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Steuern? Mach ich selbst.
Verfahrensrecht / Abgabenordnung (AO)
Zusammenfassung / Begriff
Etwa ein Drittel aller Steuerbescheide ist fehlerhaft.
Eine der zahlreichen Fehlerquellen ist die Datenübermittlung von dritter Seite. So haben mitteilungspflichtige Stellen i. S. des § 93c AO durch Datenfernübertragung bestimmte personenbezogene Daten an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Es sind elektronische Daten von Arbeitgebern, Krankenkassen, Rentenkassen oder anderen Behörden. Diese werden vom Finanzamt bei der Veranlagung übernommen, können indessen unrichtig sein.
Wenn diese Daten von denen in der Steuererklärung abweichen, steht dann meistens unter >>Erläuterungen<<, dass die übermittelten Daten und nicht die erklärten Daten angesetzt wurden. Nun müssen Sie überprüfen, welche Daten richtig sind und ggfs. Einspruch einlegen, wenn die Daten zu Ihren Ungunsten abweichen.
Wenn Sie dies unterlassen, kann es dazu kommen, dass Ihr Steuerbescheid rechtskräftig wird und es dabei auch bleibt. Dazu unten mehr: Übernahme falscher Daten kein Fehler oder offenbare Unrichtigkeit i. S. von 129 AO.
Eine Korrekturpflicht der mitteilungspflichtigen Stellen enthält § 93c Abs. 3 AO, eine Korrekturmöglichkeit für die Steuerpflichtigen enthält § 150 Abs. 7 AO.
♦ Erläuterungen prüfen
Bevor Sie an die Prüfung von Einzelposten gehen, lesen Sie die Erläuterungen durch. Ist dort von Änderungen keine Rede, bedeutet dies zunächst, dass der Bearbeiter bzw. das Managementsystem im Finanzamt Ihre Angaben in der Steuererklärung unverändert übernommen hat. Oder es wurde vergessen, Ihnen Änderungen mitzuteilen. Dies hätte jedoch für das Finanzamt gravierende Folgen. Denn durch dieses Versäumnis wird der Bescheid auch nach Ablauf der Einspruchsfrist nicht bestandskräftig. Einspruch ist noch innerhalb eines Jahres möglich (§ 356 Abs. 2 AO).
Man spricht in diesem Zusammenhang von >>rechtlichem Gehör<<, auf das Sie einen gesetzlichen Anspruch haben (§ 91 AO), falls von Ihrer Steuererklärung abgewichen werden soll. Wird dieser Anspruch verletzt, kann ein Steuerbescheid nicht bestandskräftig werden. Durch die fehlende Information trägt das Finanzamt Mitschuld daran, dass Ihnen die Abweichung bisher nicht aufgefallen ist (§ 126 Abs. 3 AO). Mit einem Einspruch innerhalb des nächsten Jahres und dem Antrag auf >>Wiedereinsetzung in den vorigen Stand<< werden Sie so gestellt, als sei die Rechtsmittelfrist noch nicht abgelaufen (§ 110 AO).
♦ Datenfernübertragung im Einzelnen
Wie oben bereits gesagt bildet eine häufige Fehlerquelle bei der Veranlagung die Übernahme der Daten aus dem Datenspeicher des Bundeszentralamts für Steuern (§ 45d EStG). Mitteilungspflichten an das Bundeszentralamt für Steuern ergeben sich
a) für Lohnsteuerdaten aus § 41b EStG,
b) für vermögenswirksame Leistungen aus § 15 Fünftes VermBG,
c) für Vorsorgeaufwendungen aus § 10 Abs. 2a EStG
d) für Rentenbezüge aus § 22a EStG
e) für Kapitalerträge aus § 43 Abs. 2 Satz 7 EStG
Dabei vertraut der Fiskus dem Computer mehr als dem Steuerzahler und übernimmt leider die Daten des Bundeszentralamts ungeprüft, auch wenn der Steuerzahler in der Steuererklärung andere Angaben gemacht hat. In den Erläuterungen des Steuerbescheids findet man darüber aber selten etwas. Sind die Besteuerungsgrundlagen falsch, ist auch die Steuer falsch.
Die Quellen, aus denen sich der Fiskus bedient, sind die Rentenversicherer, Krankenkassen, Arbeitsagenturen, Arbeitgeber und Banken.
Rentenversicherer müssen die Beiträge der Versicherten melden und auch die ausgezahlten Leistungen. Das gilt gleichermaßen für Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen.
Krankenkassen melden die Höhe der Beiträge für die Basisabsicherung in der Krankenversicherung. In der gesetzlichen Krankenversicherung sind das die Beiträge abzüglich 4 %. Auch die Beiträge in die Pflegeversicherung sind meldepflichtig.
Arbeitsagenturen melden die Leistungen wie Arbeitslosengeld, Mutterschaftsgeld, Elterngeld, Aufstockungsbeträge etc. Die Leistungen sind zwar steuerfrei, erhöhen aber den Steuersatz für andere Einkünfte.
Arbeitgeber Alle für den Lohnsteuerabzug erforderlichen Besteuerungsmerkmale sind beim Bundeszentralamt gespeichert. Auf diese Daten kann nicht nur der Fiskus, sondern auch der Arbeitgeber zugreifen (Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale = ELStAM ).
Banken, Versicherungsunternehmen und Notare melden das Zustandekommen von Verträgen, ja sogar, wenn ein Depot oder ein Grundstück unentgeltlich übertragen worden ist durch Schenkung oder vorweggenommene Erbfolge. Die Banken melden ausgezahlte Kapitalerträge, auch solche, die nicht der Abgeltungssteuer unterliegen, z. B. aus einem Gewerbebetrieb.
♦ Übernahme falscher Daten keine offenbare Unrichtigkeit
Gleicht das Finanzamt den vom Arbeitgeber elektronisch übermittelten Arbeitslohn generell nicht mit dem vom Steuerpflichtigen in der Einkommensteuererklärung erklärten Arbeitslohn ab und werden die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit im Einkommensteuerbescheid infolgedessen unzutreffend erfasst, liegt darin keine offenbare Unrichtigkeit i.S. des § 129 AO (BFH Urteil vom 16.01.2018 - VI R 41/16).
Im Streitfall hat der Steuerpflichtige den von ihm bezogenen Arbeitslohn zutreffend gegenüber dem Finanzamt erklärt. Das Finanzamt hat diese Angaben - auf Seite 1 der Anlage N jedoch --aus verwaltungsökonomischen Gründen möglicherweise nachvollziehbar-- bewusst nicht in den Blick genommen, weil es allgemein darauf vertraute, dass die vom Arbeitgeber elektronisch übermittelten Daten --wie üblich-- zutreffend sind und vor Beginn der Bearbeitung der Steuererklärung vollständig vom Computersystem der Finanzbehörden übernommen werden. Es hat deshalb insbesondere bewusst keinen Abgleich der der Einkommensteuererklärung der Kläger elektronisch "beigestellten" Daten mit den von diesen erklärten Daten vorgenommen.
Durch Arbeitgeberwechsel innerhalb des Jahres wurde indessen elektronisch ein zu niedriger Arbeitslohn (nur aus dem zweiten Arbeitsverhältnis) erfasst und der Besteuerung zugrunde gelegt. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Als dieser Fehler später erkannt wurde, führte das Finanzamt eine Berichtigungsveranlagung nach § 129 AO durch wegen offenbarer Unrichtigkeiten.
Die Revision des Finanzamts hat der BFH als unbegründet zurückgewiesen. Es blieb bei der zu niedrig festgestellten Steuer. Dieser Streitfall ging also zugunsten des Steuerpflichtigen aus. Es kann aber auch umgekehrt verlaufen.