Helfer in Steuersachen

Steuern? Mach ich selbst.

2.4.2 Hinweis zu Zeile 19-21 Krankheitskosten (ABC)

Anlage Außergew. Belastungen

♦   Fehlende Krankenversicherung

Krankheitskosten sind auch dann außergewöhnliche Belastungen, wenn der Steuerpflichtige seiner Krankenversicherungspflicht nicht nachkommt. Voraussetzung ist jedoch, dass der Nachweis der Zwangsläufigkeit der Kosten nach § 64 EStDV erbracht wird (FinMin Hamburg, 20.4.2015, S 2284 - 2014/009 – 52).

Dies steht im Gegensatz zu einer anderen Regelung, wonach Aufwendungen für verloren gegangenen Hausrat durch Brand oder Naturgewalten nur absetzbar sind, wenn der Steuerpflichtige allgemein zugängliche und übliche zumutbare Versicherungsmöglichkeiten (z. B. Hausratversicherung) wahrgenommen hat (BFH Urteil vom 26.06.2003 - III R 36/01). Dazu auch R 33.2 EStR.

Bei  Krankheitskosten wird dies offensichtlich anders beurteilt.

♦   Krankheitskosten durch grobe Fahrlässigkeit abzugsfähig?

Bei Krankheitskosten ist die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen auch dann anzunehmen, wenn die Krankheit grob fahrlässig verschuldet wurde, z. B. durch einen grob fahrlässig verschuldeten Unfall oder durch Alkohol- oder Nikotinmissbrauch.

  • Rein altersbedinge Kosten nicht absetzbar

Rein altersbedingte Kosten sind nicht absetzbar. Sie entstehen, wenn z. B. ein älterer Mensch nicht mehr für sich selbst sorgen kann und gepflegt werden muss. Solche Kosten gelten nicht als außergewöhnlich, denn sie sind mit dem Grundfreibetrag und dem Altersentlastungsbetrag abgegolten (BFH, 14.11.2013,VI R 20/12 / Aufwendungen für die Unterbringung im Seniorenwohnstift).

Deshalb sind auch Aufwendungen für Besuchsfahrten zu einem Angehörigen im Altenheim grundsätzlich keine außergewöhnlichen Belastungen, wenn der Angehörige aus altersbedingten Gründen im Altenheim lebt (Hessisches FG Urteil vom 17.08.2010 - 10 K 2787 / 07).

Damit Aufwendungen für die Unterbringung im Pflegeheim abzugsfähig sind, muss deshalb der Zustand der Pflegebedürftigkeit vorliegen. Pflegebedürftig ist ein Mensch, wenn er schwerbehindert ist mit Merkzeichen H im Schwerbehindertenausweis oder von einer Pflegekasse einen der Pflegegrade 2-5 erhalten hat. 

Unabhängig davon gibt es Pflegegeld von der Pflegeversicherung ab Pflegegrad 1. 

♦   Beruflich veranlasste Krankheitskosten?

Prüfen Sie zunächst immer, ob Ihre Krankheitskosten nicht vielleicht Werbungskosten oder Betriebsausgaben sind. Der Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben führt zu einer  höheren Steuerersparnis, weil keine zumutbare Belastung abgezogen wird und die Kosten sich deswegen in voller Höhe auswirken.

Berufsbedingte unmittelbare Krankheitskosten werden zwar von der Berufsgenossenschaft übernommen. Insoweit ist der Erkrankte nicht belastet, wenn er z. B. an einer sog. Berufskrankheit leidet oder einen beruflich bedingten Unfalls erlitten hat.

Berufsbedingte mittelbare Krankheitskosten werden indessen nicht von der Berufsgenossenschaft übernommen (z. B. Fahrtkosten). Diese Kosten sind aber durch den Pauschbetrag für Körperbehinderung abgegolten (R 33b EStR).

Typische Berufskrankheiten

Sie sind völlig aus dem Schneider, wenn Ihre Krankheit als typische Berufskrankheit eingestuft wird. Bei typischen Berufskrankheiten wird die berufliche Veranlassung der Kosten nicht mehr geprüft, sondern einfach unterstellt. Zu den typischen Berufskrankheiten zählen Bleivergiftungen in der Blei verarbeitenden Industrie, Staublunge in Gießerei- und Bergbaubetrieben, Strahlenschäden in der Strahlenmedizin, Infektionskrankheiten, z. B. Aids, Hepatitis, Tuberkulose beim medizinischen Dienst, Schultergelenkkrankheiten wie ein Impingement-Syndrom bei einem Geigenspieler, aber auch Vergiftungserscheinungen bei Arbeitnehmern in der Chemieindustrie, Gelbsucht bei Chirurgen und Zahnärzten, Tuberkulose beim Lungenfacharzt, Erkrankung der Wirbelsäule durch Heben und Tragen von schweren Lasten.

♦   ABC-Krankheitskosten

Aufwendungen für die unmittelbare eigentliche Heilbehandlung werden ohne Wenn und Aber als außergewöhnliche Belastung anerkannt, ohne dass es im Einzelfall einer Prüfung nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG auf Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf.

Dazu gehören:

  • Arzneimittel

Bei Aufwendungen für Arzneimittel ist eine Verordnung eines Arztes oder eines Heilpraktikers erforderlich (§ 64 EStDV). Ausgaben für nicht rezeptpflichtige Medikamente sind steuerlich abziehbar, wenn sie - nach Menge und Gegenstand spezifiziert - ärztlich verordnet wurden und die Kasse eine Erstattung abgelehnt hat (BFH, 11.1.1991 - III R 70/88).

  • Abmagerungskur

Der Abzug von Aufwendungen für die Teilnahme an einem Abmagerungsprogramm als außergewöhnliche Belastung setzt voraus, dass ihre medizinische Notwendigkeit durch ein vor Behandlungsbeginn ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Attest nachgewiesen wird (BFH Beschluss vom 29.05.2007 - III B 37/06).

Gewichtsverlust mehr als 30 kg?

Leider sind die Aufwendungen für die Anschaffung neuer Kleidungsstücke infolge einer  Abmagerungskur  keine außergewöhnliche Belastung (BFH 17.07.1981 - VI R 105/78). Entsprechendes gilt für Änderungskosten. Übergewicht sei ebenso wenig wie Übergröße zwangsläufig (FG Düsseldorf Urteil vom 15.07.2013 - 9 K 3744/12 E). Bei einer erheblichen Gewichtsreduzierung (von mehr als 30 kg) sei indessen ein Mindestbestand an Bekleidung als außergewöhnlich anzuerkennen, so ein nicht veröffentlichtes Urteil des FG Düsseldorf 13.8.1981 - IX 457/77.

  • Augenoperation

Aufwendungen für Ärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Psychotherapeuten sind abziehbar, auch für eine Augenoperation durch Laserbehandlung.

  • Demenzerkrankung.

Bei dieser Unterbringung im Pflegeheim ist eine Unterscheidung zwischen normaler Erkrankung und Demenz nicht vorzunehmen. Auch Krankheiten wie Demenz, die im Alter häufig auftreten, können eine krankheitsbedingte Unterbringung rechtfertigen. Dass eine ständige Pflegebedürftigkeit noch nicht gegeben ist, muss dem nicht entgegenstehen (Niedersächsisches FG, 20.09.2017, 9 K 257/16).

  • Diätkosten

Aufwendungen für eine Diät, auch wenn ärztlich verordnet, sind nicht abziehbar (§ 33 Abs. 2 Satz 3 EStG). Die Einhaltung einer Diät führe im Allgemeinen nicht zu einer Mehrbelastung, oft sogar zu Einsparungen, so die Begründung des Gesetzgebers.

  • Fahrtkosten

Es sind nur Fahrtkosten abzugsfähig, soweit sie zu den unmittelbaren Krankheitskosten gehören wie z. B.  Ihre Fahrten zum Arzt, zum Krankenhaus oder zur Kur.

Anerkannt werden aber nur die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel. PKW-Kosten in Höhe des allgemeinen Pauschsatzes von 0,30 € je km werden anerkannt, wenn keine akzeptable öffentliche Verkehrsverbindung besteht (Abschn. 9.5 LStH/BFH Urteil vom 03.12.1998 - III R 5 / 989). Die entstandenen Fahrtkosten sind nachzuweisen.

Im Notfall werden auch Taxikosten anerkannt, wenn Sie darlegen können, dass es Ihnen gesundheitlich so schlecht ging, weder mit dem Bus noch mit dem eigenen Auto fahren zu können (BFH 30.06.1967 - VI R 104/66).

Nachweise beschaffen

Lassen Sie sich jede Fahrt zum Arzt, zur Apotheke oder zum Krankenhaus abstempeln und listen alle Fahrten für die Steuererklärung auf: Summe der gefahrenen Kilometer z. B. 680 km x 0.30 € = 204 € als außergewöhnliche Belastung anzusetzen.

  • Besuchsfahrten

Die Kosten für Besuchsfahrten zu einem für längere Zeit im Krankenhaus liegenden Ehegatten oder Kind sind absetzbar bei Vorlage einer Bescheinigung des Krankenhaus (§ 64 Abs. 1 Nr. 3 EStDV).

Im Einzelnen: Aufwendungen für Fahrten zu einem kranken Angehörigen sind mittelbare Krankheitskosten und somit nicht abzugsfähig (BFH Beschluss vom 25.02.2009 - VI B 147 / 08). Es sei denn, die Aufwendungen sind medizinisch veranlasst. Hierfür bedarf es einer Bescheinigung des behandelnden Krankenhausarztes, aus der hervorgehen muss, dass bei der konkreten Krankheit z. B. gerade der Besuch des Ehegatten zur Heilung oder Linderung entscheidend beitragen kann. Aus der Bescheinigung sollte auch hervorgehen, in welcher Weise der Besucher in den Heilungsprozess eingebunden ist (FG München 22.9.2008 - 7 K 4430/06).

Betuchte Angehörige besucht?

Das FG München ist einer ganz perfiden Idee unterlegen, indem es die Anerkennung der Kosten für Besuchsfahrten ablehnte mit der Begründung, die Besucher hätten den besuchten Angehörigen nicht ernsthaft aufgefordert, sich die Fahrten bezahlen zu lassen. Bei einer Rente von mtl. 1.590 € sei dies durchaus möglich gewesen (FG München 22.09.2008 - 7 K 4430/06).

  • Fahrtkosten bei Gruppentherapie (Alkoholkrank)

Alkoholismus ist krankhaft. Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen durch den Besuch einer Gruppe der Anonymen Alkoholiker entstehen, sind deshalb als unmittelbare Krankheitskosten zu berücksichtigen, wenn die Teilnahme an den Gruppentreffen als therapeutische Maßnahme zur Heilung von Trunksucht medizinisch indiziert ist. Der Nachweis dieser Voraussetzungen ist durch ein vor Beginn der Therapie ausgestelltes amtsärztliches Zeugnis zu erbringen, das auch die voraussichtliche Dauer der empfohlenen Teilnahme an der Gruppentherapie enthält (BFH Urteil vom 13.02.1987 - III R 208/81). Zumindest die Fahrtkosten können Sie geltend machen.

  • Hilfsmittel

Aufwendungen für Hilfsmittel sind als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn vom Amtsarzt oder dem Medizinischen Dienst der Krankenkasse verordnet (§ 64 Abs. 1 Nr. 2e EStDV i V. mit § 33 SGB V), z. B. für Prothesen, Einlagen, Brillen, Hörgeräte, Bruchbänder, Zahnprothesen, orthopädische Schuhe. Auch Haarersatz wird bei medizinischer Notwendigkeit anerkannt.

Der Steuerpflichtige erhält bei Erwerb dieser Hilfsmittel keinen Gegenwert, der dem Abzug entgegenstünde. Es werden vielmehr die verloren gegangenen Erstlingsgaben der Natur ausgeglichen.

Der Fiskus verlangt somit  ein vor Erwerb ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.09.1998 - 14 K 147/96 / Aufwendungen für ein Haarteil / Toupet). Auch eine Bandscheibenmatratze oder ein Lattoflex-Rahmen sind mit Attest vom Amts- oder Vertrauensarzt abzugsfähig (FG Rheinland-Pfalz v. 25.5.2004 – 1 K 2625 / 03).

  • Krankenhauskosten

Krankenhauskosten auch für Einbettzimmer einschließlich der Zuzahlungen sind abziehbar, nicht hingegen Trinkgelder an das Krankenhauspersonal und Kosten für den Telefon- und Fernsehapparat (BFH vom 30.10.2003 - BStBl 2004 II S. 270). Krankenhauskosten werden ohne Kürzung um eine Haushaltsersparnis als außergewöhnliche Belastung anerkannt, weil die Kosten der Lebenshaltung im Krankenhaus  höher berechnet werden als die Kosten im eigenen Haushalt ausmachen würden. Damit ist nicht die zumutbare Belastung gemeint, die auch bei Krankheitskosten greift.

Erstattung von Krankenhauskosten

Das Kostenrisiko einer Krankenhausbehandlung kann durch einen Zusatztarif (Krankenhaustagegeldversicherung) gemindert werden. Dabei ist zu unterscheiden: Die Leistungen aus einer Krankenhaustagegeldversicherung sind mit den Krankenhauskosten aufzurechnen. Nicht hingegen aufzurechnen sind die Leistungen aus einer Krankentagegeldversicherung. 

Im Einzelnen:

Die Krankentagegeldversicherung deckt prinzipiell das Risiko des Ausfalls von Einnahmen im Krankheitsfalle ab. Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung sind somit nicht mit Krankheitskosten aufzurechnen, die der Steuerzahler als außergewöhnliche Belastung geltend macht (BFH vom 22.5.1969 - BStBl II S. 489). Entsprechendes gilt für eine Praxis-Ausfallversicherung, soweit die Gefahr einer krankheits- oder unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit versichert ist (BFH Urteil vom 18.08.2009 - X R 21 / 07).

Die Krankenhaustagegeldversicherung deckt hingegen ein Krankheitsrisiko ab, nämlich das Risiko eines mit eigenen hohen Kosten verbundenen Krankenhausaufenthalts. Werden Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht, so sind die Leistungen aus der Krankenhaustagegeldversicherung gegenzurechnen (BFH, Urteil v. 22.10.1971, VI R 242 / 69, BStBl 1972 II S. 177).

  • Künstliche Befruchtung

Aufwendungen für künstliche Befruchtung sind bei heterosexuellen als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, da krankheitsbedingt (einer der Partner unfruchtbar ist oder  vermindert unfruchtbar (BFH Urteil vom 18.06.1997 - III R 84 / 96).

Auch im Falle der nachweislichen Unfruchtbarkeit des Ehemannes sind die Kosten für die - heterologe - künstliche Befruchtung, bei welcher die Frau mit dem Sperma eines Dritten (Spenders) befruchtet wird, als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig ist (BFH Urteil vom 16.12.2010 - VI R 43/10).

Eizellenspende keine außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen für eine künstliche  unter Verwendung von gespendeten Eizellen können nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, weil die Behandlung nicht mit dem deutschen ESchG vereinbar ist. Nach deutschem Recht ist die künstliche Befruchtung mit Hilfe einer Eizellenspende, d.h. eine künstliche Befruchtung unter Verwendung einer Eizelle, die nicht von der Frau stammt, deren Schwangerschaft mit der künstlichen Befruchtung herbeigeführt werden soll, unzulässig (§ 1 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 ESchG).

Denn eine nach nationalem Recht verbotene Behandlung kann keinen zwangsläufigen Aufwand i.S. des § 33 Abs. 1 EStG begründen.

Das FG hat die Aufwendungen für die künstliche Befruchtung unter Verwendung der von der Schwester der Ehefrau gespendeten Eizelle somit zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Mit dem Verbot soll eine Aufspaltung der Mutterschaft in eine genetische Mutter (die Eizellenspenderin und die austragende Mutter verhindert werden (BFH Urteil vom 25.01.2022 - VI R 34/19).

  • Ersatzmutterschaft / Leihmuttermutterschaft

Die Kosten für eine Leihmutterschaft sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, wenn sie krankheitsbedingt sind. Das ist bei heterosexuellen Paaren der Fall, nicht aber beim gleichgeschlechtlichen Paaren. Deshalb sind die Kosten für eine Leihmutterschaft bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht als außergewöhnlichen Belastungen abzugsfähig (BFH Urteil vom 10.08.2023 - VI R 29/21).

Im Streitfall hatten zwei Männer, die im Jahr 2017 die Ehe geschlossen hatten und zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden, in ihrer Einkommensteuererklärung Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft in Höhe von … € als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht.

Das Ersatzmutterschaftsverhältnis wurde in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) begründet und durchgeführt. Die Ersatzmutter war eine dort lebende Frau, die bereits zwei eigene Kinder hatte. Die Schwangerschaft der Ersatzmutter wurde durch eine künstliche Befruchtung herbeigeführt. Die Eizelle stammte von einer anderen in den USA lebenden Frau. Die Samenzellen stammten von einem der Männer (Kläger). Aufgrund der künstlichen Befruchtung trug die Ersatzmutter ein Kind aus, welches seitdem bei den Klägern als Eltern in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) lebt.

Die Aufwendungen für die Ersatzmutterschaft wurden nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt, weil nicht zwangsläufig entstanden, insbesondere keine Krankheitskosten sind.

  • Psychotherapie

Aufwendungen für eine Psychotherapie nach ärztlichem Gutachten oder Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes sind absetzbar (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 bEStDV).

  • Schönheitsoperation

Aufwendungen für eine Schönheitsoperation können nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn vor Durchführung der Operation ein amtsärztliches Gutachten erstellt worden ist, aus dem sich die Notwendigkeit der Operation ergibt (FG Hamburg Urteil vom 27.04.2005 - II 76/03).

Im Streitfall litt die Klägerin an einer abnormen Residualfettablagerung am unteren Rückenwulst sowie an den Hüft- und Taillenregionen. Wegen der körperlichen Beeinträchtigungen litt sie unter psychischen Beschwerden und war deshalb in psychotherapeutischer Behandlung.

Im Dezember ….. ließ sie eine Operation durchführen, ohne zuvor einen Amtsarzt zu konsultieren. Die gesetzliche Krankenkasse ersetzte die Kosten nicht.

Das FG Hamburg hat die Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen angesehen und den Abzug verneint. Es handele sich um Kosten für eine Maßnahme, die nach der Lebenserfahrung nicht ausschließlich von Kranken aufgrund einer medizinischen Indikation unmittelbar zur Behandlung oder Linderung einer Krankheit ergriffen werde. Diese Aufwendungen seien nur dann als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn im Einzelfall durch ein vor Durchführung der Maßnahme ausgestelltes amtsärztliches oder vertrauensärztliches Zeugnis nachgewiesen wird, dass die Maßnahme zur Heilung oder Linderung einer Krankheit des Steuerpflichtigen notwendig ist und dass eine andere Behandlung nicht oder kaum Erfolg versprechend erscheint (BFH vom 12.09.1996, III B 70/96, BFH/NV 1997, 291).

  • Schuldzinsen

Zinsen und Nebenkosten für einen Kredit zu einer medizinischen Behandlung sind zwangsläufige Folgekosten und damit abziehbar.

Dies bedeutet: Schuldzinsen und andere mit einem Kredit zusammenhängende Nebenkosten sind als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn die Schuldaufnahme mit Krankheitskosten im Zusammenhang steht, z. B. bei einer aufwändigen Zahnsanierung.

  • Trinkgelder

Trinkgelder an das Krankenhauspersonal gehören nicht zu den mittelbaren Krankheitskosten und sind deshalb nicht absetzbar (BFH 30.10.2003 - III R 32/01). Trinkgelder sind nicht zwangsläufig i.S. des § 33 EStG, und zwar unabhängig davon, ob die zugrunde liegende Leistung selbst als außergewöhnliche Belastung zu beurteilen ist, weil sie zivilrechtlich nicht geschuldet werden.

  • Zahnimplantat / Zahnprothesen

Auch Aufwendungen für Zahnprothesen und Zahnimplantate sind Krankheitskosten und damit als außergewöhnliche Belastung grundsätzlich abzugsfähig (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. November 2007 2 K 5507/04 B).

♦   Unmittelbare und mittelbare Krankheitskosten

Das Gesetz unterscheidet zwischen unmittelbaren und mittelbaren Krankheitskosten. Beide sind abzugsfähig.

Unmittelbare Krankheitskosten werden ohne nähere Überprüfung anerkannt, wie z. B. Aufwendungen für Medikamente, die von einem Arzt verschrieben wurden.

Mittelbare Krankheitskosten sind Aufwendungen, die in einem gewissen Zusammenhang mit der Erkrankung stehen und oft vorher vom Amtsarzt als notwendig erachtet werden müssen, wenn ein Abzug als außergewöhnliche Belastungen erfolgen soll, z. B. für Fahrtkosten zum Arzt oder zum Krankenhaus, eine Kur, Kosten für den Privatschulbesuch eines Kindes oder bestimmte Umbaukosten der Wohnung im Falle einer Behinderung.

Aufwendungen, die nur in einem losen Zusammenhang mit einer Erkrankung stehen, sind nicht abzugsfähig, wie z. B. Besuchsfahrten zu einem erkrankten Angehörigen im Krankenhaus, Einbau eines Schwimmbades oder eines Aufzugs.

  • Mittelbare Krankheitskosten sind 

Betreuungsfahrten

Aufwendungen durch Fahrten zu Angehörigen sind keine außergewöhnliche Belastungen, auch wenn sie von Ihnen betreut und versorgt werden (BFH Urteil vom 22.10.1996 - III R 265/94).

Im Streitfall betreuten und versorgten die Steuerpflichtigen etwa alle 14 Tage ihre etwa 400 km entfernt lebenden Eltern bzw. Schwiegereltern und machten die ihnen dafür entstandenen Kosten als außergewöhnliche Belastungen geltend.

Die Eltern bzw. Schwiegereltern waren im Streitjahr 82 bzw. 84 Jahre alt und lebten in einem "Heim für altersgerechtes Wohnen" in einer eigenen, mit besonderen Hilfsvorrichtungen ausgestatteten Wohnung. Pflegerische Leistungen werden in diesem Heim nicht erbracht. Die Eltern erhielten jedoch täglich eine warme Mahlzeit ("Essen auf Rädern"); zweimal in der Woche erledigte ein Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt für sie kleinere Einkäufe und kümmerte sich um die Wohnung.

Die Kläger badeten und wuschen ihre Eltern, reinigten deren Wäsche, tätigten größere Einkäufe (Lebensmittel, Getränke, Kleidung), mit denen die Eltern u.a. ihre übrigen Mahlzeiten selbst zubereiteten, versorgten die Wohnung und erledigten Schriftverkehr.

Das Finanzamt hat zu Recht die Zwangsläufigkeit der den Klägern entstandenen Aufwendungen verneint. Seine Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, die Kläger seien zu den hier streitigen Aufwendungen i.S. von § 33 Abs. 2 EStG sittlich verpflichtet gewesen.

Mietabfindung

Eine Mietabfindung an den Vormieter ist steuerlich absetzbar, wenn ein Wohnungswechsel wegen eines schwer behinderten (völlig gelähmten)  Kindes notwendig geworden ist (BFH Urteil vom 14.12.1965 - VI 102/65 U).

Im Streitfall hatten die Steuerpflichtigen früher eine Wohnung im 3. Stock, die sie wechseln mussten, weil sie ihren im Streitjahr 20jährigen völlig gelähmten Sohn nicht mehr über die ungünstige Treppe zur Straße heruntertragen konnten.

Treppenschräglift

Ein Treppenschräglift ist kein Hilfsmittel i. S. des § 64 Satz 1 EStDV. Für den Abzug von Aufwendungen für einen Treppenschräglift als außergewöhnliche Belastungen ist kein vorheriges amtsärztliches Gutachten erforderlich.

Die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für die Anschaffung von medizinischen Hilfsmitteln, wie z. B. eines Treppenschräglifts, die nicht unter § 64 Satz 1 EStDV fallen und sowohl von kranken als auch von gesunden Menschen angeschafft werden, ist nach den allgemeinen Beweisregeln zu beurteilen. Es gilt die freie Beweiswürdigung. Danach kommt es lediglich darauf an, ob die Anschaffung eines Treppenschräglifts krankheitsbedingt notwendig ist (BFH Urteil vom 06.02.2014 - VI R 61/12).

 

Übernachtungskosten

Sind Sie zur Behandlung einer Krankheit zu einem weit auswärts wohnenden Arzt oder Heilpraktiker gefahren und haben bis zum Abschluss der Behandlung in einem Hotel gewohnt, sind auch diese Kosten und die Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastungen absetzbar (FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 19.08.1980 - II 208/79). Dies gilt auch dann, wenn die Behandlung zuhause hätte preiswerter sein können.

Urlaubsbegleitung

Ein Körperbehinderter, bei dem die Notwendigkeit ständiger Begleitung nachgewiesen ist, kann Mehraufwendungen, die ihm auf einer Urlaubsreise durch Kosten für Fahrten, Unterbringung und Verpflegung der Begleitperson entstehen, bis zu 767 € neben dem Pauschbetrag für Körperbehinderte als außergewöhnliche Belastung abziehen (BFH Urteil vom 04.07.2002 - III R 58/98).

 

Umzugskosten

 

Privat veranlasste Umzugskosten sind unabhängig vom Grund ihres Entstehens grundsätzlich keine außergewöhnliche Belastung, weil sie typische Lebenshaltungskosten darstellen, mit denen jedermann zu rechnen hat (BFH Beschluss vom 08.10.2008 - VI B 66/08). Etwas Anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn der Umzug wegen einer Krankheit zwingend erforderlich ist.

 

Umzugskosten in Form einer Mietabfindung, die ein Steuerpflichtiger zur Erlangung einer geeigneten Wohnung an den Vormieter bezahlt, können ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG zu berücksichtigen sein, wenn der Wohnungswechsel wegen der Krankheit eines völlig gelähmten Sohnes notwendig ist (BFH Urteil vom 14.12.1965 - VI 102/65 U).

Soweit Umzugskosten als außergewöhnliche Belastung ausscheiden, machen Sie zumindest eine Steuerermäßigung von 20 % für haushaltsnahe Aufwendungen geltend (§ 35 a EStG).

 

Umbaukosten

Der BFH weist im Urteil vom 24.02.2011 - VI R 16 / 10 darauf hin, dass die Aufwendungen, die auf einem behindertengerechten Umbau des individuellen Wohnumfelds beruhen, stets so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit stehen, dass die Erlangung eines etwaigen Gegenwerts in Anbetracht der Gesamtumstände regelmäßig in den Hintergrund tritt. Im Urteilsfall war eines der Kinder des Steuerzahlers von Geburt an schwerbehindert und die Eltern haben daraufhin ihr älteres Haus umgebaut und modernisiert. Der BFH erkannte die behinderungsbedingten Umbaukosten für die von dem behinderten Kind genutzten Wohnräume als außergewöhnliche Belastungen an.

Auch sind bauliche Veränderungen an einem Einfamilienhaus zum Einbau eines fahrbaren Hebeapparats / Treppenlifts zwangsläufig, wenn der Steuerzahler schwerbehindert ist (Sächsisches FG 12.10.2006 - 2 K 1859/04), desgleichen Einbau einer Spezialbadewanne (Sitzbadewanne mit Wannentür) — FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 23.10.2001 — 2 K 2105/01.

Für den Nachweis der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen ist die Vorlage folgender Unterlagen ausreichend:
  1. der Bescheid eines gesetzlichen Trägers der Sozialversicherung oder der Sozialleistungen über die Bewilligung eines pflege- bzw. behinderungsbedingten Zuschusses (z. B. zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs. 4 SGB XI) oder
  2. das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) oder der Medicproof Gesellschaft für Medizinische Gutachten mbH.