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Steuerstrafverfahren

Zusammenfassung / Begriff

Zur Finanzierung unseres Staatswesens ist die öffentliche Hand auf die Erhebung von Steuern von seinen Bürgern angewiesen. Die Bürger sind verpflichtet, unter Androhung von Zwang die Steuergesetze zu beachten. 

Im Steuerrecht wird zwischen dem Besteuerungsverfahren und dem Steuerstrafverfahren unterschieden. 

Soweit Ihre Belange im Besteuerungsverfahren behandelt werden, gelten die Regelungen nach der Abgabenordnung (AO). Hier werden Sie moderat behandelt.

Ganz anders sieht es im Steuerstrafverfahren aus, wo die Regelungen der Strafprozessordnung (StPO) gelten. Der wichtigste Unterschied zwischen beiden Verfahren: Im Besteuerungsverfahren müssen Sie kooperieren, im Steuerstrafverfahren dürfen Sie Aussagen verweigern, also schweigen.

♦   Steuerhinterziehung als Straftat

Steuerhinterziehung ist eine Straftat (§ 370 AO). Deshalb gelten hier die Regeln der StPO.  Steuerhinterziehung setzt vorsätzliches Handeln voraus.  Wird die Tat dagegen leichtfertig begangen, liegt eine (bloße) Steuerordnungswidrigkeit vor, für die eine Geldbuße verhängt werden kann (§ 378 AO).

Vorsätzlich bedeutet: "Bewusst und gewollt die Hinterziehung / Tat begehen", leichtfertig bedeutet: "Besonders nachlässig handeln, die notwendige Sorgfalt bei der Steuererklärung außer Acht lassen".

Eine Strafe wegen Steuerhinterziehung wird vom Gericht festgesetzt. Beim Vorliegen einer Steuerordnungswidrigkeit entscheidet die Bußgeld- und Strafsachenstelle im Finanzamt über die Festsetzung einer Geldbuße, bei der im Gegensatz zu einer Bestrafung keine Eintragung in das Zentralregister erfolgt.

  • Strafmaß einer Steuerhinterziehung

Steuerhinterziehung ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe bedroht. In besonders schweren Fällen kann eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünfzehn Jahren verhängt werden (§ 376 Abs. 1 AO).  Auch der Versuch ist strafbar.

Übersicht

Summe der Steuerhinterziehung Strafe
Bis zu 1.000 € Keine Strafe, Einstellung ggfs. gegen Auflage
Von 1.000 € bis 50.000 €  Geldstrafe
Von 50.000 € bis 100.000 €  Geldstrafe oder Freiheitsstrafe, ggfs. gegen Bewährung
Von 100.000 € bis 1.000.000 € Geldstrafe oder Freiheitsstrafe, ggfs. gegen Bewährung
Mehr als 1.000.000 € Geldstrafe oder Freiheitsstrafe ohne Bewährung

 

♦   Wissenswertes für den "Hausgebrauch"

  • Im normalen Besteuerungsverfahren gelten die moderaten Regelungen der Abgabenordnung (§ 88 AO), im Steuerstrafverfahren hingegen die Regeln der Strafprozessordnung (StPO). Im Steuerstrafverfahen kann es zu Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen kommen. 
  • Im Besteuerungsverfahren muss der Steuerpflichtige mit dem Finanzamt kooperieren, d. h. der Steuerpflichtige muss mitwirken, die steuerlichen Sachverhalte aufzuklären (§§ 90, 93 AO), im Steuerstrafverfahren kann er hingegen die Mitwirkung verweigern. Es kann vom Finanzamt doppelgleisig (Besteuerungsverfahren + Strafverfahren) verfahren werden. Dazu unten mehr.
  • Die Mitwirkung im Besteuerungsverfahren kann erzwungen werden, durch Festsetzung von Verspätungszuschlägen (§ 152 AO), Zwangsgeldern (§ 328 AO), ja sogar durch Beugehaft / Ersatzzwangshaft oder durch grobe Schätzung der Besteuerungsgrundlagen. Im Steuerstraf- und Bußgeldverfahren ist die Anwendung von Zwangsmitteln unzulässig (§ 393 Abs. 1 Satz 2 AO). 
  • Die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens ist zwingend, sobald der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit besteht (§ 152 Abs. 2 StPO). Im Rahmen der Einleitung eines Strafverfahrens wird der Beschuldigte über seine Rechte nach der StPO (§ 136 StPO) aufgeklärt wird.

♦   Doppelgleisig: Steuerverfahren + Strafverfahren

Doppelgleisig bedeutet:  Auch nach Einleitung eines Strafverfahrens muss der Steuerpflichtige mit dem Finanzamt kooperieren, wenn es um die Ermittlung der nicht strafbefangenen Besteuerungsgrundlagen geht. Sein Aussageverweigerungsrecht erstreckt sich ausschließlich auf strafbewehrte Sachverhalte.

Die Doppelgleisigkeit wird deutlich, wenn zunächst im Ermittlungsverfahren die Besteuerungsgrundlagen geprüft werden und später ein Steuerstrafverfahren hinzukommt oder umgekehrt. Wichtig ist also aus Sicht des Steuerpflichtigen und Beschuldigten, für beide Verfahren eine günstige Lösung zu finden.

Das Finanzamt befindet sich dabei in einem Konflikt: Einerseits kann es im Besteuerungsverfahren die Mitwirkung des Steuerpflichtigen einfordern, anderseits muss es im Strafverfahren dem Beschuldigten seine Rechte zugestehen. 

♦   Selbstanzeige

Straffreiheit tritt ein, wenn der Täter sich selbst anzeigt (Selbstanzeige / § 371 Abs. 3 AO). Diese Regelung ist innerhalb der Strafgesetzgebung einmalig, weil eine begangene Straftat generell nicht rückgängig gemacht werden kann. 

Dies bedeutet: Die Bestrafung wegen einer Steuerstraftat, die begangen, aber nicht entdeckt ist, lässt sich vermeiden, wenn der Steuerpflichtige eine Selbstanzeige erstattet. Sie soll ihm die Möglichkeit eröffnen, zur Steuerehrlichkeit zurückzufinden. Gleichzeitig erhofft sich der Gesetzgeber zusätzliche Steuereinnahmen.

Dazu mehr im nächsten Beitrag.