Helfer in Steuersachen

Steuern? Mach ich selbst.

1.0.1 Entfernungspauschale / Details / Zeile 31 ff

Anlage N

♦  Tägliche Fahrten oder doppelte Haushaltsführung

Manchmal schwer zu entscheiden: Entweder tägliche Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte unter Ansatz der Entfernungspauschale oder die Einrichtung einer zweiten Unterkunft am Beschäftigungsort unter Abzug der Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung.

  • Machen Sie die Günstigerprüfung

Wenn Sie wissen wollen, was steuerlich günstiger ist, müssen Sie die absetzbaren Kosten gegenüberstellen. Es ist eine reine Rechenaufgabe, was insgesamt günstiger ist.

Trotz Unterkunft am Arbeitsort können Sie die Entfernungspauschale eintragen, wenn Sie arbeitstäglich gefahren sind und die Unterkunft am Arbeitsort nur für Notfälle angemietet haben (z. B. für ungünstige Witterungsverhältnisse durch Nebel oder Schneefall). Die Kosten der Unterkunft am Arbeitsort sind dann aber nicht absetzbar, weil privat veranlasst.

Haben Sie sich zunächst für die tägliche Rückkehr entschieden, sind aber nach längerer Zeit der täglichen Fahrerei überdrüssig geworden und haben am Beschäftigungsort eine Unterkunft genommen, führt das zu einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung (BFH – BStBl 1979 II S. 520; FG Münster v. 24. 9. 1985 – EFG 1986 S. 339).

♦   Andere als kürzeste Straßenverbindung

Eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann bei Nutzung eines PKW, eines Motorrades oder als Teilnehmer einer Fahrgemeinschaft (Anlage N Zeile 31 Feld Nr. 112 und 113) zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG).

Es mag verlockend sein, bei der Angabe der Straßenverbindung etwas großzügiger zu rechnen. Denn auch kleine Abweichungen nach oben führen übers Jahr hinweg zu einer ordentlichen Steuerersparnis. Aber der Bearbeiter im Finanzamt kann sich die Länge der Straßenverbindung aus dem Internet holen und so die Angabe nachprüfen. Nicht einmal aufrunden ist erlaubt.

  • Öffentliche Verkehrsmittel

Bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel (Bahn oder Bus) kann als Wegstrecke auch nur die kürzeste benutzbare Straßenverbindung in Ansatz gebracht werden (FG Baden-Württemberg Urteil vom 30.03.2009 - 4 K 5374/08). Zusätzliche Strecken, die notwendig sind, um die öffentlichen Verkehrsmittel zu erreichen, dürfen nicht berücksichtigt werden.

Beispiel: Straßenverbindung bei öffentlichen Verkehrsmittel

Die kürzeste Straßenverbindung bei Benutzung eines PKW beträgt 33 km. Wegen der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel legt der Arbeitnehmer folgende Strecken zurück: 8 km zur Haltestelle mit dem Fahrrad, 20 km mit dem Zug (Tarifentfernung) sowie weitere 0.8 km zur Arbeitsstelle (insgesamt 28.5 km). Anzusetzen sind 33 km.

  • park & ride

Es ist jedoch nicht zu beanstanden, die Entfernungspauschale teilweise auf der Grundlage der Teilstrecke zu ermitteln, die mit dem Pkw tatsächlich zurückgelegt wird (park & ride).

Mehr erfahren: ? Suchen anklicken und den Begriff >park & ride zur Arbeit< eintragen.

  • Längere Straßenverbindung eintragen

Wenn Sie eine längere Straßenverbindung eintragen, ohne sie zu nutzen, sparen Sie Treibstoff und erhalten außerdem eine höhere Steuererstattung, eine verlockende Winwin-Situation, die aber nicht erlaubt ist.

  • Weniger Ampeln und gute Streckenführung maßgebend

Als Gründe für eine längere Straßenverbindung können Sie notfalls angeben, die Verbindung habe weniger Ampeln und eine gute Streckenführung. Zeitersparnis sei hingegen kein ausschließliches Kriterium der Strecke, so der BFH Urteile vom 16.11.2011 – VI R 46/10 und VI R 19 / 11. Wenn sich der Arbeitnehmer wegen weniger Ampeln und einer guten Streckenführung für eine längere Fahrtstrecke entscheidet, komme diese durchaus in Betracht, auch wenn sich nur eine geringe oder gar keine Zeitersparnis ergebe. Als Leitlinie gibt der BFH vor: Die längere Fahrtstrecke muss offensichtlich verkehrsgünstiger sein. Offensichtlich verkehrsgünstiger ist eine Straßenverbindung, wenn sich jeder unvoreingenommene, verständige Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen für die Benutzung der Strecke entschieden hätte.

Führt ein beschrankter Bahnübergang auf der kürzesten Fahrtstrecke von 25 km zu unkalkulierbaren Wartezeiten, können Berufstätige den 3 km längeren Umweg beim Finanzamt abrechnen (Sächsisches FG Urteil vom 5.11.2012-6 K 204/12).

♦   Steuerliche Risiken bei Umwegfahrten 

Eine Abweichung mit dem PKW von der normalen Route auf dem Weg zur Arbeit oder zurück aus privaten Gründen (z. B. Kind vom Hort abgeholt) bedeutet steuerliches Risiko. Abgesehen davon, dass die Umwegkilometer für die Entfernungspauschale nicht berücksichtigt werden, sind die Kosten durch Unfall auf einer Umwegstrecke nicht abzugsfähig, weil privat veranlasst (BFH Urteil vom 13.03.1996 - VI R 94/95). Das gilt auch bei einer Umwegfahrt zum Betanken des Fahrzeugs (BFH Urteil vom 11.10.1984 - VI R 48/81), es sei denn, dass während der Fahrt zur Arbeit oder zurück die Tankanzeige aufleuchtet und Sie zwingt, sofort die nächste Tankstelle anzusteuern (FG des Saarlandes v. 13.09.2005 - 1 K 189 / 01).

♦   Anzahl der Tage / Fahrten

Mit "aufgesucht an Tagen" / sind die Fahrten von der Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte und zurück gemeint. Mittagsheimfahrten zählen nicht dazu.

  • Bei >>Fünftagewoche<< = 230 Tage

Das Jahr hat 365 Tage. Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, Urlaub und Krankheitstage gehen runter. Wenn Sie genau so ehrlich wie Sie gesund sind, kommen Sie bei einer Fünftagewoche auf 230 Arbeitstage / Fahrten. Krankheitstage werden selten angegeben.

Das Finanzamt akzeptiert:

Fünftagewoche und drei Wochen Urlaub 230 Wege
Sechstagewoche und drei Wochen Urlaub  260 Wege

 

 

Anlage N Papierformular

Beispiel Eintragung der Entfernungspauschale

Das Finanzamt rechnet: 230 Tage x 62 km x 0.30 € = Entfernungspauschale 4.278 €

  • Absolute Grenze sind 290 Tage

Für den Computer im Finanzamt liegt die absolute Grenze bei 290 Tagen, die aber kaum jemand einträgt. Bei einer Berechnung der Werbungskosten mit 290 Tagen  und mehr gibt der Computer den Fall mit einem Prüfhinweis unbearbeitet zurück. Dann muss der Sachbearbeiter für die Veranlagung sein ausdrücklich >>ok<< geben.

Doppelfahrten am Tag erkennt das Finanzamt nicht an und beruft sich dabei auf das Gesetz. Dort ist nur von >>jedem Arbeitstag<< die Rede ist, an dem die Pauschale angesetzt werden kann (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG).

Anders sieht die Sache aus, wenn Sie in mehreren Dienstverhältnissen stehen und folglich mehrere regelmäßige Arbeitsstätten haben, die Sie arbeitstäglich von Ihrer Wohnung aus anfahren.

Haben Sie den Betrieb gelegentlich auch an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen aufgesucht, setzen Sie diese Wege zusätzlich an. Auf einer formlosen Anlage führen Sie die entsprechenden Tage auf, z. B. 20 Tage. Dann kommen Sie auf 250 Tage und tragen in Zeile 40 Hauptvordruck eine "1" ein.

Hauptvordruck Papierformular

  • Leerfahrten zählen nicht

Wenn Sie von Ihrem Ehepartner zur Arbeit gefahren oder von der Arbeit abgeholt werden, ist die jeweilige Leerfahrt (Alleinfahrt) nicht beruflich, sondern privat veranlasst. Dies gilt auch dann, wenn die Abholfahrt darauf beruht, dass momentan kein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung steht (BFH Urteil vom 07.04.1989 - VI R 176 / 85).

Daraus ergibt sich zweierlei: Erstens können Sie von den vier möglichen Fahrten immer nur zwei steuerlich geltend machen, die jeweiligen Leerfahrten also nicht. Zweitens: Ein Unfall auf einer Leerfahrt ist nicht beruflich veranlasst, Unfallkosten somit nicht abzugsfähig.

Wird hingegen ein behinderter Arbeitnehmer im eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeug arbeitstäglich von einem Dritten, z. B. dem Ehegatten, zu seiner ersten Tätigkeitsstätte gefahren und wieder abgeholt, können auch die Leerfahrten entweder in Höhe von 0.30 € je gefahrenen Kilometer oder in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten abgezogen werden (Abschn. 9.10 Abs. 3 LStR).