Steuern? Mach ich selbst.
Anlage Außergew. Belastungen
♦ Häusliche Pflege und Pflege bei Heimunterbringung
Trotz Pflegeversicherung sind Sie finanziell nicht aus dem Schneider, wenn es Sie oder einen nahen Angehörigen wirklich einmal so hart trifft, dass eine häusliche Pflege notwendig wird oder sogar die Unterbringung in einem Pflegeheim zwingend ist.
Wollen Sie eine einigermaßen anständige Betreuung, müssen Sie meistens tief in die eigene Tasche greifen.
Die gute Nachricht: Ihre Aufwendungen für die häusliche Pflege oder die Unterbringung in einem Pflegeheim oder in der Pflegestation eines Altenheims können Sie als allgemeine außergewöhnliche Belastungen beim Finanzamt geltend machen (Zeile 32).
Anlage Außergew. Belastungen Papierformular
♦ Pflegedürftigkeit
Dabei ist Voraussetzung, dass Sie pflegebedürftig sind. Die Pflegebedürftigkeit eines Menschen ist somit Voraussetzung für den Abzug bestimmter Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung.
Nur Pflegekosten, die Ihnen infolge eigener Pflegebedürftigkeit entstehen, sind regelmäßig als außergewöhnliche Belastungen / Krankheitskosten abzugsfähig (§ 33 EStG). Dasselbe gilt für Aufwendungen wegen Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen, wenn eine rechtliche, tatsächliche oder sittliche Zwangsläufigkeit besteht. Hier kommt zusätzlich der Pflege-Pauschbetrag in Betracht (§ 33b Abs. 6 EStG).
Pflegebedürftigkeit liegt vor bei Pflegegrad von 2 bis 5 oder einer Behinderung mit Merkzeichen "H" (hilflos) oder "BL" (Blind) im Behindertenausweis (BFH Urteil v. 9.12.2010 - VI R 14/09, BFH/NV 2011 S. 892). Pflegebedürftigkeit kann auch durch ein fachärztliches Gutachten erbracht werden (BFH Urteil vom 13.10.2010-VI R 38/09).
Unabhängig davon gibt es Pflegegeld von der Pflegeversicherung ab Pflegegrad 1. |
Pflege- und Betreuungsleistungen sind bei fehlender Pflegebedürftigkeit im Rahmen haushaltsnaher Beschäftigungsverhältnisse und Dienstleistungen begünstigt (§ 35a EStG)
♦ Pflegebedürftig ab Pflegegrad 2
Zum Nachweis der Pflegebedürftigkeit genügt ein Pflegegrad von 2 bis 5 oder eine Behinderung mit Merkzeichen "H" (hilflos) oder "BL" (Blind) im Behindertenausweis oder ein fachärztliches Gutachten (BFH Urteil v. 9.12.2010 - VI R 14/09, BFH/NV 2011 S. 892).
Pflegegrade | 1 | 2 | 3 | 4 und 5 |
Beeinträchtigung | Gering | Erheblich | Schwer | Schwerst |
Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer – voraussichtlich für mindestens sechs Monate – bestehen (Bundesministerium für Gesundheit, Mitteilung vom 6.10.2021).
Pflegegeld von der Pflegeversicherung gibt es bereits ab Pflegegrad 1. |
♦ Häusliche Pflege
Die häusliche Behandlungspflege (§ 37 Abs. 2 SGB V) ist Teil der Krankenpflege und mit dem Pauschbetrag für Körbehinderung abgegolten. Anders sieht es jedoch bei der häuslichen Intensiv-Pflege aus. Diese sind zusätzlich zum Pauschbetrag abzugsfähig.
Beauftragt der Steuerpflichtige einen privaten Pflegedienst mit der Pflege in seinem eigenen Haushalt, sind die Pflegeaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) abzugsfähig.
Die Aufwendungen sind auch dann abzugsfähig, wenn es sich bei den eingesetzten Betreuungskräften nicht um besonders ausgebildetes Pflegefachpersonal handelt. Eine solche Voraussetzung ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 33 EStG noch aus § 64 EStDV.
Der Höhe nach sind Aufwendungen für die Grundpflege i. S. d. § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 SGB XI (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) in vollem Umfang als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Dagegen ist bei Erwachsenen mit Pflegestufe II der Unterstützungsbedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung grundsätzlich auf das zeitliche Höchstmaß von maximal 60 Minuten pro Tag begrenzt, so dass für die hauswirtschaftliche Versorgung nur die Aufwendungen für eine Stunde pro Tag als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. Das gilt jedenfalls dann, wenn zudem auch ein Gutachten des medizinischen Dienstes einen Hilfebedarf der Steuerpflichtigen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens für Leistungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung in Höhe von 60 Minuten kalendertäglich bescheinigt hat.
Zu den dem Grunde nach abziehbaren Pflegeaufwendungen zählen neben Zahlungen an den Pflegedienst auch die vom Steuerpflichtigen zu stellende kostenlose Unterkunft an das jeweilige Betreuungspersonal sowie die für das Betreuungspersonal geleistete Unfallversicherung, abzüglich des erhaltenen Pflegegeldes (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.06.2016, 5 K 2714/15)
Mit dieser Frage hat sich die Oberfinanzdirektion Frankfurt beschäftigt.
Erwachsen einem Stpfl. Aufwendungen wegen der Pflegebedürftigkeit einer Person, der gegenüber er zum Unterhalt verpflichtet ist (z.B. Eltern oder Kinder) und nimmt er nicht den Pflegepauschbetrag nach § 33 b Abs. 6 EStG in Anspruch, so können diese Aufwendungen grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG berücksichtigt werden. Abziehbar sind in diesem Zusammenhang auch die von einem Stpfl. getragenen Kosten für die Beschäftigung einer ambulanten Pflegekraft.
Bei der Höhe der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen ist jedoch zu beachten, dass eine Steuerermäßigung nur insoweit in Betracht kommt, als der Unterhaltsempfänger die Pflegekosten selbst nicht tragen kann. Für diese Prüfung findet der Anrechnungsbetrag des § 33 a Abs. 1 Satz 4 EStG keine Anwendung (OFD Frankfurt, 20.09.2000, S 2284 A - 23 - St II 25)
♦ Leben im Pflegeheim
Nur wenn die Pflegeeinrichtung ein Heim i. S. des Heimgesetzes ist, werden neben den Pflegekosten auch die Mehrkosten für die Unterbringung und Verpflegung als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Erfüllt das Heim die Anforderungen i. S. des Heimgesetzes nicht, gelten die Regelungen für häusliche Pflege, d. h. es werden keine Kosten für Unterbringung und Verpflegung berücksichtigt.
Die Aufwendungen für eine Unterbringung im Pflegeheim wegen Pflegebedürftigkeit sind wie Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abzugsfähig. Zu den abzugsfähigen Aufwendungen gehören sowohl die Kosten für medizinische Leistungen und Pflege als auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn die Einrichtung ein Heim i. S. des Heimgesetzes ist.
Das Finanzamt kürzt die Pflegekosten indessen um die Haushaltsersparnis (BFH Urteil vom 4.10.2017 – VI R 22/16) und um die zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG).
Pflegekosten sind im Zusammenhang mit den >>Haushaltsnahen Aufwendungen<< in Zeile 36-37 der Anlage Außergewöhnliche Belastungen zu sehen. Die Besonderheit ist hier, dass der Teil der Pflegekosten, der sich infolge des Abzugs der zumutbaren Belastung nicht als außergewöhnliche Belastung auswirkt, als >>Haushaltsnahe Aufwendungen<< abgezogen werden kann. Dazu unten ein Beispiel.
Bei Auflösung des Haushalts ist von den Pflegekosten eine Haushaltsersparnis von 28 € täglich (832 € monatlich, 9.984 € jährlich / Werte / Grundhöchstbetrag für 2022) abzuziehen. Sind beide Ehepartner krankheitsbedingt in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht, ist für jeden der Ehepartner eine Haushaltsersparnis anzusetzen.
Werden tatsächliche Pflegekosten geltend gemacht, so kann daneben der Behinderten-Pauschbetrag nicht in Anspruch genommen werden.
Hier ein Eintragungsbeispiel, welches das Prinzip der Antragstellung zeigen soll.
Anlage Außergew. Belastungen
Die haushaltsnahen Aufwendungen lt. Zeile 36 und 37 sind in der Kosten-Bescheinigung der Heimleitung besonders aufzuführen. Auf Pflegekosten wird an anderer Stelle noch näher eingegangen.