Helfer in Steuersachen

Steuern? Mach ich selbst.

2.0.2 Anfangsverdacht für eine Steuerstraftat

Verfahrensrecht / Strafprozessordnung (Steuer)

Zusammenfassung / Begriff

Bevor die Steuerfahndung gegen einen Steuerpflichtigen tätig werden kann, benötigt sie einen Anfangsverdacht (§ 208 Abs. 1 AO).

Eine verbindliche Regelung zum Anfangsverdacht gibt es nicht. § 10 BpO schreibt lediglich vor: Ergeben sich während einer Außenprüfung zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Steuerstraftat (§ 152 Abs. 2 StPO), so ist die für die Bearbeitung dieser Straftat zuständige Stelle (das ist die Buß- und Strafsachenstelle / abgekürzt BuStra) unverzüglich zu unterrichten, ohne Hinzuziehung der Steuerfahndung.

Die Notwendigkeit, die Steuerfahndung hinzuziehen, steigt mit der Höhe der bereits festgestellten oder die vermuteten Steuermehrbeträge. Eine untere Aufgriffsgrenze von 5.000 € enthält der gleichlautende Ländererlass vom 31.8.2009 zu § 10 BpO. Erst ab einer Steuerverkürzung von mindestens 5.000 € wird die strafrechtliche Seite relevant.

♦   Anhaltspunkte für einen Anfangsverdacht

Ein Anfangsverdacht auf Steuerverkürzung kann sich herleiten aus Anzeigen von Behörden. 

Gerichte und die Behörden von Bund, Ländern und kommunalen Trägern der öffentlichen Verwaltung, die nicht Finanzbehörden sind, haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die auf eine Steuerstraftat schließen lassen, dem Bundeszentralamt für Steuern oder, soweit bekannt, den für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden zu melden (§ 116 AO). 

  • Auswertung von Kontrollmitteilungen

Ein Anfangsverdacht auf Steuerverkürzung kann sich auch bei Auswertung von Kontrollmitteilungen ergeben, die der Sachverhaltsermittler im Finanzamt zu bearbeiten hat (§ 194 Abs. 3 AO). Ihm zur Seite steht der Flankenschutzfahnder, der den Fall übernimmt, wenn ein konkreter Anfangsverdacht auf Steuerverkürzung besteht.

Zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und des Leistungsmissbrauchs werden Kontrollmitteilungen von den Finanzbehörden an andere Behörden erteilt (§ 31a AO). Umgekehrt sind auch andere Behörden gehalten,  Kontrollmitteilungen an die Finanzbehörden zu erteilen.

  • Auswertung von Anzeigen und Hinweisen
  1. Dritte müssen bestimmte Sachverhalte den Steuerbehörden melden:
  2. Banken und Sparkassen haben alle Inlandskonten in einer gemeinsamen Datenbank zusammengefasst, auf die der Fiskus Zugriff hat (Kontenabruf).
  3. Im Ausland erzielte Kapitalerträge (Zinsen und Dividenden) nebst Namen der Kontoinhaber und Kontonummern werden von den ausländischen Finanzbehörden (rd. 100 Staaten sind dem Datenaustausch angeschlossen) den deutschen Finanzbehörden gemeldet, wenn der Kontoinhaber einen Wohnsitz in Deutschland hat (Internationaler Informationsaustausch).
  4. Familiengerichte informieren die Finanzämter, wenn im Rahmen des Zugewinnausgleichs / Versorgungsausgleichs hohe Vermögenswerte ausgeglichen werden, die im Widerspruch zu bisherigen Unterhaltszahlungen stehen.
  5. Notare teilen den Finanzämtern Verkäufe von Grundstücken mit.
  6. Notare informieren die Finanzämter über Erbverträge und eröffnete Testamente, denn die Erben haften für nicht erklärte Einkünfte, insbesondere für nicht versteuerte Zinsen.
  7. Nachlassgerichte informieren die Finanzämter über Anträge auf Erteilung eines Erbscheines.
  8. Vollstreckungsgerichte informieren die Finanzämter über Erwerbe in Zwangsversteigerungsverfahren.
  9. Kreditinstitute teilen beim Tod eines Kunden den Finanzämtern sämtliche Kontostände und Depotwerte und das Vorhandensein eines Banksafes mit.
  10. Versicherungsunternehmen teilen den Finanzämtern Auszahlungen von Lebensversicherungen mit.
  11. Datenankäufe mit Daten verschiedener Kreditinstitute im Ausland, insbesondere aus Liechtenstein und der Schweiz.Selbstanzeigen gem. § 371 AO
  12. Weitere Informationsquellen: Zusätzlich zu diesen gesetzlich verankerten Informationspflichten gibt es noch so einige delikate Informationsquellen, wenn z. B. ein Steuerzahler Selbstanzeige erstattet und dabei Sachverhalte offenbart, die auch Dritte belasten. Oder es gehen beim Finanzamt anonyme Anzeigen seitens gekränkter Ehegatten oder Geliebter / Liebhaber ein oder seitens gekündigter Arbeitnehmer oder Enterbter, die Steuerdelikte zum Gegenstand haben.