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1.4.0 Zeile 30 Ortsfeste betriebliche Einrichtung

Anlage N

♦   Ortsfeste betriebliche Einrichtung

Als erste Tätigkeitsstätte kommen neben großflächigen Gebieten nur ortsfeste betriebliche Einrichtungen infrage.

Wenn es daran hapert, können bei Auswärtstätigkeiten Reisekosten abgezogen werden, die bessere Alternative.  

Ortsfeste Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Betriebsmittel, die dem Arbeitgeber gehören und überwiegend standortgebunden genutzt zu werden (BFH Urteil vom 04.04.2019 - VI R 27/17). 

Als ortsfeste betriebliche Einrichtungen gelten zunächst der Betrieb selbst oder ein Zweigbetrieb des Arbeitgebers, aber auch Bus- oder Straßenbahndepots sowie Fahrkartenverkaufsstellen.

Die ortsfeste betriebliche Einrichtung muss nicht die Kriterien eines Gebäudes erfüllen.

Ein Schiff bzw. Marineboot kann keine erste Tätigkeitsstätte sein, weil nicht ortsfest. Dasselbe gilt für Fahrzeuge, wie Lkw einer Spedition, Reise- oder Linienbus, Züge, Straßenbahnen und andere Schienenfahrzeuge, aber auch Flugzeuge.

Ein häusliches Arbeitszimmer ist keine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers und kann somit keine erste Tätigkeitsstätte sein.

♦   Weitere Voraussetzungen für ortsfeste betriebliche Einrichtungen

Zur Annahme einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer an dem zugeordneten Ort auch tatsächlich zumindest in geringem Umfang "tätig" wird. 

  • Müllwerker

So haben Müllwerker auf dem Betriebshof keine erste Tätigkeitsstätte, weil sie dort auch nicht in geringem Umfang tätig werden (BFH Urteil vom 02.09.2021 - VI R 25/19). 

Der Fahrer eines Müllfahrzeugs ist schwerpunktmäßig auf einem Fahrzeug und damit auswärts tätig (BFH Urteil vom 06.02.2014 - VI R 34/13). Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und dem Ort, an dem er das Fahrzeug übernimmt, sind daher nicht in Höhe der Entfernungspauschale, sondern nach Dienstreisegrundsätzen als Werbungskosten abzugsfähig.

  • Mitarbeiter im kommunalen Ordnungsdienst

Weil der Mitarbeiter im Büro auch prägende Tätigkeiten der Vor- und Nachbereitung ausübt, ist dort eine erste Tätigkeitsstätte anzunehmen (BFH Urteil vom 02.09.2021 - VI R 9/19).

  • Feuerwehrmann

Angehörige der Betriebs-/Werksfeuerwehr haben eine erste Tätigkeitsstätte am Zuordnungsort / Feuerwehrgebäude, wenn sie dort Bereitschaftsruhezeiten haben.

  • Polizisten im Streifendienst

Auch diese haben am Zuordnungsort (Dienstelle / Wache) ihre erste Tätigkeitsstätte (BFH Urteil vom 4.4.2019 – VI R 27/17). Ihre erste Tätigkeitsstätte ist in ihrer Dienststelle, auch wenn sie meist auswärts in ihrem Streifengebiet im Einsatz sind. Reisekostenabzug entfällt. Die Dienststelle gehört mit zum weiträumigen Tätigkeitsgebiet, das der Streifenpolizist nicht verlässt, auch wenn er auf Streife ist.

  • Großflächige Gebiete / Häfen

Auch ein großflächig erschlossenes Gebiet kann eine erste Tätigkeitsstätte sein, etwa eine Werksanlage, ein Betriebsgelände, ein Bahnhof oder ein Flughafen, Seehafen.

  • Tätigkeit auf Fahrzeugen

Wer ausschließlich auf Fahrzeugen arbeitet,  kann Reisekosten abziehen bzw. steuerfrei erstattet erhalten, weil Fahrzeuge keine ortsfesten Einrichtungen sind (R 9 Abs. 2 Satz 2 LStR).

Beispiel 1: 

Ein LKW-Fahrer / Fernfahrer ist jeweils von Montag bis Freitag ausschließlich mit seinem LKW  unterwegs. Den LKW  übernimmt er jeweils am Montagmorgen am Fahrzeugstandort seines Arbeitgebers, wo er ihn am Freitagmittag übers Wochenende im firmeneigenen Fahrzeugdepot wieder abstellt. Im Arbeitsvertrag ist der Betriebsstandort des Arbeitgebers als erste Tätigkeitsstätte festgelegt.

Aufgrund der Festlegung im Arbeitsvertrag ist das Fahrzeugdepot als ortsfeste Einrichtung des Arbeitgebers die erste Tätigkeitsstätte des Lkw-Fahrers. Die Wochentour mit dem LKW ist eine begünstigte berufliche Auswärtstätigkeit. Die Fahrten können als steuerfreie Reisekosten abgerechnet werden.

Die Fahrten zwischen Wohnung und Fahrzeugstandort dürfen dagegen nur in Höhe der Entfernungspauschale berücksichtigt werden.

Beispiel 2: 

Bus- oder LKW-Fahrer haben regelmäßig keine erste Tätigkeitsstätte. Dieser Personenkreis kann daher Reisekostenabzug geltend machen. Ohne erste Tätigkeitsstätte muss das Finanzamt die Verpflegungskostenpauschale akzeptieren. Für die Überachtung im Fahrzeug wird eine Übernachtungspauschale von 5 € je Übernachtung anerkannt (FG München Urteil vom 02.09.2015 - 7 K 2393/13).

Allein ein regelmäßiges Aufsuchen der betrieblichen Einrichtung, z. B. für kurze Rüstzeiten, zur Berichtsfertigung, zur Vorbereitung der Zustellroute, zur Wartung und Pflege des Fahrzeugs, zur Abholung oder Abgabe von Kundendienstfahrzeugen oder LKWs einschließlich deren Be- und Entladung, zur Abgabe von Auftragsbestätigungen und Stundenzetteln, Krankmeldungen und Urlaubsanträgen führt hier noch nicht zu einer Qualifizierung der betrieblichen Einrichtung als erste Tätigkeitsstätte

Beispiel 3: 

Der Kundendienstmonteur K, der von seinem Arbeitgeber keiner betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet ist, sucht den Betrieb seines Arbeitgebers regelmäßig auf, um den Firmenwagen samt Material zu übernehmen, die Auftragsbestätigungen in Empfang zu nehmen und die Stundenzettel vom Vortag abzugeben.

Der K hat keine erste Tätigkeitsstätte. Der Betrieb seines Arbeitgebers wird auch durch das regelmäßige Aufsuchen nicht zur ersten Tätigkeitsstätte, da er seine eigentliche berufliche Tätigkeit an diesem Ort nicht ausübt.

Ausnahme: Lediglich, wenn dauerhaft und typischerweise arbeitstäglich ein vom Arbeitgeber festgelegter Ort aufgesucht werden soll, werden die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort / Sammelpunkt / Treffpunkt  mit der Entfernungspauschale berücksichtigt. Für die weiteren Fahrten auf dem Fahrzeug von dort ist Reisekostenabzug möglich.

Beispiel 4: 

Bauarbeiter / Maler / Fliesenleger haben ebenfalls in der Regel keine erste Tätigkeitsstätte. Auch sie können Reisekosten geltend machen.

Ausnahme: Nur dann, wenn dauerhaft und typischerweise arbeitstäglich ein vom Arbeitgeber festgelegter Ort aufgesucht werden soll, werden die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort / Sammelpunkt ebenso behandelt wie die Fahrten von der Wohnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte. Für die weiteren Fahrten von dort ist Reisekostenabzug möglich. 

  • Weiträumiges Tätigkeitsgebiet

Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet kann erste Tätigkeitsstätte sein. Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet liegt vor, wenn ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (z. B. Werksanlage, Betriebsgelände, Zechengelände, Bahnhof oder Flughafen) in Betracht). Auch ein im Bau befindliches Wohngebiet oder ein im Bau befindliches Hochhaus kann erste Tätigkeitsstätte sein, wenn diese vom Arbeitgeber betrieben werden. 

  • Bauarbeiter im Baucontainer

Baucontainer, die z. B. auf einer Großbaustelle längerfristig fest mit dem Erdreich verbunden sind und in denen sich z. B. Baubüros, Aufenthaltsräume, Schlafräume und Sanitäreinrichtungen befinden, stellen "ortsfeste" betriebliche Einrichtungen dar. Bauarbeiter, die dort für die Dauer einer Bauprojekts wohnen, haben im Baucontainer ihre erste Tätigkeitsstätte. Reisekostenabzug entfällt. Ein Abzug wegen doppelter Haushaltsführung ist möglich. 

  • Waldgebiet als erste Tätigkeitsstätte / Forstarbeiter / Waldarbeiter

Auch ein Waldgebiet kann eine erste Tätigkeitsstätte sein.

Beispiel:

Der Forstarbeiter A fährt an 150 Tagen mit dem PKW von seiner Wohnung zu dem 15 km entfernten, nächstgelegenen Zugang des von ihm täglich zu betreuenden Waldgebietes (weiträumiges Tätigkeitsgebiet). An 70 Tagen fährt A von seiner Wohnung über einen weiter entfernt gelegenen Zugang (20 km) in das Waldgebiet.

Die Fahrten von der Wohnung zu dem weiträumigen Tätigkeitsgebiet werden behandelt wie die Fahrten von der Wohnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte. A kann somit für diese Fahrten lediglich die Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 EUR je Entfernungskilometer (= 15 km × 0,30 EUR) als Werbungskosten ansetzen. Die Fahrten innerhalb des Waldgebietes können mit den tatsächlichen Kosten oder aus Vereinfachungsgründen mit dem pauschalen Kilometersatz in Höhe von 0,30 EUR je tatsächlich gefahrenen Kilometer berücksichtigt werden.

Bei den Fahrten zu dem weiter entfernt gelegenen Zugang werden ebenfalls nur 15 Kilometer mit der Entfernungspauschale (15 km × 0,30 EUR) berücksichtigt. Die jeweils zusätzlichen fünf Kilometer für den tatsächlich längeren Hin- und Rückweg, werden ebenso wie die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebietes mit den tatsächlichen Kosten oder aus Vereinfachungsgründen mit dem pauschalen Kilometersatz in Höhe von 0,30 EUR je gefahrenem Kilometer berücksichtigt.

Somit sind für 220 Tage jeweils 15 km mit der Entfernungspauschale und die restlichen tatsächlich gefahrenen Kilometer mit den tatsächlichen Kosten oder aus Vereinfachungsgründen mit dem pauschalen Kilometersatz in Höhe von 0,30 EUR anzusetzen.

Keine Verpflegungspauschale

Auf die Berücksichtigung von Verpflegungspauschalen oder Übernachtungskosten als Werbungskosten sowie den steuerfreien Arbeitgeberersatz hat diese Festlegung "tätig werden in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet" keinen Einfluss, da der Arbeitnehmer weiterhin außerhalb einer ersten Tätigkeitsstätte - und damit auswärts - beruflich tätig wird. Es wird nur die Anwendung der Entfernungspauschale für die Fahrtkosten von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang zu dem weiträumigen Tätigkeitsgebiet sowie die Besteuerung eines geldwerten Vorteils bei Dienstwagengestellung durch den Arbeitgeber nach § 8 Absatz 2 Satz 3 und 4 EStG festgelegt und der steuerfreie Arbeitgeberersatz für diese Fahrten nach § 3 Nummer 13 oder Nummer 16 EStG ausgeschlossen.

  •   Bildungseinrichtung / Schule, Hochschule 

Erste Tätigkeitsstätte kann auch eine Bildungseinrichtung sein, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer anderen vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird (§ 9 Abs. 4 Satz 8 EStG).

Beispiel: A ist (gelernter) Behälter- und Apparatebauer. Im Veranlagungsjahr besuchte er acht Monate in Vollzeit einen Schweißtechnikerlehrgang bei der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt in B-Dorf. In einem Arbeitsverhältnis stand er während dieses Zeitraums nicht. Die Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt ist seine Erste Tätigkeitsstätte (BFH Urteil vom 14.05.2020 - VI R 24/18).  

Die Richter beim BFH urteilten, Finanzamt und Finanzgericht hätten zu Recht die Aufwendungen für die Unterkunft in B-Dorf sowie die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen nicht zum Werbungskostenabzug (Reisekosten) zugelassen, da der Kläger während des Schweißtechnikerlehrgangs nicht auswärts tätig gewesen sei, sondern seine erste Tätigkeitsstätte am Ort der Bildungseinrichtung in B-Dorf gehabt habe. Die Voraussetzungen für den Abzug als Reisekosten seien nicht gegeben. Abzugsfähig sei nur die Entfernungspauschale.

♦   Häusliches Arbeitszimmer / Homeoffice

Das häusliche Arbeitszimmer des Arbeitnehmers oder das Homeoffice sind keine betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers und können daher keine erste Tätigkeitsstätten sein. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer einen oder mehrere Arbeitsräume anmietet, die der Wohnung des Arbeitnehmers zuzurechnen sind. Auch in diesem Fall handelt es sich bei einem häuslichen Arbeitszimmer um einen Teil der Wohnung des Arbeitnehmers. Zur Abgrenzung, welche Räume der Wohnung des Arbeitnehmers zuzurechnen sind, ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall abzustellen, z. B. unmittelbare Nähe zu den privaten Wohnräumen (BMF-Schreiben vom  25.11.2020, IV C 5 - S 2353/19/10011 :006).

 

Erste Tätigkeitsstätte ist ein gemeinsamer Begriff für die Entfernungspauschale und für Reisekosten bei Dienstreisen.

  • Erste Tätigkeitsstätte für die Entfernungspauschale

Nur Tage, an denen der Arbeitnehmer seine erste Tätigkeitsstätte oder einen Sammelpunkt aufsucht, fallen unter die Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Dasselbe gilt für Tage, an denen der Arbeitnehmer eine Familienheimfahrt im Rahmen der doppelten Haushaltsführung unternimmt (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG).  

  • Erste Tätigkeitsstätte für Reisekosten bei Dienstreisen

Eine Dienstreise im steuerlichen Sinne unternimmt, wer aus beruflichen Gründen vorübergehend außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte und außerhalb seiner Wohnung tätig wird (Auswärtstätigkeit / BFH Urteil v. 14.4.1967 - VI R 168/66).

⇒   Erste Tätigkeitsstätte / Sammelpunkt

  • Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.

Die dauerhafte Zuordnung wird durch den Arbeitgeber sowie Absprachen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestimmt. Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer

  1. unbefristet,
  2. für die Dauer des Dienstverhältnisses oder
  3. über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. 

Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft

  1. je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder
  2. mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.

Eine erste Tätigkeitsstätte kann ebenso ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (z. B. Werksanlage, Betriebsgelände, Bahnhof, Flughafen) oder eine Bildungseinrichtung, die außer halb eines Dienstverhältnisses aufgrund eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird, sein.

  •  Sammelpunkt 

Liegt keine erste Tätigkeitsstätte vor und bestimmt Ihr Arbeitgeber, dass Sie sich dauerhaft arbeitstäglich an einem festgelegten Ort einfinden sollen (z. B. Busdepot, Betrieb des Arbeitgebers), um von dort die berufliche Tätigkeit aufzunehmen oder die Einsatzorte aufzusuchen, werden die Fahrten von der Wohnung zu diesem Sammelpunkt wie Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte behandelt.

Tipp Besser keine erste Tätigkeitsstätte

Wer keine erste Tätigkeitsstätte hat, kann und auswärts tätig wird, kann arbeitstäglich Reisekosten geltend machen. Ohne erste Tätigkeitsstätte können Sie bei Auswärtstätigkeit z. B. als Monteur oder Arbeiter am Bau Reisekosten als Werbungskosten geltend machen oder der Arbeitgeber kann steuerfrei Reisekosten zahlen (§ 3 Nr. 13 / 16 EStG).