Aktuelle Seite: Startseite > Inhalt > 01 Meine Steuererklärung > 4.2 Befugnisse der Finanzämter im Besteuerungsverfahren
Steuern? Mach ich selbst.
Einkommensteuererklärung
Zusammenfassung / Begriff
Die Finanzämter sind als örtliche Landesbehörden für die Verwaltung der Steuern mit Ausnahme der Kraftfahrzeugsteuer und der Verbrauchsteuern zuständig (§ 16 AO, § 17 Gesetz über die Finanzverwaltung). Im Rahmen dieser Zuständigkeit haben sie umfassende Ermittlungsbefugnisse.
Der Fiskus macht kein Geheimnis aus seinen Befugnissen, im Gegenteil. Das Wissen über seine Befugnisse soll die Steuerbürger zur Steuerehrlichkeit anhalten.
♦ Der Auftrag des Gesetzgebers
Jedes Jahr branden Millionen von Steuererklärungen in die Amtsstuben der Finanzämter. Die Steuererklärungen müssen somit innerhalb eines Jahres veranlagt / bearbeitet / abgewickelt werden, bevor die nächste Welle in die Amtsstuben brandet. Dazu hat der Gesetzgeber den Finanzämtern umfangreiche Befugnisse erteilt.
Die Finanzämter können sowohl gegen einen bestimmten Steuerpflichtigen ermitteln als auch unbekannte Steuerfälle erforschen (§ 85 Nr. 1 AO). Sie können mit der Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle auch die Steuerfahndung beauftragen (§ 208 Abs. 1 AO).
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Der gesetzliche Auftrag "sicherzustellen", dass Steuern nicht verkürzt werden, ermöglicht es den Finanzämtern, auch andere Behörden um Amtshilfe zu ersuchen. Im Übrigen haben Behörden und Rundfunkanstalten besondere Mitteilungspflichten. Dazu Hinweis auf die Mitteilungsverordnung.
Die Finanzämter müssen die Besteuerungsgrundlagen jeweils ohne Rücksicht auf die Behandlung desselben Sachverhalts in Vorjahren selbstständig feststellen und jeweils die Rechtslage neu beurteilen. Sie sind somit an die Rechtsbehandlung in früherer Veranlagungen nicht gebunden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Steuerpflichtigen wirksam eine bestimmte Behandlung zugesagt worden ist (Verbindliche Auskunft / § 89 Abs. 2 AO und § 204 ff. AO) oder die Finanzbehörde durch ihr früheres Verhalten einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BFH-Urteil vom 30.9.1997, IX R 80/94). Die Finanzbehörde ist aber selbst dann nicht an eine bei einer früheren Veranlagung zugrunde gelegte Auffassung gebunden, wenn der Steuerpflichtige im Vertrauen darauf disponiert hat (BFH-Urteil vom 21.10.1992, X R 99/88).
In Zeiten der elektronischen Datenverarbeitung liegt es auf der Hand, die Veranlagungen zur Einkommensteuer möglichst in einem automatisierten Verfahren abzuwickeln. Dafür wurden sog. "Risikomanagementsysteme" (RMS) entwickelt.
Ziel der RMS ist, das Risiko für Steuerausfälle auf Basis der verfügbaren Daten automatisiert zu bewerten. Dabei wird die Bearbeitungsintensität der Steuerfälle auf deren Risikogehalt abgestimmt. Risikoreiche Fälle werden genauer geprüft, risikoärmere Fälle entsprechend weniger oder gar nicht, also rein maschinell und ungeprüft verarbeitet.
Die einfachen / typischen Veranlagungsfälle werden unbearbeitet durchgeschleust, d. h. programmgesteuert erledigt. Welche Fälle das sind, ist geheim. A-typische Fälle werden nach bestimmten Kriterien - Anwendung des sog. Risikomanagement-Systems - herausgepickt und personell bearbeitet.
In der Praxis kommen RMS hauptsächlich für die Einkommensteuer, Lohnsteuer und Umsatzsteuer zum Einsatz.
Gut zu wissen
Wenn Sie Belege beifügen oder ergänzende Angaben machen (Zeile 37 Hauptvordruck) , wird Ihre Steuererklärung nicht automatisch durchgeschleust, sondern kommt auf den Tisch des Veranlagungsbeamten. Daran sollten Sie denken, wenn Sie Belege beifügen oder ergänzende Angaben machen.
♦ Mitwirkungspflichten (§ 90 AO)
Zur ordnungsgemäßen Durchführung des Besteuerungsverfahrens haben die Steuerbürger ihre steuerlichen Verhältnisse zu offenbaren und die Besteuerungsgrundlagen zu erklären. Die Finanzämter ermitteln zwar den Sachverhalt im Besteuerungsverfahren von Amts wegen. Dies gebietet der sog. Untersuchungsgrundsatz nach § 88 AO. Andererseits sind die Steuerbürger aber dabei auch zur Mitwirkung verpflichtet.
Die Steuerbürger kommen ihrer Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen legen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles.
Amtsträger des Finanzamts und die nach den §§ 96 und 98 zugezogenen Sachverständigen sind berechtigt, Grundstücke, Räume, Schiffe, umschlossene Betriebsvorrichtungen und ähnliche Einrichtungen während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeit zu betreten, soweit dies erforderlich ist, um im Besteuerungsinteresse Feststellungen zu treffen. Die betroffenen Personen sollen eine angemessene Zeit vorher benachrichtigt werden. Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.
Vor der Besichtigung soll die Finanzbehörde den Steuerpflichtigen angemessene Zeit vorher benachrichtigen. Es sei denn, der vorgesehene Zweck wird durch die Ankündigung vereitelt.
Häusliches Arbeitszimmer
So hat z. B. das Niedersächsische FG entschieden, dass bei der geplanten Besichtigung eines Arbeitszimmers eine vorherige Benachrichtigung unterbleiben kann, weil der Steuerpflichtige ansonsten durch kurzfristiges Entfernen oder Umstellen von Einrichtungsgegenständen die Sachaufklärung vereiteln könnte (Niedersächsisches FG Urteil vom 09.03.1993 - VII 314/90). Verweigert der Steuerpflichtige den Zutritt, sind die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer regelmäßig im Wege der Beweiswürdigung nicht abzugsfähig (Niedersächsisches FG Beschluss vom 02.06.2009 - 7 V 76/09).
♦ Auskunftspflichten (§ 93 AO)
Die Beteiligten, andere Personen, Betriebe, Behörden und Vereine und haben den Finanzämtern die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Andere Personen als die beteiligten Steuerbürger sollen indessen erst dann zur Auskunft aufgefordert werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.
Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde auf Verlangen Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen. Im Vorlageverlangen ist anzugeben, ob die Urkunden für die Besteuerung des zur Vorlage Aufgeforderten oder für die Besteuerung anderer Personen benötigt werden (§ 97 AO).
♦ Kontrollmitteilungen (§ 194 Abs. 3 AO)
Bei Kontrollmitteilungen geht es um Feststellungen, die für die Besteuerung "anderer Steuerpflichtiger" ausgewertet werden können, auch wenn diese in anderen Bundesländern ansässig sind. Hauptsächlich werden Kontrollmitteilungen im Rahmen einer Außenprüfung gefertigt. So soll jeder Außenprüfer möglichst je Prüfungsfall 10 bis 20 Kontrollmitteilungen schreiben, hört man hinter vorgehaltener Hand.
Das zuständige Finanzamt nimmt die Kontrollmitteilung zunächst zu den Akten des "anderen Steuerpflichtigen" und prüft erst bei dessen Veranlagung, ob dieser die Ausgabe als Einnahme angegeben hat, ggfs. später im Rahmen einer Außenprüfung. Dies gilt auch, wenn die Steuer des "anderen Steuerpflichtigen" bereits festgesetzt ist. Ggfs. wird der betreffende Steuerbescheid wegen neuer Tatsachen geändert (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
Beispiel 1: Ein Versicherungsmakler hat einem Dritten eine Provision gezahlt für die Vermittlung eines Kunden. Während der Außenprüfung des Versicherungsmaklers fertigt der Prüfer darüber eine Kontrollmitteilung. Diese Provision gehört zu den sonstigen Einkünften und ist steuerpflichtig (Anlage SO).
Beispiel 2: Ein Steuerpflichtiger macht in seiner Steuererklärung Handwerkerleistungen geltend. Das Finanzamt fordert zur näheren Überprüfung darüber Belege an. Der Bearbeiter fertigt bei dieser Gelegenheit eine Kontrollmitteilung. Anlässlich einer Außenprüfung des Handwerkers wird geprüft, ob dieser die Einnahme in seiner Buchführung erfasst hat. Oder ein Sachverhaltsermittler macht einen Spontanbesuch, wenn der Handwerker bereits steuerlich aufgefallen ist und prüft vor Ort, ob die Einnahme erfasst ist. Wenn nicht, kann seine Buchführung verworfen und Umsatz und Gewinn geschätzt werden.
♦ Anzeigen / Meldungen an die Finanzämter (§ 116 AO)
Neben der Auswertung von Kontrollmitteilungen werden auch Informationen aus sog. Selbstaufgriffen der Steuerfahndung generiert, d. h. aus Zeitungsartikeln, Annoncen, Anzeigen unter Chiffre, im Internet / eBay usw. (§ 148 Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren).
Der weitaus größte Anteil stammt indessen aus Anzeigen der Staatsanwaltschaften, der Gerichte und Notare, Handelskammern, Arbeitsagenturen und den Sozialbehörden.
Rechtsgrundlage für die - verpflichtenden - Meldungen der Gerichte und anderer Behörden ist die Vorschrift des § 116 AO / Anzeige von Straftaten:
Gerichte und die Behörden von Bund, Ländern und kommunalen Trägern der öffentlichen Verwaltung, die nicht Finanzbehörden sind, haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die auf eine Steuerstraftat schließen lassen, dem Bundeszentralamt für Steuern oder, soweit bekannt, den für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden mitzuteilen.
♦ Ungeklärter Vermögenszuwachs
Auch im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Steuererklärungen können Feststellungen getroffen werden, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. Dazu gehören z. B. ungeklärte Vermögenszuwächse. Wenn ein solcher nicht mit entsprechend hohen Einkünften einhergeht, ergeht ein Prüfhinweis.
Ein ungeklärter Vermögenszuwachs kann aus eigenem Schwarzgeld stammen, aber auch aus dem Schwarzgeld der Eltern, aus Schenkungen oder Erbschaften, deren Ursprung wiederum Schwarzgeld sein kann.
Zu jeder größeren Finanzierung macht der Bearbeiter meistens automatisch einen Vermerk mit der Überschrift: "Die Finanzierung ist wie folgt belegt ... / nicht belegt". Ist die Finanzierung nicht belegt, muss ein Sachverhaltsermittler oder ein Flankenschutzfahnder den Sachverhalt aufklären.
Mehr erfahren: ? Suchen anklicken und den Begriff >Flankenschutzfahnder< eintragen.
♦ Was weiß das Finanzamt?
Außenstehende Dritte sind verpflichtet, die Finanzämter über steuerrelevante Vorgänge zu informieren:
Mehr erfahren: ? Suchen anklicken und den Begriff >Kontenabruf< eintragen.
Im Steuerstrafverfahren sind Kreditinstitute zur Auskunft über ihre Mandanten verpflichtet. Im Todesfall des Konteninhabers haben sie dem Erbschaftsteuerfinanzamt den Bestand der Konten und der Wertpapierdepots mitzuteilen. Die Erbschaftsteuerstellen geben diese Informationen an die Wohnsitzfinanzämter weiter.Zusätzlich zu diesen gesetzlich verankerten Informationspflichten gibt es noch so einige delikate Informationsquellen, wenn z. B. ein Steuerpflichtiger Selbstanzeige erstattet und dabei Sachverhalte offenbart, die auch Dritte steuerlich belasten. Oder es gehen beim Finanzamt anonyme Anzeigen seitens gekränkter Ehepartner oder Geliebter / Liebhaber ein oder seitens gekündigter Arbeitnehmer oder Enterbter, die Steuerdelikte zum Gegenstand haben.