Aktuelle Seite: Startseite > Inhalt > 18 Steuerbescheid, Einspruch, Klage > 2.0.6 Klage vor dem Finanzgericht
Steuern? Mach ich selbst.
Verfahrensrecht / Abgabenordnung (AO)
Zusammenfassung / Begriff
Mit der Klage vor dem Finanzgericht (FG) kann der Steuerpflichtige erreichen, dass sein Vorbringen, ihm sei von der Finanzamt Unrecht geschehen, in einem gerichtlichen Verfahren prüfen und abhandeln lassen.
Die FG sind in erster Linie zuständig für Streitigkeiten in Abgabenangelegenheiten, z. B. in ESt- und LSt-Streitigkeiten, aber auch in Kindergeldsachen (§§ 62ff. EStG). Darüber hinaus ist der Finanzrechtsweg in weiteren Angelegenheiten offen wie z. B. für die Wohnungsbauprämie.
Anders als andere Gerichtszweige ist die Finanzgerichtsbarkeit nur 2-stufig ausgestaltet. Es gibt somit nur eine Tatsacheninstanz auf der Ebene des FG. Die Revision zum BFH ist eine reine Rechtsinstanz, bei der die Tatsachenfeststellungen des FG zugrunde zu legen sind (§ 118 Abs. 2 FGO). Dementsprechend liegt der Schwerpunkt des Finanzprozesses beim Verfahren vor dem FG.
Die FG sind nicht zuständig für das Steuerstraf- und Bußgeldverfahren. Diese Prozesse sind den ordentlichen Gerichten zugewiesen (§ 33 Abs. 3 FGO).
♦ Details zum Klageverfahren
Hat das Finanzamt Ihren Einspruch abgelehnt, können Sie mit einer Klage vor dem zuständigen Finanzgericht - in Deutschland insgesamt 18 an der Zahl - weiter gegen den rechtswidrigen Steuerbescheid vorgehen. Davon machen im Schnitt mehr als 35.000 Steuerzahler im Jahr Gebrauch. Etwa ein Fünftel der Klagen sind für die Kläger erfolgreich. Darin nicht enthalten sind Verfahren, die sich bereits in einem ersten Erörterungstermin durch volle oder teilweise Abhilfe des Finanzamts erledigt haben.
Die Klage müssen Sie immer an das zuständige Finanzgericht adressieren, selbst wenn Sie die Klage in den Briefkasten des Finanzamts werfen. Welches Finanzgericht für die Klage zuständig ist, finden Sie in der Einspruchsentscheidung des Finanzamts.
Für die Klage haben Sie einen Monat Zeit (§ 47 FGO). Vorher können Sie sich im Finanzgericht schlau machen, was die Formalitäten und die Kosten betrifft.
Auch wiederum in Höhe eines Fünftel aller Fälle wird vom Finanzgericht ein Urteil gesprochen, in den meisten Fälle gibt es andere Lösungen, z. B. die im Steuerprozess typische tatsächliche Verständigung oder eine Abhilfe durch ein einsichtiges Finanzamt.
Dies bedeutet: Durch eine Klage wird niemals jemand schlechter gestellt, es kann immer nur besser werden.
♦ Muss ich mich vertreten lassen?
Das Verfahren vor dem Finanzgericht können Sie auch selbst führen. Erst vor dem Bundesfinanzhof benötigen Sie einen Steuerberater oder einen Anwalt. In einem schwierigen Fall ist es indessen besser, Sie lassen sich auch vor dem Finanzgericht vertreten.
Die Klage können Sie mündlich einreichen, indem Sie die Rechtsantragsstelle des örtlich zuständigen Finanzgerichts aufsuchen und die Klage vor Ort aufnehmen lassen. Was in den Finanzämtern mit dem mündlich eingelegten Einspruch möglich ist, das klappt also auch bei der Klage.
Allerdings darf der Beamte in der Rechtsantragsstelle keine Rechts- oder Steuerberatung ausüben. Ob die Klage Aussicht auf Erfolg hat, dazu wird er also nichts sagen dürfen, wohl aber die Klage mündlich entgegennehmen. Die Formulierung einer Klage vor Ort ist für den Beamten eine Sache von Minuten. Sie haben dann Ihre Klage mit einer juristisch sauberen Formulierung pünktlich eingereicht.
Vorher können Sie noch das Kostenrisiko abschätzen lassen. Ein Einspruch ist zwar kostenlos, eine Klage hingegen nicht.
Der Beamte in der Rechtsantragstelle wird Ihnen auch die ungefähren Gerichtskosten nennen können. Die Finanzgerichte geben dazu auch Hinweise im Internet, so z. B. http://www.finanzgericht.niedersachsen.de.
♦ Voraussetzungen für die Klage
Die Klage vor dem Finanzgericht setzt die vorherige Durchführung des Einspruchsverfahrens voraus (§ 44 FGO). Sie müssen also zunächst gegen den Steuerbescheid Einspruch einlegen und können erst danach, wenn der Einspruch ganz oder zum Teil vom Finanzamt mit einer Einspruchsentscheidung abgelehnt wurde, Klage erheben. Ausnahmen hiervon bietet die Sprungklage.
Mit der Klage können Sie erreichen, dass Ihr Vorbringen, Ihnen sei vom Finanzamt Unrecht geschehen, von dem örtlich zuständigen Finanzgericht geprüft wird (§ 35 Finanzgerichtsordnung / FGO).
Die Klage ist beim zuständigen Finanzgericht schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zu erklären.
Die Klage ist gegen das Finanzamt zu richten, das die Einspruchsentscheidung erlassen hat.
♦ Was kostet die Klage?
Die Kosten einer Klage hängen vom Streitwert ab. Der Streitwert entspricht der Steuerersparnis. Mit dem Einreichen der Klage wird zunächst eine Gebühr fällig. Die Gebühr beträgt 284 €. Zu den Gerichtskosten unten mehr.
Gewinnen Sie die Klage, fallen für Sie keine Kosten an.
Das Finanzamt hingegen ist für den Fall des Unterliegens vor dem FG von den Gerichtskosten befreit (§ 2 GKG).
Haben Sie eine Rechtschutzversicherung, klären Sie zuvor, ob und in welcher sie sich an den Prozesskosten beteiligt, wenn Sie verlieren sollten. Vielfach werden sogar die Kosten für die Erstberatung übernommen.
Aufwendungen für die Führung eines privaten Rechtsstreits (Prozesskosten) sind grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen. Ausgenommen sind Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG).
Prozesskosten sind indessen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn sie mit Einkünften im Zusammenhang stehen (BFH Urteil vom 15.11.2005 - IX R 3/04). Geht es im Klageverfahren um die Höhe der Einkünfte, sind die Prozesskosten folglich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn Sie verlieren sollten.
Die Kosten hängen vom Streitwert ab. Der Streitwert entspricht der strittigen Steuerersparnis. Die Kosten für Anwalt, Steuerberater, Zeugen etc. werden nicht in den Streitwert einbezogen. Wird die Klage vor der Urteilsverkündung zurückgezogen, fallen nur 50 % der Kosten an.
Von den Gerichtskosten mit Urteil wird die bei Einreichen der Klage bereits gezahlte Mindestgebühr von 284 € abgezogen.
Gerichtskostentabelle auszugsweise
Streitwert in Euro | Gerichtskosten mit Urteil in Euro |
1.500 | 284 |
3.000 | 432 |
6.000 | 660 |
9.000 | 888 |
16.000 | 1.172 |
22.000 | 1.380 |