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5.0.4 Schätzung nach Vermögenszuwachsrechnung

Verfahrensrecht / Strafprozessordnung (Steuer)

Bei der Vermögenszuwachsrechnung wird der Vermögensbestand des Steuerpflichtigen am Ende eines ausgewählten Zeitraums mit dem Vermögensbestand am Anfang des Zeitraums verglichen. Hierbei wird auch das Privatvermögen und alle Privatentnahmen und private Ausgaben dieses Zeitraums einbezogen. Übersteigt der Vermögenszuwachs die erwirtschafteten Gewinne abzüglich der privaten Ausgaben, lässt dies auf nicht verbuchte Einnahmen schließen.

Die Schätzungsmethode der Vermögenszuwachsrechnung unterscheidet sich von derjenigen der Geldverkehrsrechnung dadurch, dass die Mittelverwendung für Vermögensanlagen stärker betont wird. Beide Rechnungen vollziehen die Geldflüsse nach. Sie lassen sich ineinander überführen.

Auch die Vermögenszuwachsrechnung ist eine Schätzungsmethode, die so zuverlässig ist, dass sie das Buchführungsergebnis widerlegen kann (BFH Urteil vom 08.11.1989 - X R 178/87).

Praxis-Beispiel (In Anlehnung an das oa. BFH-Urteil)

Der Steuerpflichtige betreibt einen Großhandel mit Werbeartikeln (Gewinnermittlung nach § 5 EStG / Bilanzierung).

Für den Betrieb des Steuerpflichtigen wurde für die Jahre 01 bis 03 Außenprüfung /  Betriebsprüfung durchgeführt. Nachdem der Prüfer anhand von Kontrollmitteilungen nicht verbuchte Warenverkäufe festgestellt hatte, wurde gegen den Inhaber ein Steuerstrafverfahren eingeleitet und die Steuerfahndung mit der Fortführung der Prüfung beauftragt.

Die  Prüfer erhöhten die Gewinne und Umsätze um  

Kj. 01 Kj. 02 Kj. 03
30.397 € 31.946 € 53.263 €

Die Erhöhung der Gewinne und Umsätze beruht auf einer Hinzuschätzung. Die Prüfer stützten ihre Hinzuschätzung auf eine Vermögenszuwachsrechnung. Bei der Berechnung verwandten die Prüfer einen Vordruck der Oberfinanzdirektion (OFD), den sie teilweise ergänzten.  Der BFH hat die Rechtmäßigkeit der Vermögenszuwachsrechnung auf der Basis dieses Vordrucks bestätigt. Die Revision des Finanzamts gegen FG-Urteil war begründet.

Das Finanzgericht hatte zuvor die Vermögenszuwachsrechnung für ungeeignet gehalten und verworfen. Die Richter des BFH führten indessen dazu aus: Sowohl die im bisherigen Verfahren erörterte Vermögenszuwachsrechnung als auch die ihr in der Revisionsbegründung gegenübergestellte Geldverkehrsrechnung sind Schätzungsmethoden, die --richtig angewendet-- so zuverlässig sind, dass sie das Buchführungsergebnis widerlegen und in Höhe der errechneten Fehlbeträge nicht verbuchte Betriebseinnahmen bzw. einen Saldo nicht verbuchter Betriebseinnahmen/-ausgaben nachweisen können.

Vermögenszuwachsrechnung für die Jahre 01 bis 03

Abschlußzeitpunkt 31.12.00 31.12.01 31.12.02 31.12.03
I. Vermögensgegenstände und Schulden        
1. Betriebsvermögen (Kapitalkonten) -  66.058 € - 90.637 € - 168.496 € - 140.869 €
2. Betriebsvermögen bisher nicht erfasst  -  - 25.880 €  - 27.738 €  - 22.045 €
3. Private Grundstücke (Einheitswerte) + 92.300 €  + 92.300 €  + 92.300 € + 92.300 € 
4. Guthaben und Anleihen + 34.443 €   + 369 €  + 4.420 €  + 7.472 €
5. Bargeld  + 32.000 €  + 26.900 €  + 45.100 €  + 26.842 €
6. Schulden Bausparkasse   - 146.247 €   - 107.414 €  - 95.305 €  - 81.945 €
7. Gesamtvermögen -  53 562 €  - 104 362 €  - 149.719 €  - 118.245 € 
II. Vermögensmehrung / - minderung    - 50.800 €  - 45.357 €  + 31.471 €
III. Zurechnungen        
1. Gezahlte Personensteuern   + 43.104 € + 28.086 € - 2.106 €
2. Gezahlte Personenversicherungen   + 10.124 € + 25.524 € + 28.959 €
3. Miete der eigenen Wohnung   + 7.560 € + 7.560 € + 7.560 €
4. Private Baukosten   + 17.867 €  -  -
5. Privatanteile Kfz   + 2.800 € + 2.813 € + 2.825 €
6. Spenden    -  - + 200 €
7. Urlaubskosten   + 3.000 € -  -
8. Zwischensumme   + 33.655 € + 18.626 € + 68.909 €
IV. Abrechnungen        
1. Absetzungen für Abnutzung auf Gebäude (AfA)   - 16.355 € - 10.355 € - 10.355 €
2. Schenkungen der Mutter   - 1.500 € - 1.500 € - 23.500 €
3. Gehalt der Ehefrau   - 4.680 € - 4.680 € - 4.680 €
4. Versicherung:  Krankenhaustagegeld   - 2.400 €  - -
5. Zwischensumme   + 8.720 € + 2.091 € + 30.374 €
V. Abzüglich erklärte Gesamteinkünfte   + 8.478 €  + 15.755 €   + 7.889 €
VI. Lebenshaltungskosten für zwei Personen   + 13.200 €  + 14.100 € + 15.000 €
VII. Fehlbetrag   + 30.398 € + 31.946 € + 53.263 €

ʘ 18.06.2021