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1.0.3 Entfernungspauschale: Unfallkosten gehen extra

Anlage N

Zusammenfassung / Begriff

Mit der Entfernungspauschale sind alle typischen Fahrzeugkosten durch Fahrten zur Arbeit abgegolten,  wie z. B. Absetzung für Abnutzung, Treibstoff, Inspektionen, Kfz-Steuer, Kfz-Versicherung und Stellplatz / Garage.

Nicht zu den typischen Fahrzeugkosten gehören die Unfallkosten, die deswegen zusätzlich neben der Entfernungspauschale geltend gemacht werden können, sofern die Unfallfahrt beruflich veranlasst war.

Abzugsfähig sind Reparaturkosten, Auslagen für die Selbstregulierung, die Selbstbeteiligung in der Kaskoversicherung, Aufwendungen für Gutachter, einen Anwalt und die Gerichtskosten.  Ob der Werbungskostenabzug auch für Personenschäden gilt, ist offen.

  • Beruflich veranlasst sind

1. Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte,

2. Umwegfahrt zur Arbeit zum Betanken des Fahrzeugs. Die Tankuhr muss auf Reserve stehen, ansonsten ist die Umwegfahrt nicht beruflich veranlasst (BFH v. 11.10.1984 - VI R 48 / 81).

3. Fahrt von oder zu einem Betriebsausflug, Jubiläumsfeier (BFH v. 28.10.1994 – VI R 54 / 94),

4. Fahrt zum Mittagessen in einer Gaststätte in der Nähe (BFH v. 18.12.1981 - VI R 201 / 78).

  • Nicht beruflich veranlasst sind

1. Unfall unter Alkoholeinfluss (BFH v. 24.05.2007 - VI R 73 / 05),

2. Unfall bei einer Leerfahrt zum Abholen des Ehepartners (BFH v. 11.02.1993 - VI R 82 / 92).

3. Unfall auf einer Umwegstrecke. Die Umwegstrecke kann z. B. durch folgende private Umstände veranlasst sein:

a) Lebensmittel zum Verzehr am Arbeitsplatz eingekauft (BFH v. 12.01.1996 - VI R 69 / 95)

b) Kind morgens in den Kindergarten gebracht (BFH v. 13.3.1996 – VI R 94 / 95),

c) Fahrt nicht von der eigenen Wohnung aus angetreten, z. B. Übernachtung beim Lebenspartner,

d) Unfall auf der Strecke von der Arbeitsstelle oder zur Arbeitsstelle zum Arzt (BFH v. 13.07.2009 - III B 117 / 08).

4. Reparaturkosten wegen Falschbetankung auf dem Weg zur Arbeit (BFH 20.03.2014 - VI R 29/13)

♦   Art und Umfang des Unfallschadens

Hier gilt es zu unterscheiden zwischen einem Totalschaden und einem Teilschaden.

  • Totalschaden durch Unfall

Bei einem Totalschaden ist der »Restwert / Buchwert« im Zeitpunkt des Unfalls als Werbungskosten absetzbar (§ 9 Abs. 1 Nr. 7 i. V. mit § 7 Abs. 1 Satz 6 EStG).

Erleidet ein Arbeitnehmer auf einer beruflichen Reise einen PKW-Unfallschaden, kann die Absetzung für außerordentliche Abnutzung (AfaA) als Werbungskosten in Abzug gebracht werden. Bei der Berechnung des nach der Rechtsprechung zu Grunde zu legenden fiktiven „Buchwerts” ist abweichend von den AfA-Tabellen grundsätzlich von einer achtjährigen Abschreibungsdauer (96 Monate) auszugehen (FG München 7.12.2001 – 1 K 5272/00). Der Totalschaden  bemisst sich nach der Differenz zwischen einem fiktiv zu ermittelnden „Buchwert” des PKW im Zeitpunkt des Unfalls und dem Zeitwert nach dem Unfall. Hierbei ist der fiktive „Buchwert” in der Weise zu ermitteln, dass die Anschaffungskosten des PKW um die lineare AfA gekürzt werden, die der Steuerpflichtige bis zum Unfallzeitpunkt hätte in Anspruch nehmen können, wenn er das Fahrzeug ausschließlich zur Einkünfteerzielung verwendet hätte (vgl. Urteil des BFH vom 24.11.1994 IV R 25/94).

Bei einem Gebrauchtahrzeug beginnt die Nutzungsdauer für den Erwerber neu zu laufen und bestimmt sich nach der Restnutzungsdauer.

Berechnung des Restwerts

Der Restwert ergibt sich aus den Anschaffungskosten nach Abzug einer fiktiven Abschreibung bis zum Unfallzeitpunkt. Abschreibungsdauer 8 Jahre = 96 Monate. 

Beispiel

Anschaffungskosten im Januar 01 48.000 €
Abschreibung bis zum Unfall Mai 03 = 28/96 14.000 €
Restwert im Zeitpunkt des Unfalls 34.000 €
- Schrottwert 500 €
Absetzbar als Unfallkosten 33.500 €

Dies bedeutet: Ist das verunfallte Fahrzeug älter als 8 Jahre, beträgt der Restwert stets 0 €, somit sind keine Unfallkosten entstanden. Andernfalls würde der Steuerzahler ein bereits abgeschriebenes Auto nochmals absetzen können, so die Begründung. Also: Leider keine Werbungskosten bei Totalschaden eines Pkw nach Ablauf der Nutzungsdauer (BFH 24. 11. 1994 - BStBl 1995 II S. 318).

  • Teilschaden durch Unfall

Absetzbar sind die Reparaturkosten nach Abzug von evtl. Erstattungen von dritter Seite (Versicherungsleistungen).

Die unfallbedingte Wertminderung eines Kraftfahrzeugs führt, soweit sie aufgrund einer Reparatur wieder behoben worden ist, nicht zu abziehbaren Werbungskosten. Insoweit sind lediglich die tatsächlichen Reparaturkosten berücksichtigungsfähig (BFH 27.8.1993 - VI R 7/92).

Haben Sie den Unfall selbst verschuldet und das Fahrzeug nur notdürftig selbst repariert, können Sie den Wertverlust indessen im Jahr des Unfalls als Werbungskosten geltend machen. In diesem Fall ist der Wertverlust als Werbungskosten abzugsfähig.

Motorschaden

Ein Motorschaden ist nur abzugsfähig, wenn der Schaden aufgrund von Alter und Laufleistung ungewöhnlich ist (BFH Urteil vom 29.01.1982 - VI R 133/79).

In Anlehnung an die Bedingungen der Reparaturschadensversicherungen sei ungeachtet der Fahrzeugart bei einer Motorleistung bis zu 60.000 km innerhalb der ersten drei Jahre ein Motorschaden grundsätzlich immer als atypischer Schaden anzusehen.

Die Kosten  können jedoch nicht ausschließlich dem beruflichen Bereich zugeordnet werden, weil die zugrunde liegenden Ursachen sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich gesetzt werden, so dass eine entsprechende Aufteilung erfolgen muss. Die Aufteilung führt im konkreten Fall z. B. dazu, dass die Aufwendungen nur in Höhe eines Drittels abzugsfähig sind, wenn das Verhältnis der beruflichen zu den privat gefahrenen Strecken 1 : 2 beträgt.

♦  Parkgebühren am Arbeitsplatz

Auch Parkgebühren sind mit der Entfernungspauschale abgegolten. Demzufolge müsste die Übernahme der Parkgebühren durch den Arbeitgeber steuerpflichtig sein. Dem ist aber nicht so. Der Arbeitgeber kann seinen Arbeitnehmern während der Arbeitszeit kostenlos Park- und Stellplätze zur Verfügung stellen, ohne dass der Vorteil daraus zu versteuern ist (Erlass FinMin NRW v. 28.9.2006, S 2334-61-VB 3). Es ist dabei ohne Bedeutung, ob die Park- oder Stellplätze dem Arbeitgeber gehören oder ob er sie anmietet.

Anders ist die Lage, wenn der Arbeitgeber den Parkplatz an der Wohnung des Arbeitnehmers bezahlt. Dann ist die Vorteil steuerpflichtig, es sei denn, es wird dort ein Firmenwagen geparkt.

Tipp Krankheitskosten für Wegeunfall voll absetzen

Wer auf dem Weg zu seiner ersten Tätigkeitsstätte einen Unfall hat, kann die Aufwendungen für ärztliche Behandlungen als Werbungskosten abrechnen, sofern die Berufsgenossenschaft die Kosten nicht erstattet, so geschehen in einem Streitfall vor allem für Kosten wegen Gesichtsoperationen. Diese Kosten sind zusätzlich zur Entfernungspauschale abzugsfähig (BMF-Schreiben vom 18.11.2021 - BStBl I 2021 S. 2315) /  FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 23.02.2016 - 1 K 2078/15).