Helfer in Steuersachen

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2.4.6 Zeile 23 - 25 Übernommene ambulante Pflegekosten

Anlage Außergew. Belastungen

Übernommene  Krankheits- und / oder Pflegekosten für einen nahen Angehörigen sind als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abzugsfähig.

Voraussetzung ist, dass die Übernahme der Kosten zwangsläufig erfolgt. Die Übernahme der Kosten einer Heimunterbringung für einen nahen Angehörigen ist nur dann zwangsläufig, wenn die untergebrachte Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt und wenn ihre eigenen Einkünfte und Bezüge zur Deckung dieser Kosten nicht ausreichen

Haben Sie für einen nahen Angehörigen, der pflegebedürftig und Ihnen gegenüber unterhaltsberechtigt ist, Pflegekosten gezahlt, können Sie diese Ausgaben als außergewöhnliche Belastungen in Zeile 32 geltend machen. Die Ausgaben sind abzugsfähig, soweit sie die zumutbare Belastung übersteigen.

♦   Wer ist naher Angehöriger?

Als nahe Angehörige gelten im Allgemeinen der Ehepartner, eigene Kinder und Enkelkinder, aber auch die Eltern, Großeltern, Geschwister und Schwäger (BFH Urteil vom 17.01.1985 - IV R 149/84). Doch das reicht hier nicht. 

Zudem muss der nahe Angehörige Ihnen gegenüber unterhaltsberechtigt sein. Ferner müssen die Aufwendungen aus rechtlichen oder sittlichen Gründen i.S. des § 33 Abs.2 EStG zwangsläufig entstanden sein, z. B. wegen geringer Einkünfte oder Vermögen des Pflegebedürftigen (BFH Urteil vom 22.10.1996 - III R 265/94).

Also kommen nur Kosten gegenüber nahen Angehörigen in Betracht, mit denen Sie in gerader Linie verwandt sind oder mit dem Sie verheiratet sind (Kinder, Eltern, Großeltern oder Ehepartner) und die zudem auch finanziell bedürftig sind. 

♦   Wann ist jemand pflegebedürftig?

Zum Nachweis der Pflegebedürftigkeit genügt ein festgestellter Pflegegrad - von 1 bis 5 - oder eine Behinderung mit Merkzeichen "H" (hilflos) oder "BL" (Blind) im Behindertenausweis (BFH Urteil v. 9.12.2010 - VI R 14/09, BFH/NV 2011 S. 892). Pflegebedürftigkeit kann auch durch ein fachärztliches Gutachten erbracht werden (BFH Urteil vom 13.10.2010-VI R 38/09).

Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer – voraussichtlich für mindestens sechs Monate – und mit mindestens der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen (Bundesministerium für Gesundheit, Mitteilung vom 6.10.2021)

§ 15 Abs. 3 SGB XI auszugsweise

Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:

  • Pflegegrad 1 ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkte: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
  • Pflegegrad 2 ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkte: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
  • Pflegegrad 3 ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkte: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
  • Pflegegrad 4 ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkte: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
  • Pflegegrad 5 ab 90 bis 100 Gesamtpunkte: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

Betragen die Gesamtpunkte weniger als 12.5, liegt keine Pflegebedürftigkeit vor.

♦   Was gehört zu den Pflegekosten?

Zu den Pflegekosten zählen zunächst Krankheitskosten. Das sind ärztlich verordnete Arzneien, aber auch Hilfsmittel wie ein Hörgerät, Brille, Rollstuhl, Rollator, auch Kosten für Krankengymnastik. Kosten durch Pflegedienste, sei es im Dienstverhältnis oder durch einen ambulanten Pflegedienst, werden ebenfalls anerkannt. 

Die Aufwendungen sind indessen nur insoweit als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, als die Pflegekosten die Leistungen der Pflegepflichtversicherung und das aus einer ergänzenden Pflegekrankenversicherung bezogene Pflege(tage)geld übersteigen (BFH Beschluss vom 14.04.2011 - VI R 8/10).

Abzugsfähig ist im Ergebnis lediglich die Differenz von Pflegekosten und Ersatzleistung. 

♦   Anrechnung von eigenen Einkünften und von Vermögen

Der Pflegebedürftige muss auch finanziell bedürftig sein. Zu berücksichtigen sind eigene Einkünfte und Bezüge und vorhandenes Vermögen. 

Soweit die Einkünfte und Bezüge des Pflegebedürftigen den Grundfreibetrag von 9.984 € (Wert für 2022) übersteigen, werden diese auf die von Ihnen übernommenen Pflegekosten angerechnet. Insoweit sind Ihre Aufwendungen nicht zwangsläufig entstanden. 

Neben eigenen Einkünften und Bezügen wird auch das vorhandene Vermögen des Pflegebedürftigen berücksichtigt. Der Pflegebedürftige muss also zunächst sein eigenes Vermögen einsetzen und verwerten, sofern es nicht als geringfügig einzuschätzen ist. Als geringfügig kann in der Regel ein Vermögen bis zu einem gemeinen Wert (Verkehrswert) von 15.500 € angesehen werden, nach Abzug der darauf entfallenden Verbindlichkeiten (R 33a 1 Abs. 2 EStR). 

Ein vorhandenes Eigenheim des Pflegebedürftigen bleibt indessen unberücksichtigt. Es gilt als "Schonvermögen". 

♦   Die leidige zumutbare Belastung

Letztendlich zieht Ihnen das Finanzamt von Ihren Aufwendungen auch noch die zumutbare Belastung ab (§ 33 Abs. 3 EStG). Berechnungsgrundlage für die zumutbare Belastung ist der Gesamtbetrag Ihrer Einkünfte. 

♦   Haushaltsnahe Aufwendungen

Soweit indessen Ihre Aufwendungen wegen der zumutbaren Belastung nicht berücksichtigt werden, können Sie die Steuerermäßigung nach § 35a EStG / haushaltsnahe Aufwendungen in Anspruch nehmen. Dies geschieht automatisch, wenn Sie die Pflegekosten in Zeile 20 eintragen.

Bei der Finanzierung eines ambulanten Pflegedienstes beträgt die Steuerermäßigung 20 % der Aufwendungen, höchstens 4.000 € (§ 35a Abs. 2 EStG / BMF, 9.11.2016, IV C 8 - S 2296 - b/07/10003 :008 / Tz 32).

Beispiel:

Ihre Mutter ist pflegebedürftig mit Pflegegrad 3. Für einen ambulanten Pflegedienst sind 23.500 € entstanden, von denen die Pflegeversicherung 3.600 € übernommen hat. Den Rest in Höhe von 19.900 € haben Sie beigesteuert, weil Ihre Mutter die Kosten aus ihrer Rente von mtl. 1.030 € = 12.360 € nicht aufbringen kann.

Für die Berechnung der zumutbaren Belastung geht das Finanzamt vom Gesamtbetrag Ihrer Einkünfte von 90.000 € aus. 

Anlage Außergew. Belastungen

Das Finanzamt benötigt Angaben zu den Einkünften und Bezügen Ihrer Mutter. 

Das Finanzamt rechnet

Übernommene Pflegekosten (23.500 € - 3.600 € Pflegeversich.)   19.900 €
Einkünfte und Bezüge der Mutter     
Jahresrente  12.360 €  
- Werbungskosten-Pauschbetrag       102 €  
- Kostenpauschale       180 €   
Verbleiben Einkünfte und Bezüge   12.078 €  
- Grundfreibetrag / Wert für 2022   10.347 €  
Verbleiben Resteinkünfte für Pflegekosten      1.731 € >  -   1.731 € 
Zwangsläufige Aufwendungen für den Pflegebedürftigen        18.169 €
- Zumutbare Belastung (Berechnung siehe unten)        5.635 €
 Außergewöhnliche Belastungen       12.534 €
  • Zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG)

Die zumutbare Belastung beträgt für Sie als Alleinstehender ohne Kinder mit einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 90.000 €: 

- Zumutbare Belastung: 5 % von  15.340 €     767 €
- Zumutbare Belastung: 6 % von  35.790 € 2.147 €
- Zumutbare Belastung: 7 % von  38.870 € 2.721 €
- Zumutbare Belastung: Summen   90.000 € 5.635 € 

 

In Höhe der zumutbaren Belastung können Sie zusätzlich haushaltsnahe Aufwendungen geltend machen. Dafür erhalten Sie eine Steuerermäßigung 20 % der Aufwendungen, höchstens 4.000 €. Das sind für Sie 20 % von 5.635 € (höchstens 4.000 €) = 1.127 € (Direktabzug von der Steuer).