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2.1.3 Erste Tätigkeitsstätte Zeile 61 ff

Anlage N

Die erste Tätigkeitsstätte ist entscheidend dafür, ob der jeweilige berufliche Einsatz

  • eine berufliche Auswärtstätigkeit / Dienstreise darstellt, weil der Arbeitnehmer hierbei nicht an seiner ersten Tätigkeitsstätte tätig wird oder
  • unter die Regelung der Entfernungspauschale fällt, weil es sich um die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte handelt. 

⇒   Erste Tätigkeitsstätte

Ein Arbeitnehmer kann pro Dienstverhältnis nur eine erste Tätigkeitsstätte haben.

Von einer ersten Tätigkeitsstätte ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet ist (§ 9 Abs. 4 Satz 1 EStG).

Der Begriff der ersten Tätigkeitsstätte setzt somit voraus:

  • das Vorhandensein einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung und
  • die dauerhafte Zuordnung zu diesem Tätigkeitsort.

♦   Ortsfeste betriebliche Einrichtung

Als erste Tätigkeitsstätte kommen nur ortsfeste betriebliche Einrichtungen infrage. Ortsfeste Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Betriebsmittel, die dem Arbeitgeber gehören und überwiegend standortgebunden genutzt zu werden (BFH Urteil vom 04.04.2019 - VI R 27/17). 

Als erste Tätigkeitsstätte gelten zunächst der Betrieb oder ein Zweigbetrieb des Arbeitgebers, aber auch Bus- oder Straßenbahndepots sowie Fahrkartenverkaufsstellen.

Die ortsfeste betriebliche Einrichtung muss nicht die Kriterien eines Gebäudes erfüllen. Auch Container können als erste Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers dienen, sofern es sich um dauerhafte betriebliche Einrichtungen handelt,  etwa Baubüros oder Einrichtungen lediglich zum Aufenthalt der Arbeitnehmer.

Ein Schiff bzw. Marineboot kann keine ortsfeste betriebliche erste Tätigkeitsstätte sein, weil nicht ortsfest. Dasselbe gilt für Fahrzeuge, wie Lkw einer Spedition, Reise- oder Linienbus, Züge, Straßenbahnen und andere Schienenfahrzeuge, aber auch Flugzeuge.

♦   Dauerhafte Zuordnung

Weitere Voraussetzung des Arbeitsortbegriffs "erste Tätigkeitsstätte" ist, dass der Arbeitnehmer einer der oben genannten betrieblichen Einrichtungen dauerhaft zugeordnet ist. Das Gesetz nennt dabei abschließend zwei Fallgruppen, die eine dauerhafte Zuordnung begründen können.

Von einer dauerhaften Zuordnung im Sinne einer ersten Tätigkeitsstätte ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer

  • durch Festlegung des Arbeitgebers oder gemeinsamer Absprachen einer der genannten betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet ist (arbeitsrechtliches Zuordnungsprinzip) oder
  • zeitlich in der genannten betrieblichen Einrichtungen dauerhaft

     1. typischerweise arbeitstäglich oder 

     2. zwei volle Arbeitstage pro Woche oder

     3. ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (quantitatives Zuordnungsprinzip).

♦   Tätigkeit in großflächigen Gebieten

Auch ein großflächig erschlossenes Gebiet kann eine erste Tätigkeitsstätte sein, etwa eine Werksanlage, ein Betriebsgelände, ein Bahnhof oder ein Flughafen, Seehafen.

♦   Tätigkeit in weiträumigen Gebieten

Keine erste Tätigkeitsstätte ist  weiträumiges Tätigkeitsgebiet, z. B. ein Forstgebiet. Hier besteht keine ortsfeste betriebliche Einrichtung. Gleichwohl gelten für die Fahrten in ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet Regelungen der Entfernungspauschale.

♦   Tätigkeit auf Fahrzeugen

Wer ausschließlich auf Fahrzeugen arbeitet,  kann Reisekosten abziehen bzw. steuerfrei erstattet erhalten, weil Fahrzeuge keine ortsfesten Einrichtungen sind (R 9 Abs. 2 Satz 2 LStR).

Beispiel: 

Ein LKW-Fahrer / Fernfahrer ist jeweils von Montag bis Freitag ausschließlich mit seinem LKW  unterwegs. Den LKW  übernimmt er jeweils am Montagmorgen am Fahrzeugstandort seines Arbeitgebers, wo er ihn am Freitagmittag übers Wochenende im firmeneigenen Fahrzeugdepot wieder abstellt.

Im Anstellungsvertrag ist der Betriebsstandort des Arbeitgebers als erste Tätigkeitsstätte festgelegt.

Aufgrund der arbeitsrechtlichen Festlegung begründet das Fahrzeugdepot als ortsfeste Einrichtung des Arbeitgebers die erste Tätigkeitsstätte des Lkw-Fahrers. Die Wochentour mit dem LKW ist eine begünstigte berufliche Auswärtstätigkeit. Die Fahrten können als steuerfreie Reisekosten abgerechnet werden.

Die Fahrten zwischen Wohnung und Fahrzeugstandort dürfen dagegen nur in Höhe der Entfernungspauschale berücksichtigt werden.

♦   Sammelpunktfahrten

Arbeitnehmer, die keine erste Tätigkeitsstätte haben, indessen aufgrund Anweisung des Arbeitgebers dauerhaft denselben Ort aufsuchen müssen (Sammelpunkt), um von dort die arbeitstägliche berufliche Tätigkeit aufzunehmen, können für die Fahrten zum Sammelpunkt nur die Entfernungspauschale abziehen. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund der arbeitsrechtlichen Bestimmung dauerhaft zu diesem Sammelpunkt kommen muss.

♦   Arbeit beim Kunden

Als erste Tätigkeitsstätte können auch andere (= betriebsfremde) ortsfeste Einrichtungen in Betracht kommen, z. B. bei einem Kunden. Die Fahrten zum Arbeitsort beim Kunden fallen unter die Regeln der Entfernungspauschale, für die ein steuerfreier Arbeitgeberersatz ausgeschlossen ist.

Beispiel:

Ein EDV-Systemberater ist nach den arbeitsvertraglichen Abmachungen mit seinem Arbeitgeber seit mehreren Jahren ausschließlich für die EDV-Systembetreuung der Fa XY AG zuständig, die er arbeitstäglich von zu Hause aus aufsucht.

Der mehrjährige Einsatz bei der Fa. XY AG führt zur ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers beim Kunden. Da eine dauerhafte Zuordnung zur betrieblichen Einrichtung des Kunden vorliegt, kann der Arbeitnehmer keine Reisekosten in Anspruch nehmen. Die Fahrtenkosten unterliegen bei der Einkommensteuererklärung den Regeln der Entfernungspauschale.