Helfer in Steuersachen

Steuern? Mach ich selbst.

2.1.7 Zeile 64 - 67 - Unfallkosten

Anlage N

Zusammenfassung / Begriff

Unfallkosten sind als Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie beruflich veranlasst sind, einzutragen in Zeile 64 (§ 9 Abs. 1 EStG). Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Veranlassung der Fahrt, auf der sie entstanden sind. War die Fahrt beruflich veranlasst und sind damit deren Hauptkosten abzugsfähig, sind auch die Unfallkosten (Nebenkosten) abzugsfähig. So teilen die Nebenkosten grundsätzlich das Schicksal der Hauptkosten.

  • Eine berufliche Veranlassung des Unfalls ist anzunehmen, bei:
  1. Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (Entfernungspauschale). Mit der Entfernungspauschale sind nur die typischen Fahrtkosten abgegolten. Weil Unfallkosten nicht zu den typischen Fahrtkosten gehören, sind  Unfallkosten zusätzlich neben der Entfernungspauschale abzugsfähig (FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 23.02.2016 - 1 K 2078/15).
  2. Dienstreisen in Ausübung einer Auswärtstätigkeit. Kosten eines Unfalls auf einer Dienstreise teilen das Schicksal der Reise- oder Fahrtkosten. War die Reise oder Fahrt beruflich veranlasst, sind auch die Unfallkosten Werbungskosten.
  • Private Abstecher

Private Abstecher auf einer beruflich veranlassten Fahrt mit Umwegen gehören zum Privatbereich. Unfallkosten bei privaten Abstechern sind somit nicht abzugsfähig (§ 12 Nr. 1 EStG).

Umwege

Umwege, um auf dem Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte die verkehrsgünstigere, wenn auch längere Strecke zu benutzen, sind beruflich veranlasst. Umwege, um private Zwecke zu erledigen, sind privat veranlasst (BFH Urteil v. 12.1.1996 - VI R 69/95). Dies gilt auch für kurze private Umwege.

Privat veranlasst ist auch der Umweg zur Unterbringung eines Kindes in einem Kindergarten oder einer Schule, auch wenn nur durch die dadurch sichergestellte Betreuung des Kindes die Berufstätigkeit der Mutter möglich wird (BFH Urteil v. 13.3.1996 - VI R 94/95). 

Rückfahrt vom Urlaubsort, um die berufliche Tätigkeit fortzusetzen, ist privat veranlasst, Unfallkosten sind also keine Werbungskosten (Niedersächsisches FG Urteil v. 27.4.1995 - II 39/94).

  • Zusammenstellung: Beruflich veranlasster Unfall: 
  1. Bei Dienstreisen und Fahrten von und zur ersten Tätigkeitsstätte.
  2. Bei Umwegfahrten zur Arbeit zum Betanken des Fahrzeugs. Die Tankuhr muss allerdings auf Reserve stehen, ansonsten ist die Umwegfahrt privat veranlasst (BFH v. 11.10.1984 - VI R 48/81). 
  3. Bei Fahrten von oder zu einem Betriebsausflug, Jubiläumsfeier. Die Fahrten gelten als Dienstreisen und sind somit beruflich veranlasst  (BFH v. 28.10.1994 – VI R 54/94);
  4. Bei Fahrten zum Mittagessen in einer Gaststätte in der Nähe, wenn der Arbeitgeber in seinem Betrieb keine Kantine unterhält (BFH v. 18.12.1981 - VI R 201/78).
  • Zusammenstellung: Nicht beruflich veranlasster Unfall
  1. Unter Alkoholeinfluss (BFH v. 24.05.2007 - VI R 73/05),
  2. Bei einer Fahrt auf einer Umwegstrecke Lebensmittel zum Verzehr gekauft (BFH v. 12.01.1996 - VI R 69/95); Kind morgens zur Schule / zum Kindergarten gebracht
  • Tipp Unfallkosten und keine Zeugen

Peinlich aber wahr: Auf der Rückfahrt vom Betrieb nach Hause abends bei Schneetreiben stand im Hof die noch nicht weggeräumte Mülltonne. An der wollten Sie vorbei, aber es war zu knapp. Die Folge vom Lied: Blechschaden am Auto und auch noch das Hoftor beschädigt.

Der Schaden am Auto betrug 800 €, Hoftor repariert 1.500 €. Die Unfallkosten bringen Sie in Zeile 64 unter und vermerken auf den Rechnungen: Der Unfall geschah am 17. Januar … gegen 18.15 Uhr auf der Heimfahrt von meiner Arbeitsstelle. Dabei Fahrzeug und Hoftor beschädigt.

Anlage N

  • Unfall mit einem Dienstwagen

Kosten durch einen bei einer Privatfahrt entstandenen Unfall mit einem Dienstwagen sind nicht mit der Pauschale von 1 % mtl. vom Listenpreis abgegolten (Abschn. 8.1 Abs. 9 LStR). Wird der Schaden vom Arbeitgeber getragen, sind die Kosten als Arbeitslohn zu versteuern. Aus Vereinfachungsgründen wird von einer zusätzlichen Besteuerung abgesehen, wenn die Unfallkosten, – bezogenen auf den einzelnen Fall und nach Abzug der Versicherungsleistung – 1 000 € nicht übersteigen.

Bei Nutzung eines privateigenen Wagens sind mit den amtlichen Kilometersätzen von 0.30 € je km zwar die üblichen Fahrtkosten abgegolten, außergewöhnliche Kosten gehen jedoch extra, z. B. Unfallkosten. Erstattungen des Arbeitgebers sind anzurechnen.

♦   Sonstige Abzugsanlässe

  • Unfall auf dem Weg zu einer Fortbildungsveranstaltung / Lerngemeinschaft, zu einem Vorstellungsgespräch.

Alles Anlässe, deren Kosten abzugsfähig sind und damit auch Unfallkosten, die mit diesen Anlässen im Zusammenhang stehen, einzutragen in Zeile 47.

  • Unfall auf dem Weg zum Steuerberater...

Beruflich veranlasst kann auch die Fahrt zum Steuerberater, zum Lohnsteuerhilfeverein, zum Finanzamt oder zum Kauf von Steuerfachliteratur sein. Von den Steuerberatungskosten ist nur der Teil absetzbar, der auf die Ermittlung der Einkünfte entfällt. Soweit die Beratungskosten den allgemeinen Teil der Steuererklärung betreffen, sind sie privat veranlasst und nicht absetzbar.

Der absetzbare Teil der Steuerberatungskosten kann aus Vereinfachungsgründen mit 50 % oder, wenn die Beratungskosten den Betrag von 100 € übersteigen, mit mindestens 100 € im Jahr angesetzt werden (BMF, 21.12.2007 – IV B 2 – S 2144).

Als Fahrtkosten setzen Sie  je nach Art des benutzten Verkehrsmittels (Pkw, Motorrad, Fahrrad) einen pauschalen Kilometersatz für jeden gefahrenen Kilometer als Werbungskosten ansetzen kann, in Anlehnung an die höchste Wegstreckenentschädigung nach dem BRKG. Bei Benutzung eines Kraftwagens beträgt die Wegstreckenentschädigung 30 Cent je Kilometer zurückgelegter Strecke (§ 5 Abs. 2 BRKG).

Wenn es auf dem Weg zum Steuerberater gekracht hat, können Sie zusätzlich die Unfallkosten zumindest mit 50 % absetzen. Dies bedeutet: Wenn Steuerberatungskosten absetzbar sind, dann sind auch die Kosten zur Beschaffung der Beratung absetzbar.

Zur Begründung führen Sie an: Wollte mir bei meinem Steuerberater / Lohnsteuerhilfeverein, Sachbearbeiter im Finanzamt einen steuerlichen Rat holen / offene Fragen klären / Formulare besorgen (FG München, Urt. v. 5. 12. 1991 – EFG 1992 S. 257).

  • Unfallkosten auf dem Parkplatz des Lohnsteuerhilfevereins

Das Finanzamt zeigte sich zugeknöpft, aber der BFH gab dem Steuerzahler recht: Während sich der Steuerzahler wegen seiner Einkommensteuererklärung in den Räumen des Lohnsteuerhilfevereins aufhielt, wurde sein Fahrzeug von einem unbekannten Autofahrer beschädigt. Die hierdurch verursachten Kosten von 688 € sowie die Kosten für die Fahrt zum Lohnsteuerhilfeverein in Höhe von (50 km x 0.30 € =) 15 € machte der Steuerzahler zusätzlich als Steuerberatungskosten geltend (Sachverhalt im BFH-Urteil vom 12.07.1989 - X R 35/86). Hiervon sind 50 % = 351.50 € abzugsfähig.