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Anlage Außergew. Belastungen
Zusammenfassung / Begriff
Zu den behinderungsbedingten Aufwendungen gehören auch Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau oder Neubau einer Wohnung oder eines Hauses.
Mit dem Behinderten-Pauschbetrag werden nur die typischen Mehraufwendungen abgedeckt, die durch die Behinderung entstehen. Der Behinderten-Pauschbetrag soll nur bestimmte Erschwernisse ausgleichen, die behinderten Menschen im Verhältnis zu Nichtbehinderten haben (§ 33b Abs. 1 EStG).
Anlage Außergew. Belastungen
Um- und Neubaukosten eines Hauses oder einer Wohnung können zusätzlich zum Behinderten-Pauschbetrag als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend gemacht werden, soweit die Baumaßnahme durch die Behinderung bedingt ist.
Für den Nachweis der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen ist die Vorlage folgender Unterlagen notwendig:
♦ Verteilung der Aufwendungen auf fünf Jahre
Das Finanzgericht des Saarlandes hält in extremen Fällen eine Billigkeitsregelung dahingehend für angemessen, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Wohngebäudes - mit Umbaukosten in Höhe von 135.143 € - in Anlehnung an den Rechtsgedanken, der dem § 82b EStDV und dem § 34 Abs. 1 EStG zugrunde liegt - auf maximal 5 Jahre verteilen kann (FG des Saarlandes vom 06.08.2013 - 1 K 1308/12 rk).
Anlage Außergewöhnliche Belastungen
♦ BFH-Entscheidungen zu Umbaukosten / Mehraufwendungen
Aufwendungen für die behindertengerechte Umgestaltung einer Wohnung, z. B. durch Einbau eines Treppenliftes, sind neben dem Behinderten-Pauschbetrag als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.
Die leibliche Tochter B der Eltern A ist schwerbehindert (Grad der Behinderung 100 %). Ein 1.295 qm großes bebautes Grundstück, erworben zu einem Kaufpreis von 30.000 € (Gebäude Baujahr ca. 1900), wurde von den Eltern nach Erwerb für 193.800 € modernisiert und behinderungsgerecht umgebaut.
Die Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds der Tochter in Höhe an 29.390 €, von einem Gutachter festgestellt, sind zwangsläufig erwachsen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG) und damit als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau einer Dusche sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. In diesem Fall kommt ein Abzug von Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 5 EStG nicht in Betracht (FG Baden-Württemberg Urteil vom 19.03.2014 - 1 K 3301/12). Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit genügt ein Schreiben des Hausarztes.
Höhere Mietzahlungen, die einen zusätzlichen, weiteren Wohnbedarf abdecken, weil die Wohnung, die den existentiellen, ersten Wohnbedarf abdecken sollte, nicht mehr bewohnbar ist, können außergewöhnliche und aus tatsächlichen Gründen zwangsläufige Aufwendungen sein.
Die Aufwendungen zur Sanierung eines Hauses (wegen Asbest, Holzschutzmittel) können außergewöhnliche Belastungen sein.
Die Kläger erwarben im Kalenderjahr ... ein mit einem Fertighaus bebautes Grundstück. Das im Jahr 1973 errichtete Gebäude besteht im Wesentlichen aus Holz. Die tragenden Holzbauteile des Gebäudes wurden seinerzeit (im Baujahr) mit nicht verbotenen Holzschutzmitteln imprägniert. Nach neueren Erkenntnissen sind die Holzschutzmittel gesundheitsschädlich. Die Außenfassade des Gebäudes war teilweise mit asbesthaltigen Faserzementplatten verkleidet. Dahinter befanden sich formaldehydhaltige Spanplatten.
Die entstandenen Sanierungskosten sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig: Gehen von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs konkrete Gesundheitsgefährdungen aus, entstehen die Aufwendungen zur Beseitigung dieser Gefährdung dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG) und sind deshalb grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung abziehbar (BFH-Urteile vom 9. August 2001 III R 6/01, BFHE 196, 492, BStBl II 2002, 240, Aufwendungen für die Asbestsanierung der Außenfassade eines Wohnhauses; vom 23. Mai 2002 III R 52/99, BFHE 199, 287, BStBl II 2002, 592, Aufwendungen für den Austausch mit Formaldehyd verseuchter Möbel, und vom 11. November 2010 VI R 16/09, BFHE 232, 34, BStBl II 2011, 966).
Aufwendungen für die Sanierung eines mit Echtem Hausschwamm befallenen Gebäudes können außergewöhnliche Belastungen sein.
Aufwendungen zur Sanierung eines mit Echtem Hausschwamm befallenen Gebäudes können im Einzelfall ein unabwendbares Ereignis sein und wenn der Befall nicht beseitigt wird, eine konkrete Gefahr der Unbewohnbarkeit eines Gebäudes droht und daraus eine aufwendige Sanierung folgt.
Höhere Anschaffungskosten für ein Grundstück sind keine außergewöhnlichen Belastungen.
Entschließt sich der Steuerpflichtige ein Grundstück zu erwerben, um hierauf einen Neubau zu errichten, hängen sowohl die Größe des Grundstücks als auch die konkrete Gestaltung des neuen Hauses, insbesondere dessen Wohnfläche, zunächst von seinem Geschmack, seinen Lebensgewohnheiten, den ihm für den Bau zur Verfügung stehenden Mitteln und anderen selbst bestimmten Vorentscheidungen ab (Senatsurteil in BFHE 232, 518, BStBl II 2011, 1012, m.w.N.). Das gilt selbst dann, wenn der Steuerpflichtige oder ein in seinem Haushalt lebender Angehöriger infolge einer Krankheit oder eines Unfalls in seiner bisherigen Wohnung bzw. in seinem bisherigen Haus nicht wohnen bleiben kann.
Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau einer Motoryacht erwachsen dem Steuerpflichtigen nicht zwangsläufig und sind deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG zu berücksichtigen
Aufwendungen für die Anschaffung und den Unterhalt einer Motoryacht entstehen daher nicht zwangsläufig. Der Steuerpflichtige ist weder aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen verpflichtet, derartige Konsumaufwendungen zu tragen. Sie stehen vielmehr in seinem Belieben. Das gilt auch für Mehraufwendungen, die erforderlich sind, ein solches Boot behindertengerecht umzugestalten. Diese Aufwendungen sind nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern ‑‑anders als die krankheits- oder behindertengerechte Ausgestaltung des individuellen (existenziell wichtigen) Wohnumfelds (vgl. Senatsurteil in BFHE 237, 90, BStBl II 2012, 572, sowie Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6. Mai 1994 III R 27/92, BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104)‑‑ in erster Linie Folge eines frei gewählten Konsumverhaltens.
Umbau eines PKW: In einem besonders schweren Fall körperlicher Einschränkungen hatte das Finanzgericht Hessen mit Urteil vom 23.6.2016 – 6 K 2397/12 – zu Gunsten eines Steuerpflichtigen entschieden, dass behinderungsbedingte Fahrzeugkosten unbegrenzt als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien.
Der BFH stellte zudem fest, dass Aufwendungen für den behinderungsgerechten Umbau des Kraftfahrzeuges nicht auf die Nutzungsdauer zu verteilen sind, sondern im Veranlagungszeitraum der Zahlung als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG abziehbar sind.