Aktuelle Seite: Startseite > Inhalt > 19 Steuerstrafverfahren > 2.0.5 Doppelgleisige Ermittlungen zulässig
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Verfahrensrecht / Strafprozessordnung (Steuer)
Das Finanzamt darf auch dann eine Außenprüfung anordnen und beginnen, wenn zuvor bereits der Verdacht einer Steuerstraftat besteht. Die Ermittlungsmaßnahmen des Außenprüfers haben in diesem Fall eine Doppelfunktion: Doppelgleisig zugleich Ermittlung des steuerlichen und des strafrechtlichen Sachverhalts (BFH Beschluss vom 14. April 2020, VI R 32/17).
Im Streitfall unterhält der Stpfl. neben einer freiberuflichen Praxis einen verlustreichen landwirtschaftlichen Pferdezuchtbetrieb, aus dem er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärte. Das Finanzamt ordnete eine Außenprüfung des Pferdezuchtbetriebes an, nachdem es von dritter Seite einen Hinweis erhalten hatte, dass der Stpfl. Kosten des Pferdezuchtbetriebes in der Gewinnermittlung seiner freiberuflichen Praxis als Betriebsausgaben absetzt, um den Umstand der "Liebhaberei" seiner Pferdezucht zu verschleiern.
Mehr erfahren: ? Suchen anklicken und den Begriff >Liebhaberei< eintragen.
Mit der Revision rügt der Stpfl. die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Prüfungsanordnung und Prüfungserweiterung seien insbesondere wegen eines Verstoßes gegen § 393 Abs. 1 AO, § 10 der Betriebsprüfungsordnung (BpO) rechtswidrig. Das Finanzamt habe ihn schon bei Erlass der Prüfungsanordnung aufgrund der falschen Anschuldigung eines Dritten der Begehung einer Steuerstraftat verdächtigt und ihn bei Beginn der Prüfung hierüber weder in Kenntnis gesetzt noch steuerstrafrechtlich belehrt. Damit sei der verfassungsmäßig garantierte Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit des Klägers unterlaufen worden.
Dies sieht der BFH anders. Für die Anordnung einer Außenprüfung ist unerheblich, ob hinsichtlich der betroffenen Steuerarten und Besteuerungszeiträume der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat besteht. Die Anordnung einer Außenprüfung ist auch zulässig, soweit ausschließlich festgestellt werden soll, ob und inwieweit Steuerbeträge hinterzogen oder leichtfertig verkürzt worden sind. Eine sich insoweit gegenseitig ausschließende Zuständigkeit von Außenprüfung und Steuerfahndung besteht nicht.
ʘ 17.06.2021