes kürzen. Dieser unterhaltsverpflichtete Elternteil erhält also seinen Kindergeldanteil auf einem Umweg, indem sich seine Unterhaltsverpflichtung verringert, und zwar in Höhe von 50 % des Kindergeldes. Zieht das Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung halbe Freibeträge für Kinder ab, weil das günstiger ist, wird also im Gegenzug das halbe Kindergeld fiktiv auf die Steuerschuld aufgeschlagen.
♦ Berechtigungsbestimmung, was bedeutet das?
Patchwork-Familien können durch eine so genannte »Berechtigungsbestimmung« festlegen, welcher leibliche Elternteil das Kindergeld beziehen soll. Das bringt dem Elternteil, dem das Kindergeld zugesprochen wird, mehr Geld in die Haushaltskasse, weil das Kindergeld steigt, je mehr Kinder zum Haushalt gehören. Die »Berechtigungsbestimmung« muss bei der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit (BA) beantragt werden. Das gilt ab 01.01.2017 auf für beamtete Kindergeldempfänger (Gesetz zur Beendigung der Sonderzuständigkeit der Familienkassen des öffentlichen Dienstes im Bereich des Bundes vom 8.12.2016 / BGBl 2016 I S. 2835).