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1.7.1 Abfindung, Fünftelregelung, Praktischer Fall

Anlage N

Entschädigungen als nachträglicher Arbeitslohn für mehrere Jahre / Abfindungen sind bei Anwendung der sog. Fünftel-Regelung steuerlich begünstigt (§ 34 Abs. 1 Sätze 2-4 EStG).

Eine Abfindung ist steuerbegünstigt, weil die Abfindung dem Arbeitnehmer in einem Jahr - zusammengeballt - zufließt und dabei die Steuerprogression bei ihm anheizt (§ 34 EStG).

Eine Zusammenballung von Einnahmen für eine langjährige Tätigkeit liegt vor, wenn  die Tätigkeit sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und mindestens für mehr als 12 Monate (BFH Urteil vom 02.09.2021 - VI R 19/19).

Die Steuervergünstigung besteht darin, dass für die Abfindung die so genannte Fünftelregelung angewendet wird.

Ist das zu versteuernde Einkommen bereits ohne außerordentliche Einkünfte so hoch ist, dass der Spitzensteuersatz erreicht wird, wirkt sich die Fünftelregelung nicht aus. Dann unterliegt bereits das „erste Fünftel“ dem Spitzensteuersatz und somit auch der gesamte Betrag der außerordentlichen Einkünfte.

  • 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes

Alternativ können außerordentliche Einkünfte bis 5 Millionen € mit 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes, mindestens 14 %, besteuert werden,  wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist (§ 34 Abs. 3 EStG).

  • Praktischer Fall

Die Steuer für die Abfindung (außerordentliche Vergütung) berechnet das Finanzamt zunächst aus einem Fünftel des gezahlten Betrags und verfünffacht sodann diesen Betrag.

Dabei werden 2 Beträge herangezogen:

  1. das laufende zu versteuernde Einkommen zuzüglich 1/5 des tatsächlichen Veräußerungsgewinns,
  2. nur das laufende zu versteuernde Einkommen ohne den Veräußerungsgewinn.

Für beide Werte wird die Einkommensteuer ermittelt und die Differenz der Steuerbelastung sodann verfünffacht. Dies ist dann der Steuerbetrag, der für den Veräußerungsgewinn anfällt. Durch diese Berechnung tritt oftmals eine deutliche Minderung der Steuerprogression ein.

Praktisch erfolgt die Berechnung in vier Schritten:

  1. Die außerordentliche Vergütung wird aus dem zu versteuernden Einkommen in voller Höhe herausgerechnet.
  2. Dem Rest wird die außerordentliche Vergütung mit einem Fünftel hinzugerechnet.
  3. Die Einkommensteuer für das zu versteuernde Einkommen wird einmal ohne Vergütung und einmal mit einem Fünftel der Vergütung berechnet.
  4. Der Unterschied zwischen beiden Beträgen wird mit fünf multipliziert und ergibt die endgültige Einkommensteuer auf die Abfindung. 

Dies bedeutet im Ergebnis: Der Steuerzahler wird so gestellt, als würde die Abfindung in den nächsten fünf Jahren in gleichen Raten ausbezahlt, gleichbleibende Einkünfte unterstellt.

Beispiel:

Arbeitnehmer Theo hat beim Ausscheiden aus dem Betrieb, einem Verlagshaus, eine Abfindung von 27.500 € erhalten. Theo ist verheiratet und im Veranlagungszeitraum 50 Jahre alt. Das zu versteuernde Einkommen der Ehepartner beträgt insgesamt - einschließlich der Abfindung -  49.848 €.

Anlage N Papierformular

Keine Angaben in Zeile 18 der Anlage N, weil es sich um eDaten handelt.

Die Einkommensteuer unter Anwendung der Fünftelregelung und der Splittingtabelle wird wie folgt berechnet:

Zu versteuerndes Einkommen   49.848 €  
- Abfindung   27.500 €  
Zu versteuerndes Einkommen    22.348 €  
ESt ohne Abfindung                440 €
+ 1/5 der Abfindung   5.500 €  
Zu versteuerndes Einkommen mit 1/5 der Abfindung   27.848 €  
ESt mit 1/5 der Abfindung           1.518 €     
 - ESt ohne Abfindung              440 €    
 Verbleiben          1.078 €       
Unterschied (1.078 €  x 5) = ESt auf die Abfindung     5.390 €
Summe = endgültige ESt      5.830 €

Ohne Anwendung der Fünftelregelung hätte die Steuerpflichtigen bei einem zu versteuernden Einkommen von 49.848 € nach der Splittingtabelle 7.210 € zu leisten. Die Steuerpflichtigen haben durch die Fünftelregelung also (7.210 € - 5.830 € =) 1.380 € gespart.

02.22