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1.5 Klärung der persönlichen Steuerpflicht

Einkommensteuererklärung

Zusammenfassung / Begriff

Das Einkommensteuergesetzt benennt zwei Arten der persönlichen Steuerpflicht: Die unbeschränkte und beschränkte  Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 und 4 EStG).

Im Normalfall erfolgt die Veranlagung zur Einkommensteuer nach den Regeln der unbeschränkten Steuerpflicht. In nur wenigen Fällen kommt eine Veranlagung nach den Regeln der beschränkten Steuerpflicht in Betracht. Dazu gibt es unterschiedliche Erklärungsformulare.  

Vor Beginn der Arbeiten an der jährlichen Einkommensteuererklärung muss also rein theoretisch geklärt werden, ob der Steuerpflichtige unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig ist. Danach richtet sich, welche Formulare verwendet werden müssen. 

  • Die unbeschränkte und beschränkte  Steuerpflicht

Hat der Steuerpflichtige einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, unterliegt sein Einkommen der unbeschränkten Steuerpflicht. Steuerpflichtig sind die gesamten Einkünfte, die inländischen und die ausländischen / § 1 EStG. 

Wer keinen Wohnsitz und auch keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ist beschränkt steuerpflichtig mit seinen inländischen Einkünften i. S. des § 49 EStG. 

Wohnsitz im Inland

Seinen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung innehat, die er auch benutzt (§ 8 AO).

Gewöhnlicher Aufenthalt im Inland

Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er nicht nur vorübergehend verweilt. Ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland ist dabei stets dann anzunehmen, wenn sich jemand mehr als 6 Monate (mehr als 183 Tage) zeitlich zusammenhängend im Inland aufhält, z. B. in einem Hotel im Inland oder in einer seiner Wohnung weltweit (§ 9 AO).

Beispiel: Der Steuerpflichtige unterhält drei Wohnungen, eine in New York, eine in London und einer in München. Das Finanzamt in München hat von dritter Seite einen Hinweis erhalten, dass sich  der Steuerpflichtige im Jahr 01 längere Zeit in seiner Wohnung in München aufgehalten. Die Recherchen haben ergeben, dass der Steuerpflichtige sich in der Zeit vom 02.03. bis 30.05. 01 und in der Zeit vom 01. 09. bis 20.12. 01 dort aufgehalten hat. Die 186-Tage-Frist ist mit 201 Tagen weit überschritten. Somit unterliegt der Steuerpflichtige der unbeschränkten Steuerpflicht und muss für 01 eine entsprechende Steuererklärung abgeben. 

  • Wirkung der Steuerpflicht

Je nachdem, welche Art der Steuerpflicht besteht, gelten für die Veranlagung zur Einkommensteuer unterschiedliche Regeln.

Die Regeln zur Veranlagung bei beschränkter Steuerpflicht sind in den §§ 49 bis 51a EStG enthalten.

Es kommt darauf an, ob die Veranlagung nach den Regeln der unbeschränkten Steuerpflicht oder der beschränkten Steuerpflicht erfolgt.

Je nachdem sind auch unterschiedliche Erklärungsformulare zu verwenden, bei unbeschränkter Steuerpflicht das Formular ESt 1 A und bei beschränkter Steuerpflicht das Formular ESt 1 C.

♦    Veranlagung bei unbeschränkter Steuerpflicht

Die unbeschränkte Steuerpflicht erfasst die inländischen Einkünften und die ausländischen Einkünfte (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG), also das sog. "Welteinkommen". 

Gleichwohl ist die unbeschränkte Steuerpflicht gegenüber der beschränkten Steuerpflicht als günstiger zu bewerten. Denn die unbeschränkte Steuerpflicht sieht zahlreiche Steuervergünstigungen vor, die den beschränkt Steuerpflichtigen nicht gewährt werden, wie z.B. den Splittingtarif, den Abzug von Sonderausgaben oder außergewöhnlichen Belastungen. 

  • Doppelte Besteuerung wird vermieden

Im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht werden auch Einkünfte im Ausland erfasst. Hierdurch kann es zu einer doppelten Besteuerung der Einkünfte kommen, weil auch der ausländische Staat auf die in seinem Hoheitsgebiet erzielten Einkünfte Steuern erhebt. Zur Vermeidung der - unerwünschten - doppelten Besteuerung hat Deutschland mit vielen  Drittstaaten Abkommen geschlossen, in denen geregelt ist, welcher Staat die Besteuerung ausübt und welcher nicht (Doppelbesteuerungsabkommen / DBA). Dazu unten mehr.

♦   Veranlagung bei beschränkter Steuerpflicht (§ 1 Abs. 4 und §§ 49 bis 50a EStG)

Welche Einkünfte im Sinne einer beschränkten Steuerpflicht als inländische Einkünfte anzusehen sind, ist abschließend in § 49 EStG geregelt.

Die beschränkte Steuerpflicht weist erhebliche Unterschiede zur unbeschränkten Steuerpflicht auf.  Im Wesentlichen handelt es sich um folgende Unterschiede:

  1. Bei der beschränkten Steuerpflicht wird nicht das Welteinkommen besteuert, sondern nur bestimmte inländische Einkünfte i. S. des § 49 EStG. Allerdings werden nicht alle Einkünfte mit Inlandsbezug erfasst; der Inlandsbezug muss vielmehr eine gewisse Intensität haben.
  2. Zinsen auf Kapitalforderungen unterliegen nur dann einer inländischen Steuerpflicht, wenn sie durch inländischen Grundbesitz dinglich gesichert sind. Bei "normalen Kapitalanlagen" eines Steuerausländers bei einer inländischen Bank verzichtet Deutschland damit auf sein Besteuerungsrecht.
  3. Der Abzug von Werbungskosten und Betriebsausgaben ist bei beschränkter  Stpfl. nur möglich, soweit die Aufwendungen mit inländischen Einkünften im Zusammenhang stehen. 
  4. Ein Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen wird nicht gewährt. 
  5. Steuerabzugsverfahren 

    Die Einkommensteuer wird bei beschränkt Steuerpflichtigen im Wege des Steuerabzugs erhoben

    1. bei Einkünften, die durch im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt werden.
    2. Bei Einkünften, die aus Vergütungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten, insbesondere von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten, Vermittlungsgebühren bei Vermittlung von Berufssportlern.von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, zum Beispiel Plänen, Mustern und Verfahren, herrühren, sowie bei Einkünften, die aus der Verschaffung der Gelegenheit erzielt werden, einen Berufssportler über einen begrenzten Zeitraum vertraglich zu verpflichten (§ 49 Absatz 1 Nummer 2, 3, 6 und 9),

    Der Steuerabzug beträgt 15 Prozent der gesamten Einnahmen.

  6. Grundtabelle Im Übrigen ist immer die Grundtabelle anzuwenden, ohne Rücksicht auf den Familienstand des beschränkt Steuerpflichtigen.
  7. Kein Grundfreibetrag  Außerdem wird dem beschränkt Stpfl. der Grundfreibetrag nicht gewährt (§ 50 EStG).
  8. Keine Kinderfreibeträge Der beschränkt Steuerpflichtige kann auch weitere Freibeträge, wie Kinderfreibeträge, nicht geltend machen.

Doppelbesteuerungsabkommen (DBA): 

Liegen inländische Einkünfte i. S. d. § 49 EStG vor, ist der im Ausland wohnende Steuerpflichtige  mit diesen Einkünften grundsätzlich in Deutschland steuerpflichtig. Dieses Besteuerungsrecht kann allerdings durch ein DBA eingeschränkt werden.

Erstreckt sich ein steuerlich bedeutsamer Sachverhalt über die Grenze von zwei Staaten, wird also das Gebiet zweier Staaten berührt, kommt es zu einer doppelten Besteuerung derselben Einkünfte, wenn sich beide Staaten für steuerberechtigt erklären. Um diese Wirkung zu vermeiden bzw. um grenzüberschreitende Wirtschaftsbeziehungen nicht zu behindern, haben die Staaten in internationalen Verträgen (Doppelbesteuerungsabkommen / DBA), geregelt, wie eine doppelte Besteuerung im Einzelfall zu vermeiden ist. Die danach verbliebenen Lücken werden meist durch innerstaatliche Maßnahmen ausgefüllt oder zumindest gemildert, z. B. durch eine Pauschalierung der deutschen Steuer oder eine Anrechnung der ausländischen Steuer auf die deutsche Einkommensteuer.

DBA sind somit völkerrechtliche Verträge, mit deren Hilfe die Staaten vermeiden, dass bei demselben Steuerpflichtigen dieselben Einkünfte für denselben Zeitraum durch gleichartige Steuern mehrfach belastet werden. Nach § 2 Abs. 1 AO haben DBA Vorrang vor innerstaatlichen Regelungen.

  • Veranlagungsschema bei beschränkter Steuerpflicht
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 49 Abs. 1 Nr. 1§§ 1314 EStG)  ..... €
Einkünfte Gewerbebetrieb, insbesondere in den Fällen einer inländischen Betriebsstätte (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 a) bis g), §§ 15 bis 17 EStG)  ..... €
Einkünfte aus selbstständiger Arbeit mit Inlandsbezug, insbesondere durch eine Betriebsstätte oder Ausübung oder Verwertung im Inland (§ 49 Abs. 1 Nr. 3§ 18 EStG)  ..... €
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit mit Inlandsbezug, insbesondere durch Ausübung oder Verwertung im Inland (§ 49 Abs. 1 Nr. 4§ 19 EStG)  ..... €
Bestimmte Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 a) bis d), § 20 EStG) ..... € 
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn der Mietgegenstand im Inland belegen ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 6§ 21 EStG)  ..... €
Bestimmte sonstige Einkünfte (§ 49 Abs. 1 Nr. 7 bis 10§ 22 EStG)  ..... €
Summe der Einkünfte unter Berücksichtigung von Verlusten, ohne Verlustabzug nach § 10d EStG  ..... €
Darauf Einkommensteuer nach der Grundtabelle  ..... €

Die Einkünfte werden nur insoweit in die Veranlagung einbezogen, als ein Steuerabzug an der Quelle nicht vorgenommen wird. 

  • Steuerabzug an der Quelle

Das Abzugsverfahren wird in weiterem Umfang eingesetzt als bei unbeschränkter Steuerpflicht (§ 50a Abs. 1 EStG). Die Steuer ist durch den Steuerabzug von 15 % regelmäßig abgegolten, sodass diese Einkünfte nicht mehr in eine Veranlagung einbezogen werden (§ 50 EStG).

Wenn keine ausreichende dauernde physische Präsenz im Inland besteht, wie z. B. eine Betriebsstätte, wird die Erhebung der Steuern im Abzugsverfahren durch internationale Auskunftspflichten sichergestellt.

Internationale Auskunftspflichten

Der Aufklärung der Sachverhalte im Steuerabzugsverfahren dient der internationale Auskunftsverkehr, der in § 117 AO, DBA-rechtlich in den Auskunftsklauseln der DBA, innerhalb der EU durch Richtlinien, durch Tax Information Exchange Agreements (TIEA) mit Steueroasen und durch weitere internationale Verträge geregelt ist.

Durch Steuerabzug abgegolten 

Soweit Einkünfte der Lohnsteuer oder der Abgeltungssteuer unterliegen bzw. ein Steuerabzug nach § 50a EStG (für künstlerische, sportliche oder unterhaltenden Darbietungen oder der Verwertung von Urheberrechten) erfolgt, gilt die Einkommensteuer grds. durch den Steuerabzug als abgegolten.

  • Rentner mit Wohnsitz im Ausland

Wer als Rentner seinen Wohnsitz im Ausland hat, muss gleichwohl seine Renteneinkünfte in Deutschland versteuern. Das Finanzamt Neubrandenburg ist zentral zuständig für die Veranlagung von Rentnern mit Wohnsitz im Ausland (§ 49 Abs. 1 Nr. 7 EStG).

Erbschaftsteuer

Hinterlässt ein Rentner eine Immobilie im Ausland, kann es zu einer Doppelbesteuerung im Inland und im Ausland kommen. Es besteht zwar zwischen Spanien und Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen, aber nicht zur Erbschaftsteuer.  

War der Erblasser deutscher Staatsangehöriger, kommt deutsches Erbrecht zur Anwendung. Das gilt auch für Erbvermögen in Spanien, da im spanischen Recht der sogenannte Grundsatz der Nachlasseinheit gilt.

Bei größeren Vermögenswerten im Ausland besteht dringender Regelungsbedarf durch Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. 

  • Zeitweise unbeschränkte Steuerpflicht

Natürliche Personen, die zeitweise unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind (z. B. wegen Wohnsitzverlegung vom/ins Ausland), werden für das ganze Kalenderjahr nach den Regeln zur unbeschränkten Steuerpflicht veranlagt. Dabei sind alle Jahresfreibeträge und Pauschalen zu berücksichtigen und die Abzugssteuern anzurechnen. Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens werden die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte i. S. d. § 49 EStG ermittelt und den unbeschränkt steuerpflichtigen Einkünften hinzugerechnet (§ 2 Abs. 7 Satz 3 EStG).