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2.0.2 Pünktlich zahlen oder Aussetzung der Vollziehung beantragen

Verfahrensrecht / Abgabenordnung (AO)

Zusammenfassung / Begriff

Weder ein Einspruch beim Finanzamt noch Klage beim Finanzgericht haben auf die Fälligkeit der festgesetzten Steuern eine aufschiebende Wirkung. Trotz Einspruch oder Klage muss der Steuerpflichtige die streitige Steuer zum fälligen Zeitpunkt zahlen.

Will der Steuerpflichtige die streitige Steuer nicht zahlen, kann er einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellen, d. h. unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts, ist auf Antrag die „Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts“ möglich. 

Ein erfolgreicher Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bewirkt, dass die festgesetzte Steuer zunächst nicht gezahlt werden muss, eine Eintreibung / Vollziehung damit unzulässig wäre.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung kann mit  dem Einspruch in ein und demselben Schreiben verbunden werden.

Ein Antrag auf Stundung ist nur selten erfolgreich.

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  • Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung

Nach § 361 AO muss das Finanzamt auf Antrag die Vollziehung des Bescheides aussetzen, wenn ernste Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen oder wenn es unbillig wäre, die Steuer zu diesem Zeitpunkt einzutreiben. Ernste Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen dann, wenn es zu einer Rechtsfrage unterschiedliche Meinungen gibt. Das kann der Fall sein, wenn ein Finanzgericht eine andere Rechtsauffassung vertritt als das Finanzamt. Oder wenn zwei Senate des Bundesfinanzhofs unterschiedlicher Meinung sind. Oder wenn sich herausstellt, dass das Finanzamt nicht alle für die Besteuerung erheblichen Tatsachen berücksichtigt hat. Dann bestehen ernste Zweifel und die Aussetzung muss angeordnet werden.

Also schreiben Sie:

An Finanzamt Ibbenbüren

Datum 15.08.20..

Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 20.. vom 01.08.20.., StNr. 123/456 / 0123

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit lege ich gegen den oa. Steuerbescheid fristgerecht Einspruch ein. Die Steuer ist zu hoch, weil ..........

Zugleich beantrage ich Aussetzung der Vollziehung des Bescheides in der angefochtenen Höhe, weil ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen.

Mit freundlichen Grüßen

Heribert Muster

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hat der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung Erfolg, wird die Steuerforderung bis zur Einspruchsentscheidung auf Eis gelegt.

  • An Aussetzungszinsen denken

Soweit ein Einspruch endgültig keinen Erfolg gehabt hat, ist der ausgesetzte Betrag zu verzinsen (§ 237 AO). Der Zinssatz beträgt 0,5 % Prozent pro Monat, also 6 % im Jahr. In zweifelhaften Fällen erscheint es nicht unklug, die Steuer zunächst einmal zu zahlen. Wenn Sie gewinnen, bekommen Sie das Geld erstattet und kassieren vom Finanzamt die Zinsen von 6 %, in heutiger Zeit keine schlechte Rendite.

Tipp: Besser festgesetzte Steuer zahlen

Zahlen Sie die angeforderte Steuer, wenn Sie das Geld dazu haben! Wenn Sie am Ende gewinnen, bekommen Sie Ihr Geld zurück und zusätzlich 6 % Erstattungszinsen, in der heutigen Zins-Niedrigphase eine ansehnliche Verzinsung Ihrer Forderung an den Fiskus.

♦    Ausgaben nachschieben 

Der Einspruch öffnet den gesamten Steuerbescheid. Dies bedeutet, dass nicht nur Fehler korrigiert werden können, die im Einspruchsschreiben beanstandet wurden. Sie können jederzeit Gründe zur Änderung nachschieben, z. B. vergessene Ausgaben. Dies dürfen Sie mehrfach und solange, bis das Finanzamt über den Einspruch entschieden hat.

Dies bedeutet: Viele Steuerzahler stoßen beim Prüfen des Steuerbescheides auf Ausgaben, die sie beim Ausfüllen der Steuerformulare übersehen haben. Diese Ausgaben können innerhalb der Einspruchsfrist von vier Wochen nachträglich geltend gemacht werden. Dazu muss der Steuerzahler Einspruch einlegen und eine berichtigte Steuererklärung nachreichen.

Tipp: Ausgaben nach Rechtskraft nachschieben

Sie können auch nach Ablauf der Einspruchsfrist noch Ausgaben nachschieben, wenn Sie keine grobe Fahrlässigkeit daran trifft, die Einspruchsfrist versäumt zu haben (§ 173 AO). Keine grobe Fahrlässigkeit ist z. B. Unwissenheit über die bekanntlich komplizierte Steuermaterie. Sie können sich also im verspäteten Einspruch darauf berufen, von einer bestimmten Steuervergünstigung bislang nichts gewusst zu haben, wenn in den Steuerformularen oder in den Anleitungen davon nichts geschrieben steht (BFH-Urteile vom 29.6.1984 - VI R 181/80 - BStBl II, S. 693, und vom 10.8.1988 - IX R 219/84 - BStBl 1989 II, S. 131). Verständlicherweise klappt das nicht, wenn Sie beim Finanzamt als Steuerexperte bekannt sind (z. B. als in den steuerberatenden Berufen tätig oder dort ausgebildet). Deshalb sollten Sie sich gegenüber dem Finanzamt möglichst nicht als Steuerexperte zu erkennen geben, auch wenn Sie einer sind.

Quelle: § 122 Abs. 2, §§ 173, 347 und 355 AO     

♦   Anspruch auf Begründung

Wenn das Finanzamt nicht alle Angaben aus der Steuererklärung übernommen hat oder davon abgewichen ist, wird dies im Steuerbescheid mitgeteilt. Häufig fehlt aber die Begründung oder sie ist nur vage und floskelhaft. Sie haben aber ein Recht zu verstehen, warum das Finanzamt von Ihrer Erklärung abgewichen ist (§ 364 AO). Denn nur so können Sie in Ihrem Einspruch die passenden Gegenargumente anführen. Weisen Sie also das Finanzamt auf § 364 AO hin, wenn der Steuerbescheid keine Gründe für die Abweichung von Ihrer Erklärung gegeben hat.

♦   Erörterungstermin

Sie haben nicht nur Anspruch auf Begründung, warum das Finanzamt von den Angaben in Ihrer Steuererklärung abgewichen ist, sondern auch Anspruch auf einen Erörterungstermin (§ 364a AO). Im Erörterungstermin lässt sich vieles in einem persönlichen Gespräch schnell und eindeutig klären. Der zuständige Sachbearbeiter pflegt sich auf solche Termine sorgfältig vorzubereiten. Dies sollten Sie ebenfalls tun, damit Sie überzeugend argumentieren können.

♦    Finanzamt kann verbösern

Weil ein Einspruch den gesamten Steuerbescheid öffnet, kann das Finanzamt nach einem Einspruch den Steuerbescheid auch zu Ihren Ungunsten ändern. Stellt das Finanzamt also fest, dass der Bescheid nicht zu Ihren Lasten, sondern zu Ihren Gunsten fehlerhaft ist - so dass es hätte mehr Steuern festsetzen müssen -, darf der angegriffene Steuerbescheid zu Ungunsten des Steuerzahlers geändert werden. Dies wird als >>verbösern<< bezeichnet. Bevor das Finanzamt indessen den Steuerbescheid zu Ihren Ungunsten ändert (>>verbösert<<), muss es Ihnen vorher die Verböserungsabsicht mitteilen. Dann haben die Möglichkeit, den Einspruch zurückzunehmen und es bleibt bei der bisherigen Festsetzung.

  • Rücknahme des Einspruchs

Will das Finanzamt verbösern (siehe oben), muss es dies Ihnen ankündigen und Ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Erkennen Sie, dass das Finanzamt möglicherweise Recht hat, machen Sie einen Rückzieher, indem Sie schreiben: "Hiermit nehme ich den Einspruch zurück".

Damit entfallen die Wirkungen des Einspruchs und damit auch die Möglichkeiten des Finanzamts, die Festsetzung zu verbösern.

♦    Finanzamt setzt eine Frist zur Begründung des Einspruchs

Der Einspruch gegen einen Steuerbescheid ist auch ohne Begründung wirksam.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens kann Ihnen das Finanzamt indessen eine Frist setzen, innerhalb derer Sie Unterlagen, Belege oder Quittungen beibringen müssen, damit Ihr Einspruch abschließend bearbeitet werden kann. Wird diese Frist versäumt, darf das Finanzamt das verspätet vorgebrachte nicht mehr berücksichtigen. Eine solche Frist kann aber nur laufen, wenn das Finanzamt Sie über die Wirkung einer Fristversäumnis aufgeklärt hat. Das Finanzamt muss Ihnen also mitteilen, dass bei Versäumen der Frist die verspätet vorgebrachten Tatsachen nicht mehr berücksichtigt werden können.

♦   Klage beim Finanzgericht

Weist das Finanzamt den Einspruch durch Einspruchsentscheidung als unzulässig (weil verspätet) oder unbegründet (weil Bescheid nicht fehlerhaft) zurück, bleibt Ihnen nur der Weg zum Finanzgericht. Die Klagefrist gegen die Einspruchsentscheidung beträgt auch wieder nur einen Monat nach Zustellung. Während das Einspruchsverfahren kostenlos ist, ist das Klageverfahren mit Kosten verbunden, zumindest, wenn Sie den Prozess verlieren. Hier gilt die Regel: Wer unterliegt, der zahlt. Die Gerichtskosten sind indessen überschaubar. Sie staffeln sich nach dem Streitwert. Geht es z. B. um eine Steuerminderung von 1.000 €, betragen die Gerichtskosten rd. 200 €. Hinzu kommen die Kosten des Steuerberaters, wenn sich der Steuerzahler vertreten lässt.